Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)
Maybach-Museum rückt in weite Ferne
Unklarheit über SVT Köln – Neubau für die Kunst des Zeppelin-Museums geplant
FRIEDRICHSHAFEN - Es wird wohl auf absehbare Zeit kein MaybachMuseum in Friedrichshafen geben. Die Stadt hat eine entsprechende Vereinbarung mit der Maybach-Stiftung, die maßgeblich von der Familie der Technik-Pioniere Wilhelm und Karl Maybach getragen wird, aufgelöst. Unklar ist, was mit dem „SVT Köln“, einem mit Maybach-Motoren bestückten Hochgeschwindigkeitszug aus den 30er-Jahren, passieren soll. Die Familie hat ihn der Stadt als Geschenk angeboten.
Dass das Verhältnis zwischen der Stadt und der Maybach-Stiftung schon mal besser war, lässt sich schon an der Tatsache ablesen, dass am Mittwoch beide Seiten unabhängig voneinander über die Neuigkeiten rund um das lange geplante Maybach-Museum informiert haben. Zerschnitten scheint das Tischtuch zwar noch nicht, erhebliche Risse hat es aber auf alle Fälle.
So teilt die Stadt mit, dass der Gemeinderat einseitig die gemeinsame Absichtserklärung über eine eigene Maybach-Abteilung in einem erweiterten Zeppelin-Museum aufgekündigt habe. Die Voraussetzungen hätten sich „durch die aktuellen und weitreichenden finanziellen Auswirkungen entscheidend geändert, die damaligen Überlegungen erscheinen heute nicht mehr realisierbar“, sagt Oberbürgermeister Andreas Brand. In nichtöffentlicher Sitzung ist weiter entschieden worden, die ersten beiden im März 2017 beschlossenen Ausbaustufen des städtischen Museumskonzepts weiterzuverfolgen: ein Neubau für die Kunst und eine Neuordnung des ZeppelinMuseums mit den Bereichen Zeppelin sowie Industrie- und Stadtgeschichte. Weitere Planungsschritte sind laut Verwaltung im Jahr 2023 vorgesehen. Von den ursprünglichen Überlegungen zu einer dritten Ausbaustufe mit einem Erweiterungsbau in Richtung Romanshorner Platz haben sich Stadt und Gemeinderat „gegenwärtig verabschiedet“, heißt es in der Pressemitteilung weiter.
Auf diese Situation hat die Maybach-Stiftung mit einer Pressemitteilung reagiert, die mit den Worten „Die Uhr tickt“überschrieben ist. Seit 2011 stehe die Maybach-Stiftung mit der Stadt Friedrichshafen, dem Stammsitz der Maybach-Motorenbau GmbH, die später MTU hieß und heute Rolls-Royce Power Systems, in Verhandlungen über ein Museum, heißt es dort. Auf Wunsch der Stadt habe man die Idee eines eigenen Baus zurückgestellt und stattdessen in „die Integration eines eigenständig erkennbaren Maybach-Bereichs im zu erweiternden Zeppelin-Museum eingewilligt“. Mehr als 3500 Exponate seien bis dato professionell gesichtet, inventarisiert und digitalisiert worden. Zudem gebe es Verträge für zahlreiche Leihgaben.
Weil sich schon vor der CoronaPandemie abgezeichnet habe, dass die Perspektive für ein MaybachMuseum in Friedrichshafen in immer weitere Ferne rücke, habe die Maybach-Stiftung „die Idee einer abgespeckten Ausstellungsvariante, in der nur der Zug das Museum bildet“, entwickelt und sie als „alternative Option der Stadt präsentiert“. Ulrich
Schmid-Maybach, Vorstand der Maybach-Stiftung und Enkel des Häfler Industrie-Pioniers Karl Maybach, fühlt sich laut Pressemitteilung „Friedrichshafen emotional nach wie vor verbunden“. Er habe aber auch das Gesamtprojekt Museumszug im Blick. „Wir benötigen dafür eine konkrete Zusage und müssen deshalb ab sofort auch andere Angebote aus dem In- und Ausland prüfen. Die Uhr tickt. Wir können es nicht zulassen, dass ein deutsches Kulturgut von solch hohem ideellen Wert ungenutzt und ohne Heimat vor sich hin rottet.“
Auf das mögliche Geschenk reagiert die Stadt bislang zurückhaltend. Das Angebot „muss noch bewertet werden“, heißt es seitens der Verwaltung. Noch im April stehe eine Besichtigung des Zugs an.
Laut Maybach-Stiftung beginnt mit der Überführung in eine Spezialwerkstatt im tschechischen Budweis die heiße Phase der Instandsetzung des Schnellzugs aus dem Jahr 1938. Bis Ende 2022 sollen die Außenarbeiten abgeschlossen sein. Parallel dazu werde das Innenraumkonzepts des künftigen Museumszugs erarbeitet.
Maybach-Motoren hatten in den 1930er-Jahren den Hochgeschwindigkeitsverkehr auf der Schiene überhaupt möglich gemacht. Die SVT (Schnelle VerbrennungsmotorTriebwagen) waren Deutschlands erste Hochgeschwindigkeitszüge im Regelverkehr. Der 1938 in Betrieb genommene SVT 137 856 „Bauart Köln“ist laut Stiftung der letzte OriginalZug dieser Bauart, ein Meilenstein, „mit dem Wilhelm Maybach und sein Sohn Karl Mobilitätsgeschichte geschrieben haben“.
Unabhängig von der Frage, ob der SVT Köln künftig im Hafenbahnhof oder andernorts ausgestellt wird, betont OB Brand die Bedeutung der Maybachs für Friedrichshafen. „Wir fühlen uns unserer Industriegeschichte und ihren prägenden Persönlichkeiten tief verbunden und möchten Leben, Werk und Wirken der Industriepioniere im ZeppelinMuseum in Zukunft noch stärker herausarbeiten“, sagt er. Deshalb würden Stadt und Rat an den Überlegungen festhalten, einen Maybach-Bereich ins Zeppelin-Museum zu integrieren.