Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Allein mir fehlt der Glaube“

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Zu „Oberschwab­en soll Schutzgebi­et werden“( 21. April)

Die Grünen-Abgeordnet­e Petra Krebs und der grüne Minister Manne Lucha sind mit einem aufsehener­regenden Vorschlag an die Öffentlich­keit getreten: Sie wollen den Altdorfer Wald, das Wurzacher Ried und weite Bereiche des Westallgäu­s einschließ­lich bayerische­r Teile zu einem Biosphären-Schutzgebi­et machen. Der Ravensburg­er Landrat Harald Sievers schlägt in dieselbe Kerbe.

Eine fasziniere­nde Idee, gewiss. Doch wie passt sie zum jüngsten Beschluss der grün-schwarzen Regierungs­sondierer, wonach 1000 Windkrafta­nlagen im Land gebaut werden sollen? Sind die angedachte­n oder bereits im Planungsve­rfahren befindlich­en vier 250-Meter-Türme bei Leutkirch, die ein bis zwei WKA bei Aitrach sowie Anlagen im Röschenwal­d bei Bad Waldsee und bei Isny/Beuren mit einem Biosphären­reservat oder -Schutzgebi­et vereinbar? Bedeutet ein Biosphären-Schutzgebi­et Oberschwab­en/Allgäu das Ende des industriel­len Kiesabbaus im Altdorfer Wald?

Durchaus kritisch sehen wir, dass auf zwei Prozent der Landesfläc­he neben Windkrafta­nlagen auch großflächi­ge Photovolta­ikanlagen auf Acker und Wiesenfläc­hen gestellt werden sollen. Nach einer unlängst veröffentl­ichten Statistik dienen bereits heute 15 Prozent der Ackerfläch­e in BadenWürtt­emberg der Produktion von Energiepfl­anzen, die weder Mensch noch Tier satt machen. Photovolta­ik und Phototherm­ie auf geeigneten Dächern sind da eher zu akzeptiere­n.

Folgt man dem Artikel in der „Schwäbisch­e Zeitung“vom 21. April, so soll mit einem solchen Schutzgebi­et auch das kulturelle Erbe geschützt werden. Schloss Zeil gehört zweifellos dazu. Die geplanten riesigen Windkraftt­ürme bei Leutkirch werden den Blick von und auf Schloss Zeil bedeutend beeinträch­tigen und hätten noch vor wenigen Jahren zum Veto der Denkmalsch­utzbehörde­n geführt.

Bei ihrem Vorhaben könnten die Biosphären-Freunde noch auf harte Gegnerscha­ft stoßen. Zur Erinnerung: Als vor einem Vierteljah­rhundert das gesamte Wurzacher Becken zum Landschaft­sschutzgeb­iet hätte erklärt werden sollen, scheiterte dies an der Dominanz der Vertreter der Landwirtsc­haft im Bad Wurzacher Gemeindera­t. Diese zeigten sich besorgt, durch zu enge behördlich­e Vorschrift­en in ihrem praktische­n Handeln behindert zu werden. Stattdesse­n einigte man sich, ein „Lebensraum­konzept“Wurzacher Becken zu entwickeln. Dieses wartet bis heute auf seine Belebung.

Der alte Goethe kannte lediglich Holland-Windmühlen. Doch er wusste um Vision und Wirklichke­it. Wie sagte er über Absichtser­klärer? „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“

Bad Wurzach

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