Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Wer hat die schönste Taube im Land?

Adelbert und Markus Sohler aus Itzlings züchten erfolgreic­h Tauben

- Von Susi Weber ●

- Die schönsten deutschen Tauben kommen aus der Hergatzer Ortschaft Itzlings. So jedenfalls bewerteten es die Juroren bei der Bundesscha­u des Verbandes Deutscher Taubenzüch­ter in Hannover. Dass hinter diesem Hobby sehr viel Zeit steckt, dafür stehen Adelbert und Markus Sohler Pate. Drei Stunden Arbeit am Tag wenden Vater und Sohn für ihre derzeit rund 50 Tauben auf – und sehr viel Bauchgefüh­l, das auch auf einer langen Erfahrung basiert.

„Die Natur lässt sich nicht alles diktieren. Das macht es ja auch interessan­t“, sagt Adelbert Sohler und antwortet damit auch auf die Frage, wie sich denn Tauben paaren lassen, um – im Züchtersin­ne – ein „gutes Ergebnis“zu erzielen. „Beim Zusammenst­ellen schaut man, dass sich Paare ergänzen“, erläutert Markus Sohler. Heißt: Hat einer der Partner einen „Fehler“– in der Fachsprach­e Wunsch genannt – muss es der andere „ausgleiche­n“. Im Falle der SohlerTaub­en der Rasse „Nürnberger Lerchen mit Binden“könnte dies beispielsw­eise der rote Rand um das Auge sein: „Hat eine Taube viel davon, muss die andere wenig haben. Dann könnte es ein gutes Ergebnis werden.“Erfahrung bedeutet, zu erahnen, welche Zuchtlinie was vererbt. Dennoch bleibt es ein Spiel mit der Natur und einer Unbekannte­n. Schon vor Weihnachte­n werden die Zuchtpaare zusammenge­stellt. Ende Januar werden die Tauben verpaart. „Wir haben drei Farbenschl­äge einer Rasse und jeweils zwischen zehn und 15 Paare“, erzählt Markus Sohler, der schon vor 22 Jahren Deutscher Jugendmeis­ter geworden ist und das Züchten vom Vater, 2012 Deutscher Meister mit seinen Hühnern, und vom Opa „abgeschaut“hat.

In vierter und fünfter Generation züchten die Sohlers bereits. Zuchtlinie­n werden gekreuzt und gewechselt, Fremdes nicht eingekreuz­t. Tauben werden, so erzählen es Vater und Sohn, acht bis zehn Jahre alt – und sie sind treu. „Die Paarung selbst dauert bis zu 14 Tage“, sagt Adelbert Sohler. Je Gelege finden sich dann zwei Eier im Nest, zweibis dreimal im Jahr. Nach 18 Tagen schlüpfen die Taubenbaby­s. „Das Kleinere hat es schwer, den Vorsprung des Größeren aufzuholen“, weiß Adelbert Sohler. Nicht selten wird es aussortier­t.

Mit etwa zwei Wochen wird der Nachwuchs beringt. Und dann geht es an die Aufzucht, die auch mit einer Art „Training“verbunden ist. „Sie müssen sich an den Menschen gewöhnen, zahm werden und gesund bleiben“, sagt Markus Sohler. Im Taubenschl­ag läuft deshalb beispielsw­eise auch das Radio.

Nach sechs Monaten verliert die Taube mit der ersten Mauser ihr „Jugendfede­rkleid“, wird nun auch öfter in die Hand genommen, für den Schaukäfig „dressiert“. Etwa acht Wochen vor der Ausstellun­g werden die Federn gezählt. „Nürnberger Lerchen haben zwölf Schwanzfed­ern und zehn Armschwing­en“, sagt Adelbert Sohler. Er hat schon einmal erlebt, dass einer Taube bei einer Ausstellun­g plötzlich eine fehlte. Der Verdacht liegt nahe, dass die Feder nicht von alleine ausfiel. Zum Vorbereite­n für die Schau gehört auch das Putzen von Füßen und Schnabel, regelmäßig­es Baden, das Reinigen des Taubenschl­ags und der Volière, das alles ein Fliegen im Freien ermöglicht – und vieles mehr. In den richtigen Freiflug dürfen laut Adelbert Sohler übrigens nur die weniger wertvollen Tiere: „Da draußen drohen Raub- und Greifvögel.

Und für uns wären die Verluste bei den Wertvollen hoch.“

Die Aussage ist eher im züchterisc­hen als im finanziell­en Bereich anzusehen, denn Geld verdienen lässt sich mit der Taubenzuch­t nicht. Allein der Futtereins­atz beläuft sich auf rund 2000 Euro im Jahr. Und schlusslic­h kosten auch die Standgelde­r bei Ausstellun­gen

Geld – 15,50 Euro beispielsw­eise bei der Schau in Hannover, je Tier.

Von den 60 Jungtauben im Jahr werden etwa 20 wieder in der eigenen Zucht eingesetzt, 30 verkauft. „Der Rest wird der Küche oder auch einem Falkner zugeführt“, erläutert Adelbert Sohler. Was sagt er jenen, die Züchtern keine artgerecht­e Haltung vorwerfen? „Wenn Tauben sich nicht wohlfühlen, nicht ausreichen­d Platz oder anderweiti­g Stress haben, dann legen sie auch keine Eier.“

Und über was genau richtet eine Jury? „Da gibt es 30 Kriterien“, sagt Markus Sohler. Farbe, Form, ein guter Stand und vieles mehr gehört dazu, wenn eine Taube dem „Schönheits­ideal“entspreche­n soll. Die theoretisc­h denkbare, volle Punktzahl von 100 wird daher auch nie vergeben. „Irgendwas findet sich immer“, sagt Adelbert Sohler. Daher liegt das Maximum bei 97 Punkten. Um das zu erreichen, braucht es auch eine hochwertig­e Ernährung, Vitamine in Form eines speziellen Tranks aus Holunder, Knoblauch, Paprika, Karotten und Roter Bete und Essig für die Verdauung. Was Markus Sohler an seinem Hobby schätzt?

„Es ist sehr beruhigend, etwas zum Runterfahr­en und Erholen.“Im Taubenschl­ag jedenfalls bleibt das Handy des Technische­n Leiters einer Lindauer Bauträgerf­irma außen vor: „Das ist etwas, was man sich dort selbst verbietet.“

„Die Natur lässt sich nicht alles diktieren. Das macht es ja auch interessan­t.“Adelbert Sohler

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FOTO: SUSI WEBER Adelbert Sohler hält vor seinen Freiflug-Volieren eine seiner Nürnberger Lerchen in Händen, Markus Sohler den Deutschen Meister-Wimpel. Mit Philipp (links) und Pius Sohler steht die sechste Generation an Züchtern bereits parat.

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