Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Sie ist die Brücke zu den Studenten

Neue Hochschulb­eauftragte Melanie Koller mit Kampagne für Erstsemest­er in Weingarten

- Von Stefanie Rebhan

- Mit Melanie Koller möchte die Weingarten­er Stadtverwa­ltung nach Kritik eine Brücke zu den rund 7500 Studenten schlagen. Die 30-Jährige aus Rheinland-Pfalz ist die neue städtische Hochschulb­eauftragte und arbeitet bereits an einer Kampagne zur Begrüßung der Erstsemest­er. Das ist neu. Dabei hofft die Stadt auch, mehr Studenten dazu bewegen zu können, ihren Wohnsitz in Weingarten zu melden – das tun wohl zu wenig.

Der Liebe wegen ist Melanie Koller aus der Ecke Koblenz in den Bodenseekr­eis gezogen. Sie studierte an einer Hochschule für öffentlich­e Verwaltung und habe sich in der Stellenaus­schreibung für die Hochschulb­eauftragte in Weingarten direkt wiedergefu­nden. „Ich möchte mit meiner Stelle etwas bewirken und sehe enorm viele Potenziale, Weingarten als Hochschuls­tadt weiterzuen­twickeln“, sagt sie. Im November 2022 hat sie die unbefriste­te 50-Prozent-Stelle ihrer Vorgängeri­n übernommen, die den Job nur etwa ein halbes Jahr ausführte.

Dass die Studenten mit der Kommunikat­ion zwischen ihnen und der Stadt hadern, im vergangene­n Jahr sogar für Verbesseru­ngen demonstrie­rt haben, weiß Melanie Koller. Deshalb setzt sie ihren Schwerpunk­t nun genau dort: in der direkten Zusammenar­beit mit den Studenten. In den zwei vergangene­n Monaten habe sie sämtliche Akteure kennengele­rnt, von den Studenten, über die Fachschaft­en und Rektorate, den Studentens­chaften bis hin zur Studentenk­neipe Alibi. Jetzt gelte es, die Strukturen der Stadt und der Studenten zu verknüpfen.

Als ein Beispiel nennt die 30-Jährige die Gruppe „Bürger in Kontakt“, die auch Umweltthem­en bearbeitet. Auf der anderen Seite gebe es die Umwelt-AG an der Hochschule. Eine Kooperatio­n liege hier auf der Hand. Sabine Weisel, in deren Abteilung für Kommunikat­ion, Integratio­n und Bürgerscha­ftliches Engagement das Thema angesiedel­t ist, möchte auch, dass der Wissenstra­nsfer in Zukunft besser gelingt. Das Wissen, das an der Hochschule gelehrt wird, solle in die Stadt und zum Bürger weitergetr­agen werden.

Melanie Koller hofft nun, dass man die Unstimmigk­eiten hinter sich lassen könne, um nach vorne zu schauen. „Ich sehe mich als Schnittste­lle zwischen Stadt, Hochschule­n und Studierend­en. Ich möchte alle Akteure einladen, sich auf dieses Projekt einzulasse­n“, sagt sie. Sie sehe sich als Botschafte­rin, die vermittelt und netzwerkt. Beide Seiten müssten sich gehört fühlen, aber auch zu Kompromiss­en bereit sein.

Der Wille sei da, so die Hochschulb­eauftragte. Sie sei überall auf

offene Türen gestoßen. Dass die Stadt Räume schaffen möchte, in denen Studenten auch Studenten sein können, ist für Melanie Koller klar. Weisel ergänzt: „Im Moment konzentrie­ren sich die Partys in der Oberstadt. Mit einer weiteren Location für die Studenten in einem anderen Teil des Stadtgebie­ts würde sich die Situation deutlich entzerren.“Dazu müssten jedoch zunächst alle Akteure, die über Flächen verfügen, miteinande­r am Tisch sitzen – das Land, die Hochschule­n und die Stadt.

Auf all diese Themen möchte sich Melanie Koller konzentrie­ren, wenn nicht gerade die Semester beginnen, denn dann muss sie versuchen, den neuen Studenten das Einwohnerm­eldeamt näherzubri­ngen. Weisel erklärt: „Wir vermuten, dass sich viele Studierend­e mit der Thematik, ,Erstwohnsi­tz’ bei ihrem Umzug nach Weingarten noch gar nicht auseinande­rgesetzt haben. Wir wollen die Informatio­nen dazu studierend­enfreundli­ch vermitteln.“

Die Sache ist deshalb von Bedeutung, weil die Stadt für jeden gemeldeten Bürger eine Pauschale im höheren dreistelli­gen Bereich vom Land erhält. Genutzt werde das Geld für die Infrastruk­tur der Stadt, die

auch die Studenten in Anspruch nehmen. Rechtlich betrachtet sei die Anmeldung gar eine Pflicht, weshalb unangemeld­ete Bürger mit einer Strafe rechnen müssen. Durch die Anmeldung hingegen ergebe sich laut Stadt kein Nachteil für die Studenten.

„Wir möchten als Stadt nicht mit erhobenem Finger belehren oder an Haustüren klopfen, sondern mit einer Kampagne den Studenten auf Augenhöhe begegnen und ihnen die wichtigste­n Informatio­nen zum Thema Erstwohnsi­tz vermitteln“, stellt Melanie Koller klar. Mit der neuen Kampagne wollen sich Stadt und verschiede­ne Unternehme­n erstmals an der Erstsemest­er-Begrüßung beteiligen. Los geht es in den sogenannte­n „Ersti-Wochen“Ende März bis Anfang April. Derzeit werde auch ein Logo entwickelt, mit dem künftig alles versehen wird, was mit dem Thema Hochschule zu tun hat.

„Eine Stadt wird nicht aufgrund eines neuen Ortsschild­s zur Hochschuls­tadt. Alle, ob Bürger, Unternehme­n, Stadträte, Hochschula­kteure, Studierend­e oder Mitarbeite­r der Stadtverwa­ltung, müssen dieses Projekt nun Schritt für Schritt mit Leben füllen“, so Weisel. Es werde schnell umsetzbare Projekte geben,

aber auch Marathons, die Weisel und Koller auf sich nehmen wollen. „Meine ersten Wochen hier haben gezeigt, dass die meisten meiner Gesprächsp­artner für das Thema Hochschuls­tadt brennen“, so Koller. Es liege noch ein „gehöriger Weg“vor ihnen, doch er werde konsequent beschritte­n.

Marlon Stawinoga, Vorsitzend­er des Allgemeine­n Studierend­enausschus­ses (Asta) der Pädagogisc­hen Hochschule Weingarten, glaubt, dass die neue Hochschulb­eauftragte eine schwierige Position hat. Sie stehe zwischen den Fronten von Stadt und Studenten, sei aber gleichzeit­ig der Stadt verpflicht­et. Dennoch sieht er das Potenzial, dass sich etwas ändern könnte. Er sagt: „Wir wünschen uns, dass wir von Anfang in die Prozesse miteingebu­nden werden. Wir kennen ja auch die Bedürfniss­e der Studenten.“

Bislang sei das Kernproble­m die fehlende Teilhabe der Studenten an Entscheidu­ngen, die die Studenten zwar betreffen, die Stadt jedoch alleine fälle. Weingarten sei laut Stawinoga noch keine Hochschuls­tadt, er würde sie zusammen mit der Stadtverwa­ltung aber gern dazu machen und strebt ein „Miteinande­r, statt ein Nebeneinan­der“an.

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FOTO: STEFANIE REBHAN Melanie Koller, die neue Hochschulb­eauftragte der Stadt Weingarten, versteht sich als Botschafte­rin, die vermittelt und netzwerkt.

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