Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

„Mit der Mehlschauf­el protestier­en ist keine Lösung“

„Uns reicht es auch“, sagen Vertreter der Bäckerinnu­ng – Doch groß angelegte Demos sind für sie der falsche Weg

- Von Marina Kraut ●

- An den Bauernprot­esten haben sich immer wieder auch Handwerker beteiligt. Einen offizielle­n Aufruf zum Protest habe es beispielsw­eise von der Bäckerinnu­ng nicht gegeben, auf Demonstrat­ionen hätten aber Vertreter der Landesinnu­ng gesprochen, berichtete­n Vertreter der Allgäuer Bäckerinnu­ng als Gäste unserer Redaktion. Sie setzen nicht auf einen eigenen, groß angelegten Protest, sondern darauf, in Gesprächen auf die Politik einzuwirke­n und für die Probleme ihres Berufsstan­des zu sensibilis­ieren.

Gottfried Voigt (Kreishandw­erkerschaf­t), Erwin Weber

(Obermeiste­r der Bäckerinnu­ng) und Andreas Speiser (stellvertr­etender Obermeiste­r) sind sich einig,

dass die Bauernprot­este „den Knoten zum Platzen gebracht“hätten. Die Demonstrat­ionen hätten einen Impuls für andere Branchen gegeben, hätten sie aufgerütte­lt, sich laut zu äußern. „Uns reicht es auch“, sagt Erwin Weber. Die Bäcker-Branche sei seit Jahren zunehmend gebeutelt von ständig neuen gesetzlich­en Regeln und steuerrech­tlichen Hürden. Ein Bäckerei-Betrieb habe nicht die Kapazität, eigens einen Mitarbeite­r für Dokumentat­ionsarbeit abzustelle­n.

Hinzu komme der Fachkräfte­mangel. Zum einen gebe es enorme bürokratis­che Hürden bei der Einstellun­g von Migranten. Zum anderen sei die Akzeptanz des Bäckerberu­fes in der Bevölkerun­g nicht immer hoch. Ein Rückschlag seien die kürzlich vom bayerische­n Staat zurückgefo­rderten Corona-Hilfen gewesen. Ob ein Betrieb mit all diesen Problemen noch guten Gewissens an die nächste Generation übergeben werden kann, treibe Bäckermeis­ter um.

Doch die angehäufte­n Schwierigk­eiten könnten nur bewältigt werden, wenn das Handwerk zusammenha­lte, sagt das Trio. „Wir müssen die Politik sensibilis­ieren, sie auffordern, mit uns zu reden. Dann findet sie einen anderen Zugang zu unseren Problemen“, sagt Voigt. Dabei sei vor allem die Kommunalpo­litik wichtig, die auch schon jetzt gut zuhöre. „Probleme können dabei nicht immer zentral gelöst werden“, sagt Weber. Denn das Allgäu sei einzigarti­g mit seiner Vielfalt

im Handwerk. „Allein mit der Mehlschauf­el auf die Straße zu gehen, ist keine Lösung“, sagt Speiser. Eine Veränderun­g sei nur möglich, wenn das Handwerk zusammen mit den Bürgern etwas bewege. So könne man mit einer breiten Basis und über die Kommunalpo­litik die Entscheide­r in München und Berlin ansprechen. Jeder Unternehme­r sei hier gefragt. Jetzt sei die Zeit, Probleme anzusprech­en.

Letztlich liege es am Verbrauche­r, ob das Handwerk vor Ort überleben kann. „Wir zahlen gute Löhne, damit wir unser Personal halten können“, sagt Speiser. Dass ein gutes Produkt deshalb seinen Preis hat, müsse in die Köpfe der Menschen.

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FOTO: JENS KALAENE/DPA Einige Bäcker setzen nicht auf einen eigenen, groß angelegten Protest, sondern darauf, in Gesprächen auf die Politik einzuwirke­n und für die Probleme ihres Berufsstan­des zu sensibilis­ieren.

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