Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Von der Blockflöte bis zum Flügel

Bei der Messe Akustika in Nürnberg buhlen Instrument­enbauer um Nachwuchs

- Von Thomas Tjiang ●

(epd) - Harald Dallhammer ist passionier­ter Jazz-Saxofonist und Holzblasin­strumenten­baumeister. Wie die Chefs vieler anderer Handwerksb­etriebe ist auch er auf der Suche nach Nachwuchs. Er ist daher einer von 220 Aussteller­n, die vom 8. bis 10. März bei der Messe Akustika in Nürnberg dabei sind.

Für die handwerkli­ch geprägten Instrument­enbauer ist die Messe ein neuer Hoffnungst­räger. Sie wollen bei der jungen Messe für Musik Kunden aus dem ganzen Bundesgebi­et und Europa treffen, aber auch neue Mitarbeite­r finden. Der erste Messetag wurde zum Tag des Handwerks erklärt. Er richtet sich an interessie­rte Schüler, die bei Workshops das Handwerk des Instrument­enbaus kennenlern­en können.

Die Nachwuchss­orgen sind auch im Orgelbau groß, erzählt Orgelbaume­ister Jürgen Lutz aus Feuchtwang­en, zugleich Chef des Bunds Deutscher Orgelbaume­ister. „Als Orgelbauer denken wir nicht in Generation­en, sondern wie die Kirchen in Jahrhunder­ten.“Doch junge Menschen fänden immer seltener den Weg zur Musik. Dazu trage beispielsw­eise bei, dass kirchliche Musik oder auch der Schulunter­richt immer dürftiger ausfalle. „So werden musikalisc­he Talente immer seltener entdeckt.“

Dafür macht er auch den Sparkurs der Kirchen verantwort­lich, der die Stellen der Kirchenmus­iker reduziere. Er selbst kenne Organisten aus Bayern, die ihr 70-jähriges Dienstjubi­läum begangen hätten. Das blockiere zusätzlich berufliche Stellen für den Nachwuchs. Auch das regelmäßig­e Musizieren im Posaunench­or sei mittlerwei­le eher die Ausnahme als die Regel, beobachtet Lutz: „Boshaft gesprochen liegt da das Durchschni­ttsalter bei 70 Jahren.“

Der Orgelbau hat es bei nachfolgen­den Generation­en sogar doppelt schwer. So trifft sein Gewerk nicht nur der allgemein schrumpfen­de Nachwuchs für den Instrument­enbau. Wer sich trotzdem für die Branche entscheide, wähle lieber Saxofon, Gitarre,

Geige oder Klavier. Die Orgel komme erst danach.

Auch der Nürnberger Fachhändle­r Musik Klier wird auf der Messe sein. Juniorchef Alexander Klier hofft, über die Veranstalt­ung vom Musikanfän­ger bis zu den Profis „das Bewusstsei­n für das Handwerk in die Köpfe zu bekommen. Aus Instrument­en von der Billigkonk­urrenz können Sie keinen vernünftig­en Ton herausbeko­mmen“, ist er sich sicher.

Es sei seine „Weltanscha­uung“, das Musikmache­n in den Vordergrun­d zu stellen. Daher bietet der Nürnberger Platzhirsc­h nicht nur eine umfassende Beratung vor dem Instrument­enverkauf. Man habe auch zusätzlich­e Services entwickelt, damit Nachwuchsm­usiker das passende Instrument für sich finden. Dazu gehört etwa ein Verleih, um daheim in Ruhe die geeignete Gitarre oder Trompete auszuprobi­eren.

Vor der Akustika zeigt sich auch der Projektlei­ter Maik Heißer vom Nürnberger Messemache­r AFAG optimistis­ch. Nach der Erstauf lage im vergangene­n Jahr habe sich die Aussteller­zahl mehr als verdoppelt. Das Angebot gliedert sich in die Bereiche Streichund Zupfinstru­mente, Tasteninst­rumente sowie Blech- und Holzblasin­strumente. Es hätten sich auch schon Besucher aus Japan und China angekündig­t.

Heißer hat auch für einen Rahmen gesorgt, bei dem zum Auftakt das Thema Inklusion mit inklusiven Konzerthig­hlights auf dem Programm steht. Mit dabei ist ein inklusives Orchester aus Nürnberg und das Blasorches­ter Augsfeld vom Nordbayeri­schen Musikbund. Der Bund Deutscher Klavierbau­er veranstalt­et den Europiano-Kongress für Piano- und Klavierher­steller und ihre Zulieferbe­triebe.

Während der Fach- und Publikumsm­esse finden 80 Konzerte statt, damit Besucher alle ausgestell­ten Instrument­engruppen in Aktion sehen und hören können. Dabei ist etwa die Big Band der Hochschule für Musik Nürnberg und das Bläser-Quartett der Nürnberger Symphonike­r. Auch ein Gemeinscha­ftskonzert der evangelisc­hen Posaunench­öre mit über 100 Bläsern ist geplant.

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FOTO: SVEN LAMBERT/IMAGO Gute Musikinstr­umente werden von Profis gebaut. Die zeigen ihre Werke und ihr Können drei Tage lang in Nürnberg und wollen ihre Berufe auch potenziell­en Lehrlingen vorstellen.

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