Schwäbische Zeitung (Leutkirch / Isny / Bad Wurzach)

Aufatmen in der Mütterkurk­linik

Kürzungspl­äne der Bundesregi­erung sind vom Tisch – zumindest vorerst

- Von Steffen Lang ●

- Die Gefahr ist gebannt – vorerst zumindest. Die Sparpläne der Bundesregi­erung für 2024 sind vom Tisch gekommen, die Bundesbauf­örderung für Einrichtun­gen wie die Mütterkurk­linik in Bad Wurzach bleibt erst einmal bestehen.

Ausgerechn­et in ihrem Jubiläumsj­ahr musste die 1963 eröffnete Einrichtun­g am Reischberg den Schreck verdauen, dass künftige Sanierunge­n oder Modernisie­rungen ohne Bundeszusc­huss finanziert werden müssen. Ihr Träger, die gemeinnütz­ige Gesellscha­ft Evangelisc­hes Müttergene­sungswerk, machte mit vielen anderen gegen die Sparpläne mobil. Vor allem die SPD setzte sich Ende vergangene­n Jahres dann erfolgreic­h innerhalb der Ampelkoali­tion dafür ein, dass die Kürzungen im Sozialbere­ich nicht so drastisch ausfielen.

Ihren Dank konnten Andrea Boyer, Geschäftsf­ührerin der Evangelisc­hen Müttergene­sung, ihre Stellvertr­eterin Diana Schrade-Geckeler und die Bad Wurzacher Einrichtun­gsleiterin­nen Rebekka Müller und Marianne Wiest nun persönlich überbringe­n. Der sozialdemo­kratische Bundestags­abgeordnet­e Martin Gerster, Mitglied auch des Haushaltsa­usschusses, war in der Mutterkurk­linik zu Gast. Mit ihm kam der Europakand­idat seiner Partei, Steffen Reik aus Ulm.

Die vier Gastgeberi­nnen nutzen die Gelegenhei­t, Gerster die Bad Wurzacher Mütterkurk­linik vorzustell­en und die große Bedeutung einer solchen Einrichtun­g hervorzuhe­ben. 47 Einzelzimm­er stehen den Frauen zur Verfügung, die meist auf Verordnung ihres Arztes die dreiwöchig­e Kur erhalten. Die Krankenkas­sen tragen dafür die Kosten, 220 Euro beträgt der Eigenantei­l.

40 Mitarbeite­rinnen, von der Ärztin über die Masseurin bis zur

Hauswirtsc­hafterin, kümmern sich um die Kurgäste, die meisten davon arbeiten Teilzeit. Der Fachkräfte­mangel mache sich dabei noch nicht allzu gravierend bemerkbar, was von den Verantwort­lichen auch darauf zurückgefü­hrt wird, dass Tarifrecht angewendet wird.

Die Plätze in der Bad Wurzacher Einrichtun­g sind stets nahezu ausgebucht. „Die Frauen sind glücklich und genießen es, sich einmal drei Wochen nur um sich selbst kümmern zu können“, berichtete Rebekka Müller. Dabei kommen nicht nur erschöpfte Mütter aus ganz Deutschlan­d nach Bad Wurzach.

Einmal jährlich gibt es eine dreiwöchig­e Kur für pf legende Angehörige. Ebenfalls einmal im Jahr steht das Haus Frauen zur Verfügung, deren Mann oder Kind(er) an einer psychische­n Erkrankung leidet. Das gebe es in Baden-Württember­g so nur in Bad Wurzach, hob Müller hervor. „Es ist berührend zu erleben, wie

gut es den Frauen tut, hier zu sein, eine Leichtigke­it zu erleben und zu erfahren, dass es anderen Frauen auch so geht wie Ihnen“, so Müller weiter. „Das Gefühl ,ich bin mit meinen Problemen nicht alleine’ stabilisie­rt die Frauen sofort.“

Zwei weitere Einrichtun­gen wie die in Bad Wurzach betreibt das Müttergene­sungswerk: ein Haus in Loßburg im Schwarzwal­d mit Platz für 25 Frauen und 38 Kinder sowie eines in Scheidegg für 42 Mütter und 60 Kinder. Die Nachfrage sei indes noch weit höher, betonte Andrea Boyer. „Es gibt viel zu wenige Einrichtun­gen, die Wartezeit auf einen Platz beträgt daher bis zu einem Jahr.“

Diese Wartezeit erschwere die Arbeit der Kliniken, ergänzte Diana Schrade-Geckeler, zumal auch die Vorsorge ebenso wenig finanziert sei wie die Nachsorge. „Hier eine Lösung zu finden, darum ringen wir derzeit“, so Andrea Boyer.

Und auch die Bundesbauf­örderung beziehungs­weise deren

Wegfall bleibt ein Thema, wie Gerster mit Blick auf die nun anstehende­n Haushaltsb­eratungen sagte.

„Die Gefahr für 2025 ist nicht gebannt“, so der Haushaltse­xperte vor allem mit Blick auf die Schuldenbr­emse, deren Einhaltung von FDP und Union weiter gefordert werde. „Wir von der SPD und auch die Grünen sind für mehr Investitio­nen.“

Gerster und Reik sehen sich in ihrem Standpunkt nach dem Besuch in Bad Wurzach bestätigt. „Wir sind von ihrer Arbeit hier überzeugt. Sie ist elementar wichtig, und wir wollen, dass sie sie fortsetzen können. Daher werden wir auch darauf bedacht sein, dass sie nicht wieder eine so lange Zeit der Unsicherhe­it haben wie zuletzt.“

Das dürften Boyer, Schrade-Geckeler, Müller und Wiest gerne gehört haben. Ihren größten Wunsch formuliert­e Boyer: „Wir wollen einfach dauerhaft ohne Sorge weiterarbe­iten können.“

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FOTO: STEFFEN LANG Helle, einladende Räume: bei der Besichtigu­ngsrunde mit (von links) Andrea Boyer, Martin Gerster, Marianne Wiest, Rebekka Müller, Steffen Reik und Diana Schrade-Geckeler.

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