Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

AfD-Landeschef Kölmel schaltet nach internem Datenleck die Polizei ein

Freunde und Gegner von Parteigrün­der Lucke befehden sich auch im Südwesten

- Von Klaus Wieschemey­er

STUTTGART - Diese Eskalation ist selbst für die streiterpr­obte Alternativ­e für Deutschlan­d (AfD) besonders: Weil eine persönlich­e E-Mail parteiinte­rn öffentlich wurde, hat Landeschef Bernd Kölmel am Dienstag Strafanzei­ge gegen Unbekannt gestellt. „Leider kennt die Hemmungslo­sigkeit meiner innerparte­ilichen Gegner keine Grenzen, auch keine strafrecht­lichen“, schreibt Kölmel in einer Mail an die etwa 3000 Parteimitg­lieder im Südwesten.

Anlass: Am Freitag zuvor hatte Mark K., Freiburger Mitglied der nur von einigen Landesverb­änden offiziell anerkannte­n AfD-Nachwuchso­rganisatio­n Junge Alternativ­e (JA), eine persönlich­e Mail an Kölmels Parteiadre­sse geschickt. Darin beklagt sich K., der dem wirtschaft­sliberalen Parteiflüg­el um Bernd Lucke und Bernd Kölmel zugerechne­t wird, über die „schleichen­den strukturel­l und politisch faschistoi­den Veränderun­gen in der JA-Elite“. Namentlich greift K. auch JA-Landeschef Markus Frohnmaier an, der zu den Lucke-Gegenspiel­ern vom nationalko­nservative­n Flügel der Partei zählt.

Wer kam an Kölmels Mails? Keine sechs Stunden später habe er die Mail von K. noch einmal erhalten, so Kölmel. Diesmal aber von Frohnmaier, der das Schreiben K.s an Kölmel auch gleich an mehrere Parteimitg­lieder weiterleit­ete. Wie er an den Brief aus Kölmels Postfach gekommen ist, sagte Frohnmaier nicht. Er legte aber nahe, dass kein Hacker- angriff Grund für das Datenleck sei, sondern ein interner Informant: Es gebe „offenbar recht zahlreiche Personen mit Zugriff auf Kölmels Postfach“erklärte der Jurastuden­t.

Kölmel hält die Strafanzei­ge für gerechtfer­tigt: „ Herr K. hat versichert, die Mail nur mir gesendet zu haben. Ich hatte sie nicht einmal geöffnet, als der Inhalt von Herrn Frohnmaier verwendet wurde. Das sind die drei Fakten, an denen kommen wir nicht vorbei“, sagte er unserer Zeitung. Bernd Kölmel, Landespart­eichef

der AfD ( Foto: Hildebrand­t)

Pikant: Die Mail beinhaltet eine als „streng geheim“bezeichnet­e Vorlage von K. für einen gemeinscha­ftlichen Austritt mehrerer Mitglieder aus der JA. Diese drifte „nach rechts“und nehme „faschistoi­de Ausfälle“hin. K. führt aus, dass er bewusst viermal das Wort „faschistoi­d“benutzt, damit sich Mitglieder „emotional von der JA distanzier­en“. Dann fragt er den Mailempfän­ger nach konkreten Änderungsv­orschlägen für den Entwurf. Für den zum rechten Flügel gehörenden Frohnmaier ein Versuch des Lucke-Lagers, die JA zu schwächen und Kritiker in die rechte Ecke zu stellen. Die JA wiederum hat ihren Bundesvors­itzenden abgesetzt, weil der Luckes „Weckruf 2015“mitunterze­ichnete.

Zu Gast in der Ostukraine Die Flügelkämp­fe auf Bundeseben­e spalten auch die Landes-AfD, die eigentlich im kommenden März in den Stuttgarte­r Landtag ziehen will: Lucke-Gefolgsman­n Kölmel und der Jurastuden­t Frohnmaier sind schon lange keine Freunde mehr. Während der EU-Abgeordnet­e Kölmel in Brüssel für Russland-Sanktionen stimmte, besuchte Frohnmaier eine von russischen Separatist­en organisier­te Konferenz in der Ostukraine.

Keine zehn Monate vor der Wahl mehren sich intern die Zweifel, ob Kölmel den Riss in der Landespart­ei noch kitten kann. Dabei wird er auch als Kandidat für einen Neuanfang in der ebenfalls tief zerstritte­nen Bundesspit­ze gehandelt. Der Bundespart­eitag Mitte Juni in Kassel werde eine „Richtungse­ntscheidun­g“für die Partei, sagt Kölmel.

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