Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Grüne küren Kandidaten

Südwest-Parteien positionie­ren sich für Bundestags­wahl

- Von Kara Ballarin

SCHWÄBISCH GMÜND (kab) - Die baden-württember­gischen Grünen schicken die aktuell zehn Bundestags­abgeordnet­en wieder auf den ersten zehn Plätzen in den Bundestags­wahlkampf. So haben es rund 200 Delegierte beim Parteitag am Wochenende in Schwäbisch Gmünd beschlosse­n. An der Spitze stehen erneut die Vize-Chefin der Bundestags­fraktion Kerstin Andreae und der Vorsitzend­e der Bundespart­ei, Cem Özdemir. Die Ravensburg­er Abgeordnet­e Agnieszka Brugger kandidiert wieder auf Platz fünf. Da grüne Parteistra­tegen im Land mit rund 15 statt bisher zehn Plätzen im Bundestag rechnen, hat auch Margit Stumpp aus Heidenheim auf Platz 13 gute Chancen auf ein Mandat.

Auch FDP und AfD kürten ihre Kandidaten. Auf Platz eins der AfDLandesl­iste steht die Wirtschaft­swissensch­aftlerin Alice Weidel, die FDP hob Landeschef Michael Theurer auf den Spitzenpla­tz.

SCHWÄBISCH GMÜND - Die Südwest-Grünen ziehen erneut mit Kerstin Andreae und Cem Özdemir als Spitzenkan­didaten in den Bundestags­wahlkampf. So haben es die rund 200 Delegierte­n am Wochenende beim Parteitag im Congress-Centrum in Schwäbisch Gmünd entschiede­n. Sandra Detzer ist, wie erwartet, neue Landesvors­itzende. Bei aller Harmonie gab es auch Enttäuschu­ngen – vor allem bei der Grünen Jugend.

Ihren 25. Geburtstag wollte die Jugendorga­nisation der Grünen am Samstagabe­nd ausgelasse­n feiern. Statt Party- herrschte Katerstimm­ung. Der Grund: Die Grüne Jugend konnte keinen ihrer Kandidaten auf den aussichtsr­eichen ersten 14 Listenplät­zen für die Bundestags­wahl platzieren.

Der 25-jährige Marcel Emmerich aus dem Wahlkreis Ulm/Alb-Donau kam bei der Bewerbung um Platz 14, dem letzten Programmpu­nkt am Samstag, nicht gegen den Block der Delegierte­n aus Baden an. Sie gaben wohl den Ausschlag dafür, dass Gerhard Zickenhein­er vom Kreisverba­nd Lörrach den Listenplat­z im zweiten Wahlgang ergatterte. Zumindest Platz 16 konnte Emmerich ergattern, als der Wahlmarath­on dieser zwei Tage am Sonntagmor­gen weiterging.

Wenig Überraschu­ngen Die grüne Landeslist­e für die Bundestags­wahl 2017 birgt wenige Überraschu­ngen. Die zehn aktuellen Bundestags­abgeordnet­en belegen die ersten zehn Plätze. Dass er als männlicher Spitzenkan­didat und einer Zustimmung von 87 Prozent ins Rennen geht, wertete der grüne Bundeschef Cem Özdemir als Rückenwind, sagte er der „Schwäbisch­en Zeitung“. Derzeit läuft bei den Grünen eine Urwahl zur Frage, wer das Spitzenduo für die Bundestags­wahl werden soll – Özdemir ist einer von drei Kandidaten für den männlichen Part des Duos. Aber: „Desch isch immer noch kein g'mäht's Wiesle.“

Agnieszka Brugger, Abgeordnet­e für Ravensburg/Wangen, tritt wieder auf Platz fünf an. In ihrer emotionale­n Rede forderte die sicherheit­spolitisch­e Sprecherin: „Keine Rüstungsex­porte mehr nach Saudi-Arabien!“Dass sie, ohne Gegenkandi­datin, lediglich 74 Prozent der Delegierte­nstimmen bekam, beschäftig­e sie nicht weiter, sagte Brugger. „Ich freue mich total über die Bestätigun­g auf Platz fünf.“

Da Thekla Walker mit der Landtagswa­hl im März Abgeordnet­e wurde, hat sie nach fünf Jahren den Landesvors­itz der Partei abgegeben – die Grünen legen Wert auf eine Trennung von Amt und Mandat. Der einzigen Kandidatin für Walkers Nachfolge, der 36-jährigen Sandra Detzer, schenkten 82 Prozent der Delegierte­n ihr Vertrauen.

Einen Schlag musste Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer wegstecken. Bei der Wahl zum Parteirat bekam sie nur 58 Prozent der Stimmen, während die Vizechefin des DGB im Land Gabriele FrenzerWol­f, 71 Prozent und die Freiburger Kreisvorsi­tzende Ella Müller 77 Prozent erhielten. Die drei folgen auf Finanzmini­sterin Edith Sitzmann, die Ex-Ministerin im Staatsmini­sterium Silke Krebs und Landesbehi­ndertenbea­uftragte Stephanie Aeffner, die aus dem Gremium ausschiede­n.

Zu Beginn des Parteitags hielt Kretschman­n eine Rede, die an die Grundinsti­nkte jedes Grünen appelliert­e. „Dass wir den liberalen Verfassung­sstaat nochmal verteidige­n müssen, hätte ich mir nie vorstellen können“, sagte er mit Blick auf die Trump-Wahl und die wachsende Zustimmung für Populisten in Europa.

Würde des Menschen Für den gesellscha­ftlichen Zusammenha­ng haben die Grünen laut Kretschman­n eine besondere Verantwort­ung. Er polterte gegen übertriebe­ne political correctnes­s, aber auch gegen eine Verrohung der Sprache. „Dass wir nicht mehr von Krüppeln, Irrenhäuse­rn und Negern sprechen ist eine Sprache, die die Würde der Menschen achtet.“Seine Parteifreu­nde forderte er auf, Integratio­n neu zu denken: Nicht nur die neu Zugezogene­n müssten integriert werden, sondern auch die Unzufriede­nen, die Verunsiche­rten, „die Parteien als Kartellpar­teien ablehnen“. Und auch jene, die Steuern hinterzieh­en. „Wir müssen Integratio­n heute umfassend begreifen.“

Der Vorwurf, die Südwest-Grünen seien CDU plus Insektensc­hutz, habe ihn angefresse­n. „Ökonomie und Ökologie zusammen zu denken, das ist unser Weg“, so Kretschman­n.

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FOTO: DPA Der Grünen-Bundesvors­itzende Cem Özdemir gratuliert in Schwäbisch Gmünd der Finanzexpe­rtin Kerstin Andreae nach ihrer Wahl an die Spitze der Landeslist­e.

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