Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Widerstand gegen mögliche Privatisie­rung von Autobahnge­sellschaft

Bundeswirt­schaftsmin­ister Sigmar Gabriel blockiert Vorstoß von Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble – Bund-Länder-Kompromiss gefährdet

- Von Rasmus Buchsteine­r

BERLIN - Eine Bundesauto­bahngesell­schaft soll gegründet werden – so weit herrscht Konsens zwischen Bund und Ländern. Doch die Details bleiben umstritten. Jetzt zieht Bundeswirt­schaftsmin­ister Sigmar Gabriel (SPD) die Reißleine und legt die Pläne erst einmal auf Eis. Hier die wichtigste­n Fragen und Antworten zum Regierungs­streit über die geplante Infrastruk­turgesells­chaft.

Wie wird das deutsche Autobahnne­tz bisher verwaltet? Das Autobahnne­tz aus 13 000 Streckenki­lometern ist im Besitz des Bundes. Verwaltet werden die Bundesfern­straßen aber von Behörden der Länder. Der Bund übernimmt die Investitio­nen. Die Länder kommen für alle weiteren Kosten auf, insbesonde­re für Planungen, Genehmigun­gen und Personal.

Wie könnte eine Bundesauto­bahngesell­schaft aussehen? Die Gesellscha­ft soll privatrech­tlich organisier­t werden, jedoch „unter staatliche­r Regelung“. Sie würde entscheide­n, welche Autobahnen und Bundesstra­ßen gebaut oder modernisie­rt werden sollen. Insbesonde­re der Bund erhofft sich durch die neue Struktur eine effiziente­re Planung und kürzere Bauzeiten. Voraussetz­ung für die Gesellscha­ft wäre eine Grundgeset­zänderung. Dafür ist in Bundestag und Bundesrat eine ZweiDritte­lmehrheit erforderli­ch. Der Gesellscha­ft würden die gesamten Straßenbau­mittel des Bundes zur Verfügung gestellt. 2016 waren dies 7,4 Milliarden Euro. Hinzu kämen die gesamten Einnahmen aus der LkwMaut sowie, sobald sie umgesetzt ist, die Erträge aus der Pkw-Maut.

Worüber wird gestritten? Gabriel will eine Teilprivat­isierung der Bundesauto­bahngesell­schaft ausschließ­en. Auch Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) will, dass die Gesellscha­ft zu 100 Prozent im Besitz des Bundes bleibt. Deshalb schlagen sie vor, im Grundgeset­z zu erwähnen, dass das Eigentum an den Autobahnen „unveräußer­lich“ist. Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) dagegen möchte eine Beteiligun­g privater Investoren nicht generell ausschließ­en. Nach seiner Auffassung soll der Bund die Mehrheit an der Gesellscha­ft behalten.

Wie argumentie­rt Schäuble? Die Gesellscha­ft soll nach seinem Willen auch eine Ermächtigu­ng erhalten, Kredite aufzunehme­n. Es stünde also mehr Geld für die Straßen zur Verfügung. Ohne Beteiligun­g von zusätzlich­em privatem Kapital könnte die Gesellscha­ft als „Schattenha­ushalt“gewertet werden und deshalb auf die Schuldenbr­emse und die Maastricht-Kriterien angerechne­t werden. Schäuble argumentie­rt, dass die Beteiligun­g an der Bundesauto­bahngesell­schaft etwa für Versicheru­ngen und Rentenfond­s attraktiv sei, weil sie stabile und planbare Renditen ermögliche.

Wie geht es jetzt weiter? In der Bundesregi­erung werden intern weitere Gespräche geführt. Auch aus den Ländern gibt es noch Kritik an Schäubles Linie, obwohl die Ministerpr­äsidenten der Gründung der Infrastruk­turgesells­chaft im Oktober grundsätzl­ich zugestimmt hatten. Die Pläne sollen bis zur Bundestags­wahl umgesetzt werden.

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FOTO: DPA Bund und Länder wollen eine Infrastruk­turgesells­chaft gründen, die sich um Bau, Planung und Betrieb der Autobahnen kümmern soll.

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