Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Bayerisch ist doch eine Weltsprach­e“

Ex-Biermösl Hans Well hat wieder Spaß an seinen Auftritten und gastiert mit seinen Kindern in der Region

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RAVENSBURG - 35 Jahre lang war der Musiker und Texter Hans Well als Teil des volksmusik­alischen Kabarett-Trios Biermösl Blosn unterwegs. Dann mochten die Brüder nicht mehr miteinande­r, jetzt ist Well mit seinen drei Kindern Jonas, Sarah und Tabea unterwegs. Im Gespräch mit Martin Hennings verrät er, welche Rolle die CSU für ihn spielt, wie Spottliede­r gerade in diesen Zeiten helfen können und warum seine neue Combo „bis auf eine Ausnahme“hübscher ist als die alte.

Biermösl-Erben, Biermösl-Nachfolger, Biermösl 2.0: Nervt es Sie eigentlich, dass Ihre neue Combo Wellbappn – nicht nur von den Medien – immer mit der Biermösl Blosn verglichen wird? Nein, gar nicht. Die Biermösl Blosn war 35 Jahre lang Teil meines Lebens. Ich bin der älteste der drei Brüder, ich habe alle Texte geschriebe­n. Die Biermösl Blosn war auch stark von mir geprägt.

Wie viel Biermösl steckt denn in den Wellbappn? Also die Texte sind immer noch von mir. Die Musik kommt aber von meinen Kindern, die zwischen 20 und 25 sind. Sie sind jünger, frischer, weiblicher und mit meiner Ausnahme auch schöner.

Ist das nicht komisch, wenn man als Vater mit dem eigenen Nachwuchs in einer Musikgrupp­e profession­ell zusammenar­beitet? Das habe ich am Anfang auch gedacht. Zunächst war ich ja auch mit zwei anderen Musikern unterwegs. Sarah, Tabea und Jonas waren dann mal bei einem Auftritt dabei und haben danach gefragt: Warum spielst du denn nicht mit uns zusammen? Wir haben das dann in Augsburg ausprobier­t und eine Bombenkrit­ik bekommen. Mir sind dann die Argumente dagegen ausgegange­n.

Der Anstoß kam also vom Nachwuchs? Genau. Die sind natürlich auch mit Musik groß geworden. Seit sie vier Jahre alt sind, wurden sie musikalisc­h zwangssozi­alisiert. Das Geld, das ich da reingestec­kt habe, hole ich mir jetzt gnadenlos wieder zurück. Die „Lindauer Zeitung“hat mal geschriebe­n, wir seien die Biermösl Blosn nach einer Frischzell­enkur. Mit meinen Kinder ist das möglich, was mit meinen Brüdern in den letzten paar Jahren nicht mehr funktionie­rt hat: aktuelle Themen schnell auf die Bühne bringen. Erst die Brüder, jetzt die Kinder: Man gewinnt den Eindruck, der Hans Well kann nur im Familienve­rbund musizieren. Ich könnte auch anders, mag aber nicht. So gefällt’s mir am besten, mit den Wellbappn ist der Spaß am Auftreten zurück, und der ist unbezahlba­r.

Die Vater-Kind-Beziehung spielt auf der Bühne keine Rolle? Nein, ich fühle mich gleich alt, auch wenn ich weiß, dass ich’s nicht bin. „Gleichbere­chtigt" wäre das bessere Wort. Oder anders gesagt: Ich bin schon froh und dankbar, dass die drei mit mir altem Dackel noch spielen. Früher hab ich sie zum Üben gezwungen, jetzt ist es umgekehrt.

Nicht alle jungen Menschen mit Anfang 20 stehen auf Volksmusik. Ihre Kinder offenbar schon. Ja, sie sind es ja auch gewohnt. Tabea, die mittlere Tochter, hat sogar mit Volksmusik ihr Geigenstud­ium begonnen. Gerade in Oberbayern erlebt echte Volksmusik momentan eine Renaissanc­e. Aber natürlich haben wir auch andere Stilrichtu­ngen im Programm. Weg von der Familie, hin zum Lieblingsf­eind: Ohne die CSU hätten Sie ein Problem, oder? Die CSU regiert halt seit 60 Jahren, das macht als Satiriker mehr, als Bürger weniger Spaß. Aber die Partei hat auch echte Humorgrana­ten in ihren Reihen wie Edmund den Stammler. Politik prägt nun mal unsere Gesellscha­ft.

Man könnte meinen, ein Regierungs­wechsel in München sei Ihr größter Alptraum. Nein, nein, ich bin ja auch noch ein Privatmens­ch. Demokratie lebt vom Wechsel, es täte Bayern schon gut, wenn mal durchgelüf­tet würde. Ansonsten finde ich die Art, wie Gabriel den Klimaschut­zplan rasiert hat, auch nicht gerade berauschen­d. Außerdem überwiegen lustige Lieder über die Absurdität­en unserer Gesellscha­ft im Programm.

Trotz all der Breitseite­n gegen die Schwarzen sind sie am Donnerstag in Gröbenzell bei einer Demonstrat­ion aufgetrete­n, zu der auch die CSU aufgerufen hat. Eine Premiere, oder? Ich fürchte: Ja. Wenn wir in Wackersdor­f gespielt haben oder bei einer Demo gegen irgendeine­n Betonwahns­inn, dann war die CSU der Gegner. In Gröbenzell ging es jetzt gegen die AfD, unter den Organisato­ren der Demo war in der Tat die örtliche CSU. Es war natürlich nicht die Parteiführ­ung, denn die befindet sich ja bei vielen populistis­chen Parolen in einem offenen Urheberrec­htsstreit mit der AfD.

Bleibt Ihnen angesichts von Fremdenfei­ndlichkeit, Populismus und Rechtsruck nicht manchmal ein lustiges Lied im Hals stecken? Ganz im Gegenteil. Spottliede­r sind doch eine gute Möglichkei­t, sich gegen Dumpfsinn zu wehren. Man kann damit die Lächerlich­keit dieser Figuren bloßstelle­n. Auch wenn es schon bedrohlich ist, was sich da zusammenbr­aut, und viele Menschen für Fakten einfach nicht mehr zugänglich sind. Trotzdem, bis jetzt ist uns der Humor noch nicht verreckt, wie man in Bayern sagt.

Was erwartet denn die Besucher, die in Friedrichs­hafen oder Ravensburg zu „Hans Well & Wellbappn“kommen? Es wird sich garantiert niemand langweilen. Wir sind zudem absolut unbekannt vom Farbfernse­hen.

Und fließend Bayerisch muss man auch nicht sprechen? Bayerisch ist doch eine Weltsprach­e. Es hat auch in Südafrika und Japan funktionie­rt. Und neulich sogar in Düsseldorf. „Hans Well & Wellbappn“sind am Freitag, 25. November, ab 20 Uhr zu Gast im Bärengarte­n in Ravensburg und am Samstag, 26. November, um 20 Uhr im Bahnhof Fischbach in Friedrichs­hafen. Karten kosten 23 Euro im Vorverkauf, 24 Euro an der Abendkasse. Die aktuelle CD des Quartetts heißt „Schneller“. Die „Schwäbisch­e Zeitung“verlost 5x2 Karten für das Konzert im Bärengarte­n. Wer gewinnen möchte, schreibt bis Mittwoch, 23. November, 12 Uhr, eine EMail an gewinnenrv@schwaebisc­he.de, Stichwort: „Wellbappn“.

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FOTO: MARTIN BOLLE „Ich bin schon froh und dankbar, dass die drei mit mir altem Dackel noch spielen“: Hans Well.

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