Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Seehofer stellt der CDU Bedingunge­n

CSU-Chef will Zahl der Flüchtling­e auf maximal 200 000 festlegen

- Von Andreas Herholz

AUGSBURG (KNA) - Die CSU macht eine Obergrenze für Asylsuchen­de zur Voraussetz­ung für eine weitere Regierungs­beteiligun­g nach der Bundestags­wahl 2017. Man werde im Bund nur dann mitregiere­n, wenn die Zahl von maximal 200 000 Flüchtling­en pro Jahr realisiert werde, sagte Parteichef Horst Seehofer der „Augsburger Allgemeine­n“. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) ist gegen eine Obergrenze. Die Frage sorgt seit Monaten für Streit innerhalb der Union.

BERLIN - Plötzlich ist sie wieder da, die Obergrenze. „Wir werden nur dann in Berlin mitregiere­n, wenn das realisiert wird“, pocht Horst Seehofer auf seine alte Forderung. „Diese Garantie gebe ich für meine Partei ab“, sagte der CSU-Chef und formuliert eine klare Bedingung in Richtung Schwesterp­artei: Begrenzung der Zahl der Flüchtling­e auf 200 000 pro Jahr. Andernfall­s werde die CSU im Falle eines Wahlsieges der Union nicht mit auf der Regierungs­bank und am Kabinettst­isch Platz nehmen. Es bleibe dabei, „weil eine Begrenzung die Voraussetz­ung dafür ist, dass Integratio­n gelingt“, sagte Seehofer.

Seehofers Junktim – nur vier Tage nachdem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre erneute Kandidatur angekündig­t hatte, stellt sich der CSUChef erneut quer. Eigentlich hatte man in der Union darauf gesetzt, dass der Burgfriede­n in den nächsten zehn Monaten bis zur Bundestags­wahl halten, die CSU den Streit über das Flüchtling­sthema nicht mehr fortsetzen werde. Seehofer denkt aber offenbar gar nicht daran. „Das werden die schwierigs­ten zehn Monate, die CDU und CSU seit Jahrzehnte­n erlebt haben“, sagt er mit Blick auf den bevorstehe­nden Bundestags­wahlkampf – und es klingt wie eine Drohung.

„Die CSU hat offenbar vor, Wahlkampf gegen Angela Merkel zu machen“, sagte SPD-Generalsek­retärin Katarina Barley und empfahl den Unionspart­eien, getrennt zur Bundestags­wahl anzutreten, sollte Seehofer seine Ankündigun­g ernst meinen. „Seehofer hebt mit dieser Erpressung den unionsinte­rnen Machtkampf auf ein neues Niveau. Das sagt vor allem etwas über das tiefe Zerwürfnis der Union“, meinte SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Im Kanzleramt und in der CDUSpitze gibt man sich gelassen. CDUVizeche­f Armin Laschet nannte Seehofers geforderte Obergrenze „irrelevant“, da die Zahl der neu ankommende­n Flüchtling­e inzwischen deutlich darunter liege. Mit der CSU werde man wohl „keinen Konsens“über das Wort Obergrenze erreichen, sagte er. Merkels Entscheidu­ng, im September 2015 die Grenzen zu öffnen, und ihr Kurs in der Flüchtling­spolitik habe zu einer Verschiebu­ng der politische­n Koordinate­n geführt.

Einladung an Trump Auch auf anderen Politikfel­dern beklagt Seehofer Differenze­n und fordert von der Schwesterp­artei CDU Korrekture­n. Die vagen Pläne für Steuersenk­ungen der Christdemo­kraten gehen der CSU-Spitze nicht weit genug. Das von Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble in Aussicht gestellte Entlastung­svolumen von rund 15 Milliarden Euro sei zu gering, hatte dessen bayerische­r Amtskolleg­e Markus Söder (CSU) kritisiert. Und auch beim Thema Europa und in der Außenpolit­ik will die CSU andere Schwerpunk­te setzen. So warnt Seehofer vor überzogene­r Kritik am künftigen US-Präsidente­n Donald Trump. Während sich etwa Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) schockiert über dessen Wahl gezeigt hatte, hat ihn der bayerische Ministerpr­äsident in den Freistaat eingeladen. Er rät: „Warten wir doch die praktische­n Handlungen ab.“

 ?? FOTO: DPA ?? Fordert mit Nachdruck eine Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtling­en: CSU-Chef Horst Seehofer. Dies sei Voraussetz­ung für eine erneute Regierungs­beteiligun­g seiner Partei nach der Bundestags­wahl.
FOTO: DPA Fordert mit Nachdruck eine Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtling­en: CSU-Chef Horst Seehofer. Dies sei Voraussetz­ung für eine erneute Regierungs­beteiligun­g seiner Partei nach der Bundestags­wahl.

Newspapers in German

Newspapers from Germany