Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Weniger Bürokratie bei Ganztagsschulen
Beim Gipfeltreffen werden aber Rufe nach weniger Bürokratie und mehr Ressourcen laut
KORNWESTHEIM (kab) - Die 500 Teilnehmer des Ganztagsgipfels haben am Donnerstag Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) klare Vorstellungen zur Weiterentwicklung der Ganztagsschulen im Land präsentiert: Die Organisation dieser Schulform soll weniger bürokratisch werden. Auch soll es möglich werden, den Ganztagsbetrieb mit weniger Schülern einzurichten. Strittig war hingegen, ob das Konzept flexibler werden soll. Eine breite Mehrheit war dagegen.
KORNWESTHEIM - Zur Verbesserung der Ganztagsschulen im Land bedarf es weniger Bürokratie, kleinere Mindestgrößen und mehr Ressourcen. So lautet das Fazit des Ganztagsgipfels, zu dem das Kultusministerium am Donnerstag ins Kongresszentrum nach Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) eingeladen hat. Rund 500 Lehrer, Eltern, Schüler und Schulleiter diskutierten mit Vertretern der Kommunen, Lehrerverbände, Schulverwaltung und außerschulischen Partnern aus Kunst, Kultur, Sport, Kirchen teils hitzig darüber, wie das Konzept der Ganztagsschule weiterentwickelt werden soll.
Größter Zankapfel war dabei wohl die Frage nach mehr Flexibilität. Ministerin Susanne Eisenmann (CDU) machte klar: Am pädagogischen Konzept der verbindlichen, „rhythmisierten“Ganztagsschule wird nicht gerüttelt.
Die damals grün-rote Landesregierung hat die Ganztagsgrundschule neuen Typs zum Schuljahr 2014/15 im Schulgesetz verankert. Im aktuellen Schuljahr gibt es 379 solcher Schulen – dies sind 347 der rund 2400 Grundschulen im Land sowie 32 Grundstufen der Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren. Laut einer Bertelsmann-Studie ist der Südwesten bundesweit Vorletzter beim Ganztagsangebot – vor Bayern.
Wunsch nach Flexibilität Vielen Eltern, gerade auf dem Land, ist dieser neue Typus ein Dorn im Auge. Wenn sich eine Grundschule dafür entscheidet, den gebundenen Ganztag einzuführen, dann bietet sie ihren Schülern an drei oder vier Tagen in jeweils sieben oder acht Zeitstunden ein sogenanntes rhythmisiertes Konzept. Neben Unterricht gibt es auch Zeit für Hausaufgaben sowie für pädagogische Angebote von außen, etwa durch Sport- oder Musikvereine.
Das Problematische daran: Mit der Einführung der Ganztagsgrundschule sind vielerorts flexible Betreuungsformen weggefallen. Viele Schulen bieten die Ganztagsgrundschule zwar in Wahlform – heißt: Eltern können ihr Kind auch weiter in die Halbtagsgrundschule schicken. Doch hat sich das Land aus der Mitfinanzierung der Betreuungszeiten vor oder nach der Schule sowie über Mittag verabschiedet. Wenn die Kommunen die Betreuung nicht gänzlich finanzieren können oder wollen, fällt das Angebot weg.
Soll dieses starre Konzept flexibler werden? Das war eine der Kernfragen, mit denen sich die Teilnehmer des Ganztagsgipfels in den acht Workshops befassten. Als eine Referentin in ihrem Workshop eine Flexibilisierung als erstrebenswertes Ziel erklärte, erntete sie verhaltenen Applaus und laute Buhrufe. Eine breite Mehrheit der Anwesenden positionierte sich hingegen deutlich zum gebundenen Ganztagskonzept.
„Die Rhythmisierung wird dort, wo sie im Ganztag angeboten wird, sehr gewollt“, sagte auch Ministerin Eisenmann nach dem Gipfel. Tags zuvor gab es im Landtag noch Kritik für die „einseitige Fixierung auf die Pflichtganztagsschule“, die FDP-Bildungsexperte Timm Kern der grünschwarzen Landesregierung attestierte. „Thema verfehlt“, sagte Eisenmann nun zu diesem Anwurf. Trotz des Bekenntnisses zum Ganztagskonzept sagte sie: „Je ländlicher der Raum, desto größer der Wunsch nach flexiblen Betreuungsmodellen.“Keine Schule werde „zwangsbeglückt“, Ganztagsschule zu werden. In den kommenden sechs Monaten soll geprüft werden, ob und wie sich das Land wieder an der Förderung von Horten und Betreuung in den Randzeiten beteiligen kann.
Zweiter Gipfel im Mai Am 15. Mai soll ein zweiter Ganztagsgipfel stattfinden. Bis dahin will Eisenmanns Ministerium eine Fachgruppe mit Vertretern der zuständigen Interessengruppen ins Leben rufen. Die Fachgruppe soll Lösungen erarbeiten, wie die Schulen bei der Organisation des Ganztagsprogramms entlastet werden können – der Wunsch nach weniger Bürokratie war an diesem Tag allgegenwärtig. Auch darüber soll gesprochen werden, ob die Schulen ein Budget bekommen, um die außerschulischen Partner bezahlen zu können – schwierig ist dies deshalb, weil sie eigentlich kein eigenes Budget haben dürfen.
Die Ergebnisse der Workshops des Ganztagsgipfels gibt es auf der Homepage des Kultusministeriums: www.km-bw.de