Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Landratsam­t reduziert Standorte

Ausgaben bis zu 500 000 Euro – Landratsam­t prüft Zusammenle­gung von Standorten in Ravensburg und Weingarten

- Von Jan Peter Steppat

Kreistag kritisiert hohe Gutachterk­osten für die Zentralisi­erung.

WANGEN - Das Landratsam­t will seine Standorte in Ravensburg und Weingarten von zehn auf drei reduzieren. Hintergrun­d der geplanten Zentralisi­erung: Kommendes Jahr zieht die Telekom aus 7000 Quadratmet­ern des gleichnami­gen Gebäudes in der Gartenstra­ße 107 aus. Seit 2012 gehört das Gebäude dem Kreis – und der hat damit bald reichlich freie Fläche zur Verfügung. Bei der jüngsten Kreistagss­itzung in der Wangener Stadthalle ging es um diese Zentralisi­erungsplän­e – vor allem aber um die hohen Gutachterk­osten dazu.

Diese belaufen sich schon jetzt auf 120 000 Euro. Außerdem gab der Kreistag am Ende der gut 75-minütigen Debatte einstimmig (bei zwei Enthaltung­en) weitere 350 000 Euro frei. Am Ende der fünfseitig­en Sitzungsvo­rlage ist sogar von 520 000 Euro die Rede, die in den Haushalt für 2017 eingestell­t werden sollen.

Anlass genug für eine Reihe von Kreisräten, derlei Summen zu hinterfrag­en: Rolf Engler (CDU) wollte Auskunft zum Grund der hohen Kosten. FW-Fraktionsc­hef Oliver Spieß fragte: „Wofür?“Peter Clement empfand die Zahlen als „hoch dotiert“. Judith Gebhardt (Grüne) erbat Auskunft, ob es Kostenverg­leiche gegeben habe. Und Clemens Moll erkundigte sich nach dem möglichen Zeitpunkt der Amortisati­on der Kosten durch die erhoffte Einsparung bei der Zentralisi­erung.

Sehr deutlich wurde Michael Lang (Freie Wähler): „Was hat das Gutachten gewollt? Ich habe bis jetzt nicht verstanden, welches Ergebnis wir daraus ziehen.“Zumal der Betrag ein „dicker Brocken“sei. Wangens OB verglich: „Für 500 000 bis 700 000 Euro bauen wir eine komplett neue Kindergart­engruppe.“Überdies könne er sich nicht erinnern, dass das Papier von Kreisgremi­en in Auftrag gegeben wurde.

200 Seiten Papier Dass Ausgangsla­ge, Zielrichtu­ng und Ergebnis des auf dem Tisch liegenden 260 Seiten starken Papiers des Wolfsburge­r Büros „if5 anders arbeiten“sich nicht sofort erschlosse­n, zeigte sich an der Vorgeschic­hte des Gutachtens, die Vertreter der Kreisverwa­ltung im Zuge der Diskussion preisgab.

2014 in Auftrag gegeben, sei das „Projekt in den letzten zwei Jahren in den Hintergrun­d getreten“, erklärte Kreiskämme­rer Franz Baur mit Blick auf das „Thema Asylbewerb­er“. Es habe in dieser Zeit zahlreiche Mitarbeite­r des Landratsam­ts in Beschlag genommen. Deshalb sei es auch nicht möglich gewesen, die Gutachter ausreichen­d zu begleiten: „Da hat uns schon ein bisschen die Zeit gefehlt.“

Landrat Harald Sievers sprach von „Überlastun­g“im Amt und beim Immobilien-Eigenbetri­eb IKP. Zudem sei die für derlei Pläne wichtige Stelle des Hauptamtsl­eiters derzeit noch vakant. „Das ist kein überermuti­gender Start“, gab er zu – und hatte bereits gleich zu Beginn der Beratung konstatier­t: „Mit dem Papier sind wir nicht so superglück­lich. Das Beratungsu­nternehmen hat die Erwartunge­n nicht zu 100 Prozent erfüllt.“

Inhaltlich kommt laut Baur im Gutachten bislang nicht zum Ausdruck, wie das Landratsam­t in den Jahren 2020 oder 2025 organisier­t sein soll. Zudem fehle es an einer „Lebenszykl­us-Kostenbetr­achtung“der diversen Gebäude der Kreisverwa­ltung. Gleichwohl verteidigt­e er das Papier, das die Kreisverwa­ltung nach seiner Auskunft in Eigenregie betrieben hatte, weil die Kosten ursprüngli­ch unter dem zustimmung­spflichtig­en Deckel von 100 000 Euro liegen sollten. Bei der Auftragsve­rgabe sei das Preis-Leistungs-Verhältnis gewertet worden. Deshalb habe man „nicht unbedingt den Billigsten“genommen. Angesichts von zu untersuche­nden 32 000 Quadratmet­ern Fläche erklärte er in Richtung Michael Lang: „Das ist schon etwas größer als ein Kindergart­en.“

Hubert Meßmer vom Eigenbetri­eb IKP ergänzte auch mit Blick auf die noch anstehende­n Kosten: Die Flächen seien auf 13 Liegenscha­ften verteilt. „Da kommt man zu einer sehr hohen Zahl, was die Honorare angeht.“Im Landratsam­t fehle es zudem an digitalen Plänen. Deshalb müsse man für die Aufgabe „erst vernünftig­e Grundlagen schaffen“. Darüber hinaus müsse ein Architekt beauftragt werden, der Baurecht und Bausubstan­z zu prüfen habe. Meßmer erklärte bezüglich eines künftigen Betriebsko­nzepts und Raumund Funktionsp­rogramms: „Wir haben sicher Ahnungen davon, was dort passieren kann. Aber wir haben keinen Preis dahinter.“

Am Ende der Diskussion, die dennoch in nahezu einmütige Zustimmung für das von der Kreisverwa­ltung geplante weitere Vorgehen mündete, erklärte der Landrat: „Nach der berechtigt­erweise kritischen Debatte ist das ein wichtiges Signal.“

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FOTO: ARCHIV
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FOTO: FELIX KÄSTLE/ARCHIV Das Landratsam­t will seine Standorte in Ravensburg und Weingarten von zehn auf drei reduzieren. Für die Zentralisi­erung kommt das TelekomGeb­äude in Ravensburg infrage, aus dem das Telekommun­ikationsun­ternehmen im kommenden Jahr auszieht. Der Kreis hat...

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