Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Professor soll Klausurfragen vorab verraten haben
Hochschule Albstadt-Sigmaringen setzt eine Kommission ein, die die Vorwürfe untersuchen soll
SIGMARINGEN - Die Hochschule Albstadt-Sigmaringen wird derzeit durch einen Notenskandal aufgewühlt. Im Raum steht der Vorwurf zu niedriger Anforderungen sowie die Vorab-Bekanntgaben von Fragen und Antworten mindestens einer Klausur im Wintersemester 2014/2015.
Nach einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Rektorin Ingeborg Mühldorfer beim Wissenschaftsministerium, deren Zurückweisung und zwischenzeitlich neuen Indizien setzt die Hochschule eine Kommission ein, die Licht ins Dunkel bringen soll. Diese kommt am heutigen Freitag erstmals zu „einem internen Meeting“zusammen, sagte Hochschulsprecherin Vanessa Marquardt.
Hintergrund sind die Vorwürfe eines Albstädter Informatikprofessors gegen einen Kollegen. Dieser soll Studenten vor einer Klausur nicht nur die Fragen, sondern auch die Lösungen gegeben haben. Skeptisch soll der Beschwerdeführer geworden sein, als ihm die unzureichenden Kenntnisse seiner Studenten auffielen – und das, obwohl die meisten in der betreffenden Klausur des Kollegen gut abgeschnitten hatten.
Nach Recherchen der „Stuttgarter Zeitung“drängte der Professor auf Aufklärung durch die Hochschulleitung, die aber nach internen Ermittlungen keine Anhaltspunkte gefunden haben wollte, die diesen Vorwurf bestätigen. „Zur Klärung des ersten Vorwurfs“sei ein „klarer Prüfungsmaßstab definiert und auf dessen Grundlage die Abläufe (...) der fraglichen Prüfung geprüft“worden, heißt es in einem Schreiben der Rektorin, das der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt. „Dabei konnte kein Fehlverhalten festgestellt werden“, zumal die Durchfallquote von 22 Prozent ebenfalls nicht auf vorab bekannte Aufgaben schließen lasse.
Vorletzte Woche legte allerdings der Anwalt des Beschwerdeführers ein belastendes Schreiben vor. Darin werden namentlich Studenten genannt, die die Vorgänge bestätigen. Die Hochschule selbst hatte bei ihren Aufklärungsversuchen auf die Befragung von Studenten verzichtet, weil diese in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Professor stehen. Weil zudem kein Studierender auf eines der zuständigen Gremien zugekommen sei, hätte „das gesamte Semester befragt werden müssen“, teilt die Hochschule schriftlich mit.
Keine Lösungen im Katalog Stattdessen gab es Gespräche zwischen der Rektorin und dem betroffenen Professor. Dieser habe zwar bestätigt, einen Fragenkatalog ausgegeben zu haben. Allerdings habe dieser „vier- bis fünfmal so viele Fragen wie die spätere Klausur“und keine Lösungen enthalten.
Weil das für den Beschwerdeführer offenbar nicht glaubhaft war, wandte er sich ans Wissenschaftsministerium in Stuttgart. „Uns lag eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Rektorin vor“, sagte Jochen Schönmann, Sprecher des Ministeriums. Der Vorwurf: Es wurde nicht ordentlich geprüft. Weil der Hochschule aber kein Verfahrensfehler nachzuweisen war, sei die Beschwerde zunächst abgelehnt worden. „Diese Auskunft hat sich allerdings überschnitten mit dem Schreiben des Anwalts des Beschwerdeführers.“Darin wurde der Hochschule mitgeteilt, dass mehrere Studenten die Vorwürfe mit ihrer Unterschrift bestätigen.
Nachdem nun also die Namen von Studenten auf dem Tisch liegen, soll sich eine unabhängige Kommission unter Vorsitz des Freiburger Professors und Experten für Hochschularbeitsrecht, Manfred Löwisch, um den Fall kümmern. Ihr werden wohl Professoren, Studenten, Hochschulmitarbeiter sowie Mitglieder von Dekanat und Rektorat angehören.
Die Kommission soll den Vorwürfen „unter prüfungsrechtlichen Gesichtspunkten“nachgehen. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, will die Hochschule vorerst keine weiteren Angaben machen. Das Wissenschaftsministerium werde im Anschluss einen Bericht erhalten und sich ein eigenes Urteil bilden, sagte Jochen Schönmann.