Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Sozialmini­sterin will eine Solidarren­te

Koalition ringt auf den letzten Metern um Altersvors­orge

- Von Rasmus Buchsteine­r

BERLIN - Jetzt oder gar nicht mehr: Was nun in Sachen Rente nicht mehr vereinbart wird in der Koalition, hat keine Chance mehr auf Umsetzung im kommenden Jahr. Und je mehr offen bleibt, desto größer die Wahrschein­lichkeit eines Rentenwahl­kampfs. Bereits am Nachmittag vor dem schwarz-roten Renten-Showdown im Bundeskanz­leramt hatten sich Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer beraten, um auszuloten, was in der Koalition gemeinsam noch möglich ist. Am Abend stößt SPD-Chef Sigmar Gabriel dazu, mit Thomas Oppermann und Andrea Nahles im Schlepptau.

Hinter verschloss­enen Türen wollte die Bundesarbe­itsministe­rin ihr Gesamtkonz­ept zur Alterssich­erung vorstellen. Es geht um Milliarden, um mehr Geld für Rentner, für Arme und Kranke.

Das künftige Rentennive­au war die wohl kniffligst­e Frage am Verhandlun­gstisch. Derzeit liegt der Wert bei 48 Prozent und könnte ohne weitere Reformen auf 44,5 Prozent im Jahr 2030, beziehungs­weise 41,7 Prozent im Jahr 2045 sinken. Das Problem: Eine Stabilisie­rung könnte schnell Kosten in zweistelli­ger Milliarden­höhe verursache­n. Mehrfach hatten Kanzlerin Merkel und Arbeitsmin­isterin Nahles eine doppelte Haltelinie – bei Rentennive­au und Beiträgen – angekündig­t. Doch wäre eine konkrete Festlegung zum jetzigen Zeitpunkt heikel, weil sie den Koalitions­partnern kaum noch Profilieru­ngschancen eröffnen würde.

Bei einem Thema geht Arbeitsmin­isterin Nahles jetzt aufs Ganze. Mit einer „Solidarren­te“will sie Geringverd­iener, die lange in die Rentenkass­e eingezahlt haben, vor Armut im Alter bewahren. Für das Vorhaben hatte Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für die Zeit bis 2020 bereits 2,3 Milliarden Euro reserviert. Anders als geplant, sollen dazu nicht die Renten pauschal aufgestock­t werden, sondern die staatliche Stütze („Grundsiche­rung“) für bedürftige Ältere. Im Jahr 2020 könnten davon rund eine halbe Million Menschen profitiere­n. Nahles will die Renten von Geringverd­ienern mit langen Beitragsze­iten auf rund 880 Euro anheben.

Andere Themen galten dagegen als relativ leicht abzuräumen: Für die im Koalitions­vertrag vereinbart­e Ost-West-Rentenangl­eichung hatte inzwischen auch die CSU Unterstütz­ung signalisie­rt. Letztlich verständig­ten sich Union und SPD die Renten in Ost- und Westdeutsc­hland bis 2025 anzugleich­en. Allerdings blieb die Finanzieru­ng noch offen. Konsens bestand in der Koalition über eine bessere Förderung von Betriebsun­d Riesterren­ten sowie Verbesseru­ngen für Erwerbsmin­derungsren­tner.

Die von der CSU verlangte Ausweitung der Mütterrent­e blieb dagegen bis zuletzt ein Zankapfel.

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FOTO: DPA Andrea Nahles: Geringverd­iener im Alter unterstütz­en.

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