Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wahlkampf Marke Seehofer
Belächeln und Verdruss – diese Reaktionen liegen nicht weit auseinander, wenn sich CSU-Chef Horst Seehofer zur Bundespolitik zu Wort meldet. Dass ihn das Thema Flüchtlinge umtreibt, ist in gewisser Weise verständlich. Immerhin hat Bayern im vergangenen Jahr Vorbildliches geleistet, als unsere österreichischen Nachbarn Tausende schutzsuchende Menschen direkt an die Grenze nach Deutschland weiterbefördert haben. Auch das Wort Obergrenze drang schon des Öfteren aus dem Munde des Ministerpräsidenten. Neu ist allerdings, dass er diese jetzt zur Bedingung für eine erneute Regierungsbeteiligung seiner Partei macht. Das wirkt stark, entschlossen, volksnah. Aber natürlich weiß auch Seehofer, dass eine Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtlingen ohne Änderung des Grundgesetzes nicht möglich und deshalb wenig wahrscheinlich ist. Was bezweckt er also damit?
Im besten Fall kann der CSUChef mit solchen Aussagen potenzielle AfD-Wähler an seine Partei binden. Der Druck zu agieren ist groß, seit Umfragen der CSU in Bayern den Verlust der absoluten Mehrheit vorhersagen. Zugleich erhöht er den Druck auf CDU-Chefin Angela Merkel, in der Flüchtlingspolitik den Willen der Wähler mehr als bislang zu erhören. Aber dass Seehofer nach der nächsten Bundestagswahl an seiner Forderung festhält, erscheint unwahrscheinlich. Hat er doch schon mehrfach unter Beweis gestellt, dass er für einen Platz am Regierungstisch bereit ist, Kröten zu schlucken.
c.kling@schwaebische.de