Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Doch keine Goldjungs
Aravind Adiga widmet zwei Cricketstars einen Roman
Aravind Adiga ist längst der wichtigste indische Autor der Gegenwart. In seinem neuen Roman „Golden Boy“bleibt er seinen bisherigen Themen treu. Er erzählt von Indiens dunklen Seiten: von Armut und sozialer Ungleichheit, von Homophobie und religiösem Hass, von den riesigen Unterschieden zwischen denen, die Erfolg haben und anderen, die im Slum groß werden. Anand Mehta aus Mumbai gehört zu den Erfolgreichen, Mohan Kumar zu denen, die nur davon träumen.
Kumar setzt seine ganze Hoffnung in seine beiden Söhne Radha Krishna und Manjunath, genannt Manju. Die beiden gelten als begabte Cricketspieler, als Ausnahmetalente, als zwei, die es bis ganz nach oben schaffen könnten.
Chance auf Reichtum Cricket, das ist in Indien mehr noch als Fußball in Deutschland ein Sport, der die Massen begeistert, in dem Millionen bewegt und erfolgreiche Spieler als Stars verehrt werden. Wer aus dem Slum kommt und beim Cricket zeigt, dass er es drauf hat, hat plötzlich doch eine Chance.
Anand Mehta schließt einen Vertrag mit Mohan Kumar. Er garantiert darin, die sportliche Karriere von Radha und Manju zu fördern und bekommt dafür von ihrem Vater ein Drittel aller künftigen Einnahmen seiner beiden Söhne zugesprochen. „Wenn einer von beiden diesen Vertrag bricht, dann möge Gott unseren Mund mit Würmern füllen“, lautet der pathetische Schlusssatz der Vereinbarung.
Aber der 42-jährige Adiga erzählt üblicherweise keine Geschichten von Glück und Erfolg, von Aufstieg und Triumph. Seine Romane sind illusionslos und ernüchternd. So geht es auch Radha und Manju in „Golden Boy“. Die Hoffnung, gefeierte Cricketstars zu werden, erfüllt sich nicht. Mit ihrem vom Ehrgeiz besessenen Vater zerstreiten sie sich.
„Golden Boy“hat genauso wenig ein Happy End wie Adigas Erstlingswerk „Der weiße Tiger“(2008), für den er den Booker-Preis bekommen hat. Der Autor erzählt in seinem neuen Roman so ungeschönt von Mumbais und Indiens Gegenwart wie in seinem ersten. So eindrucksvoll und temporeich wie bei seinem Debüt gelingt ihm das allerdings nicht.
Aravind Adiga: Golden Boy, C.H. Beck Verlag, München, 335 Seiten, 21,95 Euro.