Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Doch keine Goldjungs

Aravind Adiga widmet zwei Cricketsta­rs einen Roman

- Von Andreas Heimann, dpa

Aravind Adiga ist längst der wichtigste indische Autor der Gegenwart. In seinem neuen Roman „Golden Boy“bleibt er seinen bisherigen Themen treu. Er erzählt von Indiens dunklen Seiten: von Armut und sozialer Ungleichhe­it, von Homophobie und religiösem Hass, von den riesigen Unterschie­den zwischen denen, die Erfolg haben und anderen, die im Slum groß werden. Anand Mehta aus Mumbai gehört zu den Erfolgreic­hen, Mohan Kumar zu denen, die nur davon träumen.

Kumar setzt seine ganze Hoffnung in seine beiden Söhne Radha Krishna und Manjunath, genannt Manju. Die beiden gelten als begabte Cricketspi­eler, als Ausnahmeta­lente, als zwei, die es bis ganz nach oben schaffen könnten.

Chance auf Reichtum Cricket, das ist in Indien mehr noch als Fußball in Deutschlan­d ein Sport, der die Massen begeistert, in dem Millionen bewegt und erfolgreic­he Spieler als Stars verehrt werden. Wer aus dem Slum kommt und beim Cricket zeigt, dass er es drauf hat, hat plötzlich doch eine Chance.

Anand Mehta schließt einen Vertrag mit Mohan Kumar. Er garantiert darin, die sportliche Karriere von Radha und Manju zu fördern und bekommt dafür von ihrem Vater ein Drittel aller künftigen Einnahmen seiner beiden Söhne zugesproch­en. „Wenn einer von beiden diesen Vertrag bricht, dann möge Gott unseren Mund mit Würmern füllen“, lautet der pathetisch­e Schlusssat­z der Vereinbaru­ng.

Aber der 42-jährige Adiga erzählt üblicherwe­ise keine Geschichte­n von Glück und Erfolg, von Aufstieg und Triumph. Seine Romane sind illusionsl­os und ernüchtern­d. So geht es auch Radha und Manju in „Golden Boy“. Die Hoffnung, gefeierte Cricketsta­rs zu werden, erfüllt sich nicht. Mit ihrem vom Ehrgeiz besessenen Vater zerstreite­n sie sich.

„Golden Boy“hat genauso wenig ein Happy End wie Adigas Erstlingsw­erk „Der weiße Tiger“(2008), für den er den Booker-Preis bekommen hat. Der Autor erzählt in seinem neuen Roman so ungeschönt von Mumbais und Indiens Gegenwart wie in seinem ersten. So eindrucksv­oll und temporeich wie bei seinem Debüt gelingt ihm das allerdings nicht.

Aravind Adiga: Golden Boy, C.H. Beck Verlag, München, 335 Seiten, 21,95 Euro.

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