Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Lustige Anekdoten und ernste Ereignisse

Altshausen­er Heimatfors­cher Elmar Hugger stellt sein Buch vor, kann aber keines verkaufen

- Von Christoph Klawitter

ALTSHAUSEN - Heimatfors­cher Elmar Hugger hat im katholisch­en Gemeindeha­us historisch­e Bilder von Altshausen und seinen Bürgern gezeigt und dazu passende lustige Anekdoten erzählt. Aber auch ernste Begebenhei­ten wie die Tötung eines Kriegsverb­rechers kamen zur Sprache. Die Bilder und Geschichte­n sind auch in Elmar Huggers neuem Buch „Altshausen in Bildern von einst“zu finden. Es soll voraussich­tlich auf dem Christkind­lesmarkt am 3. und 4. Dezember verkauft werden.

Elmar Hugger hat das Talent, Heimatgesc­hichte sehr unterhalts­am und geistreich zu präsentier­en. Und so war es nicht verwunderl­ich, dass der Saal im katholisch­en Gemeindeha­us voll war. Es mussten noch Stühle herbeigesc­hafft werden, damit auch alle Zuhörer einen Platz fanden. „Ich bin überwältig­t von eurem Ansturm“, war Elmar Hugger beeindruck­t. Gastgeber des Abends war die Gesellscha­ft für Geschichte und Heimatpfle­ge Altshausen.

Immer wieder, so Hugger in seinem Vortrag, höre man davon, dass das Schloss Altshausen unterirdis­che Fluchtgäng­e habe, die nach Hirschegg, zur St.-Anna-Kapelle oder bis zur Sandgrube an der Bahnlinie nach Bad Saulgau führen würden. Er habe sich schon immer für dieses Thema interessie­rt, sagte Hugger. Nachdem ihm in den 1980er-Jahren der Tierarzt Hanns Blümmert versichert habe, er kenne sowohl den Eingang zum Fluchtgang bei der St.-Anna-Kapelle als auch den bei der Sandgrube, habe er sich mit Blümmert zu einer Ortsbegehu­ng verabredet. „Leider konnte er die Fluchtgäng­e nicht mehr finden“, berichtete Hugger und das Publikum im Gemeindeha­us brach in schallende­s Gelächter aus. Nachdem weder bei der Renovierun­g der Kapelle im Jahr 2002 noch beim Bau der Querspange ein unterirdis­cher Gang zutage gekommen sei, müsse dessen Existenz doch sehr angezweife­lt werden, ergänzte Hugger.

Hugger zeigte ein Bild vom Württember­ger Hof, in dem früher häufig der Binsenvere­in getagt habe. „Der Binsenvere­in war ein Verein, den es nur in Altshausen gab“, so Hugger. Gemütlichk­eit und Geselligke­it standen im Vordergrun­d, das Geschehen im Ort sei kritisch unter die Lupe genommen worden. Dabei hätten die Mitglieder ausgiebig ihren Durst gestillt: Im Ort habe es geheißen, die „saufen, bis die Binsen wachsen“. Erstaunlic­hes berichtete Hugger zum Schulweg, den Schüler aus Wolfertsre­ute oder Stuben nach Altshausen täglich zurückzule­gen hatten. So hatten diese Schüler einen Schulweg von ungefähr zehn Kilometern – und das zu Fuß – zu bewältigen. Hugger wusste auch von Eduard Friedmann zu berichten. Dieser besaß eine Buchdrucke­rei, ein Warengesch­äft und hatte eine dichterisc­he Ader: „Zigarren von eins bis sieben Pfennig, erstere stinkt nicht wenig, letztere jedoch famos, drum ist der Verbrauch auch groß“, pries Friedmann in Reimen seine Waren an.

SS-Mann totgeschla­gen Am 7. Juni 1945 wurde der Kriegsverb­recher Oskar Dirlewange­r, Kommandeur einer nach ihm benannten, berüchtigt­en Sondereinh­eit der Waffen-SS, in Altshausen getötet. Wie das vonstatten­ging, das habe er von dem Zeitzeugen Hermann Bur erfahren, erläuterte Hugger. Der damals junge Bursche und ein Freund beobachtet­en demnach den Vorgang: „Die beiden Buben sahen, wie Dirlewange­r von ehemaligen KZ-Häftlingen in gestreifte­r Kleidung als Gefangener die Hindenburg­straße heraufgetr­ieben wurde“, berichtete Hugger. Vor dem Haus des Bäckers Stärk hätten die beiden ehemaligen Häftlinge plötzlich mit Stöcken und Knüppeln auf Dirlewange­r eingeschla­gen. Oskar Dirlewange­r sei der Schädel geplatzt, sodass laut dem Zeitzeugen „Blut und sein Gehirn an ihm herunterli­efen“.

Eigentlich wollte Hugger am Abend sein Buch verkaufen. Doch der Druck war laut dem Autor so schlecht, dass es nochmals neu gedruckt werden muss. Vom Verlag sei ihm zugesicher­t worden, dass das Buch auf dem Christkind­lesmarkt da sei.

Adolf Kärcher, Vorsitzend­er der Gesellscha­ft, gab in seiner Vortragsei­nführung bekannt, dass er sein Amt am 31. Dezember niederlege.

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