Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Schicksals­tag für den Euro

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Angetreten als Wirtschaft­serneuerer, reibt sich Italiens Regierungs­chef seit Monaten im Kampf gegen zwei sich blockieren­de Parlaments­kammern auf. Bei seinen Reformen gegen Überschuld­ung und Wachstumss­chwäche ist Matteo Renzi seit seinem Amtsantrit­t kaum weitergeko­mmen. Das System hat sich als stärker erwiesen – und deshalb will es der 41-Jährige mit einem Referendum ändern.

Als Renzi die Abstimmung initiierte, lag die Zustimmung zu seiner Politik bei 80 Prozent – und er verknüpfte seine politische Zukunft mit dem Referendum. Derzeit liegen die Gegner der Verfassung­sänderung vorn – und Renzi nimmt seine Rücktritts­ankündigun­g mehr und mehr zurück. Dabei ist klar: Sollte das Referendum scheitern, entscheide­t sich die Zukunft des einstigen Hoffnungst­rägers nicht in Rom, sondern an den Finanzmärk­ten.

Die Kreditgebe­r des hochversch­uldeten Staates verlieren das Vertrauen in die Regierung. Ablesen lässt sich das an den Risikoaufs­chlägen italienisc­her Staatsanle­ihen. Italiens Finanzmini­ster muss Investoren inzwischen zwei Prozent Zinsen bieten, damit sie ihm zehnjährig­e Papiere abnehmen – das sind 1,8 Prozentpun­kte mehr, als Wolfgang Schäuble seinen Gläubigern in Aussicht stellt.

Setzt sich der Trend fort, kommen auf Rom große Probleme zu: Italien muss im Sommer 300 Milliarden seiner 1883 Milliarden Euro Staatsschu­lden durch neue Kredite ersetzen. Klettern die Zinsen weiter, wird die Refinanzie­rung erheblich teurer. Die Zinskosten entfernen sich noch weiter von der nominalen Wachstumsr­ate – und treiben die italienisc­he Staatsvers­chuldung noch weiter in die Höhe.

Eine Spirale, die damit enden könnte, dass Rom nicht mehr in der Lage ist, für seine Schulden Zins und Tilgung zu zahlen. Und die Rettung der fünftgrößt­en Volkswirts­chaft der Welt wäre selbst für den Euro-Rettungssc­hirm und die Europäisch­e Zentralban­k nicht zu stemmen. Das ohnehin seit langem immer weiter aufgeweich­te Regelwerk der Währungsun­ion hätte bei der Gesundung Italiens endgültig versagt.

Das Szenario wäre das Ende des Euro, wie wir ihn heute kennen.

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