Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
DHBW beschäftigt sich mit Altersrevolution
Symposium in Ravensburg zu „Perspektiven des demografischen Wandels“
RAVENSBURG (sz) - Die Menschen werden immer älter. Zusammen mit einer seit Jahrzehnten niedrigen Geburtenrate ist ein demografischer Wandel damit nicht aufzuhalten. Dieses Thema beschäftigte jetzt auch Referenten und Teilnehmer des Symposiums „Perspektiven des demografischen Wandels“an der DHBW Ravensburg. Organisiert wurde die Tagung an der DHBW Ravensburg vom Zentrum für empirische Kommunikationsforschung (ZEK).
Hauptredner bei der Veranstaltung war Horst W. Opaschowski, sein Credo ist ein optimistisches: „Es gibt überhaupt keinen Grund für Alterspessimismus. Wir werden nicht nur älter, sondern leben auch immer besser.“Horst W. Opaschowski ist Gründer und langjährige Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen, gilt als „Mr. Zukunft“und berät Wirtschaft und Politik. Seine Prognose: „Von den jetzt und heute Geborenen wird jeder Zweite 100 Jahre alt. Auf uns kommt eine Altersrevolution zu.“Opaschowski ist aber nicht nur Zukunftsforscher sondern auch ausgesprochener Optimist. Seiner Ansicht nach gibt es keinen Grund für Schreckensszenarien, „wir müssen aber Jungund Altsein neu definieren“.
Altersgrenze verschiebt sich Mit 60 Jahren und in Rente zählte man lange Jahre zum alten Eisen. Fragt man die Menschen heute, ab wann man alt ist, dann kommt man auf einen Wert von 76 Jahren – „die Altersgrenze hat sich verschoben“. Für Menschen im Ruhestand kann sich Opaschowski daher künftig vielfältige Aufgaben vorstellen – als Mentoren, Berater, im Ehrenamt und vieles mehr. „Wir müssen in diesem Bereich neu über den Sinn nachdenken“, so Opaschowski, der das in seinem neuen Buch „Das Abraham-Prinzip. Wir wie gut und lange leben“thematisiert.
Bei allem Optimismus kommt auf die Arbeitgeber eine gehörige Herausforderung zu, wie Prof. Dr. Ernst Deuer von der DHBW Ravensburg und Andreas Scheuermann von Fink & Fuchs Public Relations beleuchteten. In 20 Jahren, so die Prognose, fallen durch den demografischen Wandel immerhin neun Millionen Arbeitsplätze weg. Deuer und Scheuermann thematisierten die Arbeitgeberkommunikation, die sich künftig wohl noch stärker auf die Bewerber fokussieren muss. Deuer nannte ein Beispiel: Eine Umfrage unter Auszubildenden und DHBW-Studierenden fragte danach, wie angenehm sie ihre Bewerbungsform gefunden hatten. Bei den schriftlichen Bewerbungen lag der Wert bei 57 Prozent, online bei 36 Prozent. Potenzial für Personaler.
Und was bedeutet die Demografie für die Mediennutzung? Stefanie Best, Medienforschung ZDF, beruft sich auf eine Langzeitstudie und zieht als Fazit: „Das Fernsehen profitiert von einer alternden Gesellschaft.“Je älter die Menschen, desto mehr Stunden verbringen sie vor dem TV. Insgesamt bleiben TV und Radio die stärksten Medien, nur in der Altersklasse 14 bis 29 hat das Internet die Nase vorn.
Längst Einzug gehalten hat das Thema in die Produktentwicklung, das machte Siegfried Röck von Julius Blum in Höchst deutlich, die Firma tüftelt an pfiffigen Lösungen für Küchenhersteller. Die Produktentwickler müssen da schon mal im Alterssimulationsanzug zum Kochlöffel greifen, um sich in die Tücken des Alters hineinzudenken. „Die 100-Jährigen kommen“heißt es bei der Bayerischen München. Die Versicherung fotografierte in einer prämierten Kampagne 100-Jährige, „um auf das Thema Langlebigkeit aufmerksam zu machen“, so Konrad Häuslmeier.
Andreas Judt stellte das DHBWForschungsprojekt iCare vor. Es geht dabei um die Entwicklung von Assistenzsystemen für Menschen mit erhöhtem Hilfebedarf. Eine bereits weitgereifte Idee: Kleinstrechner an der Kleidung von an Demenz erkrankten Menschen sollen aufwändige Suchaktionen vermeiden.