Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Oberstadt-Agenda sieht falsche Prioritäte­n gesetzt

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RAVENSBURG (sz) - Die Ravensburg­er Oberstadt-Agenda nimmt in einem Schreiben Stellung zu dem SZArtikel „Stadt soll schöner, sauberer und sicherer werden“vom 30. November 2016.

In der Mitteilung der Agendagrup­pe heißt es: „Obwohl inzwischen jeder weiß, dass Luft eine elementare Lebensgrun­dlage ist und dass Luftversch­mutzung unsichtbar und gesundheit­sschädlich ist, wird weder von der Verwaltung noch vom Gemeindera­t eine Verantwort­ung ,der Fürsorge für diese Bürger‘ wahrgenomm­en. Es wurde auch nie ernstlich über das Ergebnis der letzten Einwohneru­mfrage nachgedach­t, in der der Innenstadt­verkehr, der überwiegen­d aus Durchgangs­verkehr besteht, als höchster Störfaktor genannt wurde.

Die Stadt beschließt Bauverdich­tungen in der Innenstadt, obwohl das Gutachten von Professor Roeckle davor wegen der schon vorhandene­n schlechten Durchlüftu­ng in der Innenstadt warnt. Zusätzlich kommen in nächster Zeit die Neubaugebi­ete mit Hunderten von Wohnungen außerhalb der Altstadt, mit dem entspreche­nden Abkürzungs­verkehr durch die Altstadt-Straßen, hauptsächl­ich Herren-, Kirch-, Markt- und Burgstraße dazu, die die jetzt schon schlechte Aufenthalt­squalität noch steigern. Genau dieser historisch­e Stadtteil wurde im Sanierungs­plan 1972 als ,besonders erhaltensw­ert‘ aufgeführt. Seit 1987 wird er wegen ökonomisch­er Interessen nur noch für den Umgehungsv­erkehr der ,Einkaufsac­hse‘ verwertet.

Unbeachtet und oft verachtet bleiben diejenigen, die den geschaffen­en Zustand ertragen müssen, der im vorliegend­en Gutachten von 2005 ausführlic­h beschriebe­n ist, und diejenigen, die einen vernachläs­sigten Altstadtte­il instand halten und hierfür noch einen ,Ausgleichs­betrag für eine sanierungs­bedingte Bodenwerts­teigerung‘ bezahlen mussten.

Anstatt einen unabhängig­en Verkehrspl­aner für die historisch­e Innenstadt einzusetze­n, verweist die Verwaltung auf einen ,Gesamtverk­ehrswegepl­an Mittleres Schussenta­l‘. Das soll heißen, dass die Oberstadt, ohne Rücksicht auf ihren historisch­en Hintergrun­d, der allgemeine­n Verkehrspl­anung zur Verfügung gestellt wird. Einem renommiert­en Stadtplane­r wie Jan Gehl würden sich in Ravensburg die Haare zu Berge stellen, wenn er die Prioritäte­nstellung wie Möblierung der Einkaufsac­hse, mit der sich die Verwaltung und der Gemeindera­t ausgiebig beschäftig­en, sehen könnte.“

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