Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
MTU-Betriebsrat kritisiert Beraterhonorare
Betriebsversammlung bei Rolls-Royce Power Systems in Friedrichshafen – Applaus für scheidenden Chef
FRIEDRICHSHAFEN - Teure Beraterhonorare, Ablehnungen beim freiwilligen Abfindungsprogramm, Umsatzdruck auf Vertriebsmitarbeiter: Thomas Bittelmeyer, Betriebsratschef von Rolls-Royce Power Systems, hat bei der Betriebsversammlung des Unternehmens einige heiße Themen angesprochen. Warren East, Chef des Mutterkonzerns Rolls-Royce, versicherte den 4100 Mitarbeitern, dass ein Verkauf des Häfler Motorenbauers kein Thema sei.
Als kleines Dankeschön für die Unterstützung verteilte der Betriebsrat nun Lebkuchenherzen an die Belegschaft. Ein Herz für Unternehmensberater hat Thomas Bittelmeyer (Freie Liste) jedoch nicht – das wurde gestern offensichtlich. Nach der Betriebsversammlung auf der Messe, zu der die Öffentlichkeit nicht zugelassen war, erklärte der Betriebsratschef in einem Pressegespräch, dass er in seiner Rede die Aktivitäten einer Unternehmensberatung bei Rolls-Royce Power Systems kritisiert hatte. „Die sind im Moment sehr aktiv bei uns unterwegs. Und sie tun so, als könnten sie alles besser“, sagte Bittelmeyer. Er kann der Beraterschar nichts abgewinnen, weil deren Rezepte stets dieselben seien: „Stellenabbau.“Der Gedanken an Unternehmensberater treibt ihn zuweilen gar in den Sarkasmus, verriet der Betriebsratschef. „Früher hieß das Thema Outsourcing. Jetzt heißt’s nur noch Sourcing. Sogar die drei Buchstaben haben sie weggespart.“Angesichts der fürstlichen Honorare – Bittelmeyer spricht von 20 bis 30 Millionen Euro pro Jahr – fragt er sich, warum Berater ins Haus geholt werden, wenn doch die eigenen Leute beweisen könnten, dass sie günstiger sind als externe Dienstleister. Als Beispiel hierfür nannte er die Abteilung PPF, die unter anderem für Gebäudemanagement zuständig ist.
Bittelmeyer sprach auch über das freiwillige Abfindungsprogramm, das vor Kurzem abgeschlossen wurde. 130 Mitarbeiter haben in den vergangenen Monaten das Unternehmen verlassen. Allerdings: Nicht jeder, der wollte, durfte auch gehen.
Von den 80 Ablehnungen seien laut Betriebsrat einige absolut nachvollziehbar, weil die Jobs unmittelbar hätten ersetzt werden müssen – was aber nicht möglich gewesen wäre. Bei rund 30 Ablehnungen sehen Bittelmeyer und seine Mitstreiter „eine Willkür von oben“. Wie sich dies auf die Motivation der Betroffenen – und auch deren Umfeld – auswirkt, könne wohl jeder nachvollziehen.
Trennung vom Vetriebschef Die jüngst vorgenommene Trennung vom Vetriebschef hallte bei der Betriebsversammlung auch nach. „Umsatzund Ergebnisziele bringen Mitarbeiter unter Druck“, stellte VizeBetriebsratschef Andreas Bemerl (Christliche Gewerkschaft Metall) fest. Die Folge sei, dass mancher Vertriebler in Gefahr gerate, im Bestreben nach zusätzlichem Umsatz Compliance-Richtlinien zu verletzen.
Durchaus positiv, berichtete Thomas Bittelmeyer, sei die Stippvisite von Warren East bei der Belegschaft aufgenommen worden. Zumal der Oberboss aus England versichert habe, dass ein Verkauf der Häfler Tochter – wie immer mal wieder kolportiert wird – in London überhaupt kein Thema sei.
Stehenden Applaus, heißt es vom Betriebsrat, habe der scheidende Vorstandvorsitzende Ulrich Dohle bekommen. „Mit den Themen, die er angestoßen hat, wird er noch eine Weile im Unternehmen präsent bleiben“, sagte Thomas Bittelmeyer.
Die „Schwäbische Zeitung“bemühte sich auch um eine Stellungnahme des Unternehmens – insbesondere zur Debatte um die Beraterhonorare. „Wir werden die Betriebsversammlung nicht kommentieren“, teilte jedoch ein Firmensprecher mit.