Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

SPD setzt Dobrindt unter Druck

Verkehrsmi­nister verteidigt die Maut gegen Kritik – Kanzlerin Merkel lobt Kompromiss

- Von Andreas Herholz und unseren Agenturen

BERLIN - Auch am Tag nach dem Kompromiss geht die Debatte um die deutsche Pkw-Maut weiter: Die CSU feiert den Durchbruch in Brüssel als Triumph, die Opposition spricht von einer „Lachnummer in ganz Europa“, Koalitions­partner SPD gibt sich skeptisch – und die Nachbarlän­der kündigen bereits Widerstand gegen die Einführung an. Die Niederland­e wollen vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f klagen. Auch Österreich, Belgien und Dänemark prüfen rechtliche Schritte.

Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt selbst feierte seinen Erfolg am Freitag im Bundestag. „Es steht fest, auch die Pkw-Maut kommt“, erklärte der CSU-Politiker in der Debatte über den Bundesverk­ehrswegepl­an und versichert­e: „Kein inländisch­er Autofahrer wird mehr belastet.“Linke und Grüne dagegen befürchten „ein Nullsummen­spiel“oder sogar „ein Minusgesch­äft“für den Bund. Am Ende werde es für Steuerzahl­er wie für Autofahrer teuer werden. Die Opposition drängt deswegen weiter darauf, die Einführung der Pkw-Maut zu stoppen.

Dass Dobrindts Mautplan doch noch Grünes Licht von der EU-Kommission erhält, ist wohl auch Kanzlerin Angela Merkel zu verdanken. Die CDU-Vorsitzend­e habe bei Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker dafür geworben, dass Brüssel seinen Widerstand aufgibt, heißt es in Kommission­skreisen. Merkel, die noch 2013 verkündet hatte, dass es mit ihr keine Pkw-Maut geben werde, begrüßte die Einigung am Freitag: Es sei gut, dass die EU-Kommission zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Abgabe europarech­tskonform sei, erklärte eine Sprecherin.

Jedoch läuft Dobrindt angesichts des Bundestags­wahlkampfe­s 2017 die Zeit davon. Noch vor Weihnachte­n will er einen neuen Entwurf für die „Infrastruk­turabgabe“in die regierungs­interne Abstimmung bringen. Für eine Neufassung der begleitend­en Kfz-Steuersenk­ung ist Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) zuständig. Dann muss das Paket durch Bundestag und Bundesrat.

Der Koalitions­partner hat jedoch schon klargemach­t, dass ein einfaches Durchwinke­n nicht zu erwarten ist. Die beiden Minister müssten sich jetzt zügig auf neue Gesetzentw­ürfe einigen, sagt SPD-Fraktionsv­ize Sören Bartol. Die würden dann genau geprüft. „Unsere Messlatte ist, dass es keine zusätzlich­en Belastunge­n für deutsche Autofahrer geben darf.“

Mit den Stimmen von Union und SPD gab der Bundestag am Freitag 270 Milliarden Euro für den Ausbau und die Sanierung von Straßen, Schienen- und Wasserwege­n bis 2030 frei. Dabei stuften die Abgeordnet­en mehrere Projekte höher ein als ursprüngli­ch vom Bundesverk­ehrsminist­erium vorgesehen. Im sogenannte­n „vordringli­chen Bedarf“sind nun auch der Ausbau der Gäubahn von Stuttgart nach Singen und eine neue Trasse für die B 311 im Landkreis Sigmaringe­n. SEITEN 2 & 4

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