Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
SPD setzt Dobrindt unter Druck
Verkehrsminister verteidigt die Maut gegen Kritik – Kanzlerin Merkel lobt Kompromiss
BERLIN - Auch am Tag nach dem Kompromiss geht die Debatte um die deutsche Pkw-Maut weiter: Die CSU feiert den Durchbruch in Brüssel als Triumph, die Opposition spricht von einer „Lachnummer in ganz Europa“, Koalitionspartner SPD gibt sich skeptisch – und die Nachbarländer kündigen bereits Widerstand gegen die Einführung an. Die Niederlande wollen vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. Auch Österreich, Belgien und Dänemark prüfen rechtliche Schritte.
Verkehrsminister Alexander Dobrindt selbst feierte seinen Erfolg am Freitag im Bundestag. „Es steht fest, auch die Pkw-Maut kommt“, erklärte der CSU-Politiker in der Debatte über den Bundesverkehrswegeplan und versicherte: „Kein inländischer Autofahrer wird mehr belastet.“Linke und Grüne dagegen befürchten „ein Nullsummenspiel“oder sogar „ein Minusgeschäft“für den Bund. Am Ende werde es für Steuerzahler wie für Autofahrer teuer werden. Die Opposition drängt deswegen weiter darauf, die Einführung der Pkw-Maut zu stoppen.
Dass Dobrindts Mautplan doch noch Grünes Licht von der EU-Kommission erhält, ist wohl auch Kanzlerin Angela Merkel zu verdanken. Die CDU-Vorsitzende habe bei Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker dafür geworben, dass Brüssel seinen Widerstand aufgibt, heißt es in Kommissionskreisen. Merkel, die noch 2013 verkündet hatte, dass es mit ihr keine Pkw-Maut geben werde, begrüßte die Einigung am Freitag: Es sei gut, dass die EU-Kommission zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Abgabe europarechtskonform sei, erklärte eine Sprecherin.
Jedoch läuft Dobrindt angesichts des Bundestagswahlkampfes 2017 die Zeit davon. Noch vor Weihnachten will er einen neuen Entwurf für die „Infrastrukturabgabe“in die regierungsinterne Abstimmung bringen. Für eine Neufassung der begleitenden Kfz-Steuersenkung ist Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zuständig. Dann muss das Paket durch Bundestag und Bundesrat.
Der Koalitionspartner hat jedoch schon klargemacht, dass ein einfaches Durchwinken nicht zu erwarten ist. Die beiden Minister müssten sich jetzt zügig auf neue Gesetzentwürfe einigen, sagt SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. Die würden dann genau geprüft. „Unsere Messlatte ist, dass es keine zusätzlichen Belastungen für deutsche Autofahrer geben darf.“
Mit den Stimmen von Union und SPD gab der Bundestag am Freitag 270 Milliarden Euro für den Ausbau und die Sanierung von Straßen, Schienen- und Wasserwegen bis 2030 frei. Dabei stuften die Abgeordneten mehrere Projekte höher ein als ursprünglich vom Bundesverkehrsministerium vorgesehen. Im sogenannten „vordringlichen Bedarf“sind nun auch der Ausbau der Gäubahn von Stuttgart nach Singen und eine neue Trasse für die B 311 im Landkreis Sigmaringen. SEITEN 2 & 4