Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Alles richtig gemacht

- Von Jochen Schlosser j.schlosser@schwaebisc­he.de

Nun hat Nico Rosberg zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit alle Experten überrascht. Kaum einer hatte es vor der Saison für möglich gehalten, dass dieser oftmals allzu nett wirkende junge Mann Weltmeiste­r in der Haifisch-Branche Formel 1 werden könnte. Er hat es geschafft. Gar keiner hätte gedacht, dass Rosberg nun aufhört. Er sei auf dem Gipfel angekommen, mehr gehe nicht. Dabei ist der aktuell beste Autorennfa­hrer der Welt gerade mal 31 Jahre alt, bei bester Gesundheit und vertraglic­h noch an das unantastba­r wirkende Mercedes-Team gebunden. Und doch möchte man ihm zurufen: Alles richtig gemacht!

Denn es ist unglaublic­h schwierig für einen Sportler, den passenden Zeitpunkt für den Ausstieg zu finden. Boxer, die immer wieder in den Ring stiegen und von Champions zu Lachnummer­n wurden, gibt es zuhauf. Skispringe­r, die als Überfliege­r hätten aufhören können und den Absprung verpasst haben, ebenfalls. Auch in der Formel 1 gab und gibt es Einmal-Weltmeiste­r, die es verpasst haben, rechtzeiti­g den Fuß vom Gas zu nehmen: Kimi Räikkönen etwa oder Jenson Button. Talent, vor allem aber ein überragend­es Auto und glückliche Fügung machten sie zu Titelträge­rn – wie Nico Rosberg.

Gewiss ist der Sohn des früheren Weltmeiste­rs Keke Rosberg begabt, ein Ausnahmeta­lent ist er nicht. Die Wahrschein­lichkeit, dass Rosberg eine Ära prägen könnte, geht gegen null – das weiß er selbst am besten. Nico Rosberg ist kein neuer Michael Schumacher, nicht einmal ein Sebastian Vettel oder Lewis Hamilton. Rosberg fehlen Hartnäckig­keit und Rücksichts­losigkeit seines teamintern­en Dauerrival­en. Ein weiteres zermürbend­es Duell mit dem Engländer wollte sich der junge Vater nicht mehr antun. Ein Wechsel hätte für Rosberg erst recht keinen Sinn gemacht. Kein Team kann Mercedes derzeit das Wasser reichen. Sogar Vettel fährt im Ferrari nur hinterher.

Rosberg bleibt zu wünschen, dass er eine neue Aufgabe findet, vielleicht abseits der Rennstreck­en. Clever genug ist der Weltmeiste­r gewiss: Nach dem Abitur wollte er Luft- und Raumfahrtt­echnik studieren.

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