Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Milliarden für Straße und Schiene
Bundestag segnet Verkehrswegeplan ab – Hohe Priorität für Gäubahn und B 311
RAVENSBURG/SIGMARINGEN - Ein 270-Milliarden-Euro-Paket für den Bau von Straßen, Schienen und Wasserwegen hat der Bundestag am Freitag beschlossen – ein Dreivierteljahr, nachdem Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) den ersten Entwurf für den Bundesverkehrswegeplan bis 2030 vorgestellt hat. Für die Region ergeben sich in der Endfassung einige Verbesserungen gegenüber der ursprünglichen Planung: So wird der Ausbau der Gäubahn doch weiter als „vordringlicher Bedarf“geführt. In diese Kategorie fällt nun auch eine neue Streckenführung der B 311 im Landkreis Sigmaringen.
Die Einstufung als „vordringlich“ist Voraussetzung dafür, dass ein Projekt realistische Chancen hat, bis 2030 verwirklicht zu werden. In diese Kategorie gehören bundesweit 1000 Verkehrsvorhaben. Allein in die Landkreise Sigmaringen, Biberach und Ravensburg fließt zusammengenommen gut eine Milliarde Euro für 97,2 Straßenkilometer, wie der Biberacher Bundestagsabgeordnete Martin Gerster (SPD) mitteilt.
20 Minuten schneller nach Zürich Für den Ausbau der Gäubahn plant der Bund rund eine halbe Milliarde Euro ein. Die Verbindung von Stuttgart nach Singen ist ein wichtiger Zubringer für die weitere Route in die Schweiz und nach Italien. Mit Investitionen in die Trasse und mit Neigezügen könnte die Fahrzeit zwischen Stuttgart und Zürich laut einem vom Land vorgelegten Gutachten um rund 20 Minuten verkürzt werden. Im ersten Entwurf des Bundesverkehrswegeplans war das Projekt nicht im „vordringlichen Bedarf“– das heißt, der Ausbau hätte sich hinziehen können.
„Wir sind froh, dass es uns mit vereinten Kräften gelungen ist, die Gäubahn wieder in den vordringlichen Bedarf zu bringen“, teilte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) am Freitag mit. Es dürfe nicht noch einmal passieren, dass 15 Jahre nichts geschehe. „Wir bestehen auf eine baldige Realisierung.“
Der baden-württembergische CDU-Landesgruppenchef im Bundestag, Andreas Jung aus Konstanz, sieht jetzt die Bahn in der Pflicht: „Der Bund hat nun getan, was er tun konnte. Und er hat klargemacht, es scheitert nicht am Geld“, teilten Jung und der Ludwigsburger CDUVerkehrsexperte Steffen Bilger mit. Die Bahn müsse jetzt die Planungen vorantreiben und die Weichen für Neigetechnik stellen. Derzeit verfügt die Bahn nicht über Neigetechnik-Züge, die für die anvisierte Fahrzeitverkürzung unerlässlich sind.
Hochgestuft haben die Bundestagsabgeordneten außerdem eine neue Streckenführung der B 311 im Landkreis Sigmaringen. Die sogenannte Nordtrasse soll acht Gemeinden vom Durchgangsverkehr mehrerer Bundesstraßen entlasten. Zwischen Mengen, Sigmaringen und Meßkirch soll der Verkehr auf zwei Straßen gebündelt werden. Da das Raumordnungsverfahren und das Linienbestimmungsverfahren bereits abgeschlossen sind, können die Planungen nun zügig fortgesetzt werden. In den vergangenen Jahren ruhten sie, weil das Straßenbauprojekt 2003 in den sogenannten „weiteren Bedarf“des Bundesverkehrswegeplans – also eine Kategorie mit niedrigerer Priorität – zurückgestuft wurde.
Raus aus dem „Verkehrsschatten“Nach Angaben der Sigmaringer Landrätin Stefanie Bürkle (CDU) ist die Finanzierung des 106 Millionen Euro teuren Projekts gesichert. Sie hofft darauf, dass in den nächsten zehn bis 15 Jahren gebaut werden kann. Die im „Verkehrsschatten“liegenden Gemeinden im Landkreis Sigmaringen setzen auf den Bau mehrerer Ortsumfahrungen entlang der B 311, die jetzt im Straßenbauplan alle mit hoher Priorität versehen sind. So würde sich die Fahrzeit in Richtung Ulm/München merklich reduzieren.
Grundsatzkritik der Grünen Aus Sicht der Grünen in Land und Bund setzt der Bundesverkehrswegeplan die falschen Schwerpunkte. Für den Schienenverkehr werde im Vergleich zur Straße zu wenig Geld bereitgestellt. „Leider setzt SchwarzRot mit dem Bundesverkehrswegeplan 2030 insgesamt die Straßenbaupolitik der 1960er-Jahre fort“, kritisiert die Ravensburger Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger (Grüne).
Landesverkehrsminister Hermann vermisst im Bundesverkehrswegeplan unter anderem Geld für den Ausbau von Hochrheinbahn, Bodenseegürtelbahn, Zollernbahn und Brenzbahn.