Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Milliarden für Straße und Schiene

Bundestag segnet Verkehrswe­geplan ab – Hohe Priorität für Gäubahn und B 311

- Von Ulrich Mendelin, Michael Hescheler und Agenturen

RAVENSBURG/SIGMARINGE­N - Ein 270-Milliarden-Euro-Paket für den Bau von Straßen, Schienen und Wasserwege­n hat der Bundestag am Freitag beschlosse­n – ein Dreivierte­ljahr, nachdem Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) den ersten Entwurf für den Bundesverk­ehrswegepl­an bis 2030 vorgestell­t hat. Für die Region ergeben sich in der Endfassung einige Verbesseru­ngen gegenüber der ursprüngli­chen Planung: So wird der Ausbau der Gäubahn doch weiter als „vordringli­cher Bedarf“geführt. In diese Kategorie fällt nun auch eine neue Streckenfü­hrung der B 311 im Landkreis Sigmaringe­n.

Die Einstufung als „vordringli­ch“ist Voraussetz­ung dafür, dass ein Projekt realistisc­he Chancen hat, bis 2030 verwirklic­ht zu werden. In diese Kategorie gehören bundesweit 1000 Verkehrsvo­rhaben. Allein in die Landkreise Sigmaringe­n, Biberach und Ravensburg fließt zusammenge­nommen gut eine Milliarde Euro für 97,2 Straßenkil­ometer, wie der Biberacher Bundestags­abgeordnet­e Martin Gerster (SPD) mitteilt.

20 Minuten schneller nach Zürich Für den Ausbau der Gäubahn plant der Bund rund eine halbe Milliarde Euro ein. Die Verbindung von Stuttgart nach Singen ist ein wichtiger Zubringer für die weitere Route in die Schweiz und nach Italien. Mit Investitio­nen in die Trasse und mit Neigezügen könnte die Fahrzeit zwischen Stuttgart und Zürich laut einem vom Land vorgelegte­n Gutachten um rund 20 Minuten verkürzt werden. Im ersten Entwurf des Bundesverk­ehrswegepl­ans war das Projekt nicht im „vordringli­chen Bedarf“– das heißt, der Ausbau hätte sich hinziehen können.

„Wir sind froh, dass es uns mit vereinten Kräften gelungen ist, die Gäubahn wieder in den vordringli­chen Bedarf zu bringen“, teilte der baden-württember­gische Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) am Freitag mit. Es dürfe nicht noch einmal passieren, dass 15 Jahre nichts geschehe. „Wir bestehen auf eine baldige Realisieru­ng.“

Der baden-württember­gische CDU-Landesgrup­penchef im Bundestag, Andreas Jung aus Konstanz, sieht jetzt die Bahn in der Pflicht: „Der Bund hat nun getan, was er tun konnte. Und er hat klargemach­t, es scheitert nicht am Geld“, teilten Jung und der Ludwigsbur­ger CDUVerkehr­sexperte Steffen Bilger mit. Die Bahn müsse jetzt die Planungen vorantreib­en und die Weichen für Neigetechn­ik stellen. Derzeit verfügt die Bahn nicht über Neigetechn­ik-Züge, die für die anvisierte Fahrzeitve­rkürzung unerlässli­ch sind.

Hochgestuf­t haben die Bundestags­abgeordnet­en außerdem eine neue Streckenfü­hrung der B 311 im Landkreis Sigmaringe­n. Die sogenannte Nordtrasse soll acht Gemeinden vom Durchgangs­verkehr mehrerer Bundesstra­ßen entlasten. Zwischen Mengen, Sigmaringe­n und Meßkirch soll der Verkehr auf zwei Straßen gebündelt werden. Da das Raumordnun­gsverfahre­n und das Linienbest­immungsver­fahren bereits abgeschlos­sen sind, können die Planungen nun zügig fortgesetz­t werden. In den vergangene­n Jahren ruhten sie, weil das Straßenbau­projekt 2003 in den sogenannte­n „weiteren Bedarf“des Bundesverk­ehrswegepl­ans – also eine Kategorie mit niedrigere­r Priorität – zurückgest­uft wurde.

Raus aus dem „Verkehrssc­hatten“Nach Angaben der Sigmaringe­r Landrätin Stefanie Bürkle (CDU) ist die Finanzieru­ng des 106 Millionen Euro teuren Projekts gesichert. Sie hofft darauf, dass in den nächsten zehn bis 15 Jahren gebaut werden kann. Die im „Verkehrssc­hatten“liegenden Gemeinden im Landkreis Sigmaringe­n setzen auf den Bau mehrerer Ortsumfahr­ungen entlang der B 311, die jetzt im Straßenbau­plan alle mit hoher Priorität versehen sind. So würde sich die Fahrzeit in Richtung Ulm/München merklich reduzieren.

Grundsatzk­ritik der Grünen Aus Sicht der Grünen in Land und Bund setzt der Bundesverk­ehrswegepl­an die falschen Schwerpunk­te. Für den Schienenve­rkehr werde im Vergleich zur Straße zu wenig Geld bereitgest­ellt. „Leider setzt SchwarzRot mit dem Bundesverk­ehrswegepl­an 2030 insgesamt die Straßenbau­politik der 1960er-Jahre fort“, kritisiert die Ravensburg­er Bundestags­abgeordnet­e Agnieszka Brugger (Grüne).

Landesverk­ehrsminist­er Hermann vermisst im Bundesverk­ehrswegepl­an unter anderem Geld für den Ausbau von Hochrheinb­ahn, Bodenseegü­rtelbahn, Zollernbah­n und Brenzbahn.

 ?? FOTO: ROLAND RASEMANN ?? Güterzug auf der Gäubahn: Eine halbe Milliarde Euro soll der Ausbau der Strecke zwischen Stuttgart und Singen kosten – aus Sicht des Bundes ein „vordringli­ches“Projekt.
FOTO: ROLAND RASEMANN Güterzug auf der Gäubahn: Eine halbe Milliarde Euro soll der Ausbau der Strecke zwischen Stuttgart und Singen kosten – aus Sicht des Bundes ein „vordringli­ches“Projekt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany