Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Verheiratet mit dem Militär
James Mattis soll unter dem zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump Verteidigungsminister werden
WASHINGTON - Wenn es stimmt, was Donald Trump vor Kurzem in der Redaktion der „New York Times“sagte, dann war es der designierte US-Verteidigungsminister James Mattis, der ihn davon abbrachte, im Umgang mit Terrorverdächtigen zu den Folterpraktiken der Ära von George W. Bushs zurückzukehren. Im Wahlkampf hatte Trump getönt, dass er Waterboarding, die Methode des simulierten Ertrinkens, für zu harmlos halte. Um seinen Sinneswandel zu begründen, zitierte er Mattis. „Er sagte: Ich habe die Erfahrung gemacht, gebt mir eine Packung Zigaretten und ein paar Bier, damit erreiche ich mehr als mit Foltern.“
Werbung für das Schlachtross Da war der pensionierte Viersternegeneral schon in der engeren Wahl für den Posten des Verteidigungsministers, und Trump machte Werbung für ein Schlachtross, das schon anders geklungen hatte. 2005 etwa sorgte Mattis bei einer Podiumsdiskussion für Aufsehen, als er in drastischer Sprache von einem Einsatz gegen die Taliban in Afghanistan erzählte. „Du hast es mit Leuten zu tun, die Frauen seit fünf Jahren schlagen, weil sie früher keinen Schleier getragen haben“, sagte er. Solche Leute hätten ohnehin keine Männerehre mehr im Leib, also mache es einen Höllenspaß, auf sie zu schießen.
Dafür kassierte er eine offizielle Rüge, was seiner Karriere gleichwohl keinen Abbruch tat. 2010 beförderte ihn Barack Obama zum Befehlshaber des Central Command, des für Nahost und Zentralasien zuständigen Zentralkommandos der amerikanischen Streitkräfte. Drei Jahre darauf trat Mattis in den Ruhestand. Vorausgegangen waren Reibereien mit dem Weißen Haus, das einen Interessenausgleich mit Iran anstrebte, während der Falke in Uniform davor warnte. Im April 2016 folgte der verzweifelte Versuch neokonservativer Strategen, ihn als Kandidaten für die Präsidentschaft zu mobilisieren. Als Unabhängiger sollte er Trump, der all seinen Rivalen im Vorwahlrennen davongezogen war, Paroli bieten. Mattis ließ, zumindest nach außen, kein Interesse erkennen.
Dem ruppigen Bauunternehmer aus New York soll imponiert haben, dass sich sein designierter Verteidigungsminister gern undiplomatisch ausdrückt. In der Sache plädiert der 66-Jährige genau wie Trump dafür, mit Ländern wie Iran härter umzuspringen. Das iranische Regime, dozierte er im April vor Gelehrten eines Thinktanks, bilde auf lange Sicht die größte Gefahr für die Stabilität im Mittleren Osten. Obama sei naiv, wenn er das anders sehe. Zugleich kritisierte er republikanische Hardliner dafür, dass sie vom nächsten Präsidenten verlangen, den Atomdeal mit Teheran aufzukündigen. „Wir sollten anerkennen, dass wir ein unvollkommenes Rüstungskontrollabkommen haben“, sagte der Ex-General. Man habe Zeit gewonnen, die Nuklearambitionen der Iraner jedoch nicht gestoppt. Im Jahr zuvor, bei einer Anhörung im Kongress, hatte er der Regierung Obama vorgeworfen, mit einer Politik der Abkopplung vom Nahen Osten zum Aufstieg islamistischer Extremisten beigetragen zu haben.
Seine markigen Sprüche trugen Mattis einen unzweideutigen Spitznamen ein, „Mad Dog“(Verrückter Hund). Sein zweiter, „Warrior Monk“(Kriegermönch), spielt darauf an, dass der lebenslange Junggeselle gewissermaßen mit dem Militär verheiratet ist. 1969 ging er zur Marineinfanterie, der schnellen Eingreiftruppe der USA. Im Golfkrieg des Jahres 1991 befehligte er ein Bataillon, das als eines der ersten in Kuwait einmarschierte, um das von Truppen Saddam Husseins besetzte Land zu befreien. Im Herbst 2001, kurz nach den Terror-Anschlägen des 11. September, landete eine Einheit unter seinem Kommando in der Nähe von Kandahar, der Hochburg der Taliban im Süden Afghanistans.
Eroberer und Stratege 2004 organisierte Mattis die Offensive zur Rückeroberung Fallujas, eine der blutigsten Schlachten des Feldzuges im Irak. Später feilte er neben David Petraeus an einer Strategie, die dem Aufstand der irakischen Sunniten die Spitze nehmen sollte, indem sich die Amerikaner mit den Rebellen verbündeten, um gemeinsam gegen den Al-Qaida-Ableger im Zweistromland zu kämpfen.
Bevor Mattis sein Amt antreten kann, muss der Kongress eine Ausnahme beschließen. Getreu dem Prinzip, dass Zivilisten das Militär kontrollieren und nicht umgekehrt, darf ein US-General erst dann Verteidigungsminister werden, wenn seit seiner Demission zehn Jahre vergangen sind. Bei Mattis sind es vier.