Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Perfide Anmache im Netz
Prozessauftakt: Mann soll zwölfjährigen Jungen über das Internet geködert und missbraucht haben
DÜSSELDORF (dpa/sz) - In Düsseldorf hat der Prozess gegen einen Mann begonnen, der im Onlinespiel „Minecraft“Kontakt zu einem Zwölfjährigen aufgenommen und ihn später missbraucht haben soll. Der 35-Jährige steht wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs vor dem Landgericht. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
Um was geht es in dem Prozess? Angeklagt ist ein Mann aus Düsseldorf, der sich via Internet das Vertrauen eines Jungen in der Schweiz erschlich – ein Fall von „Cyber Grooming“. Der 35-Jährige überredete das Kind, ihn zu besuchen. Im Juni traf sich der Junge mit seiner Online-Bekanntschaft. Acht Tage später holte ihn eine Spezialeinheit der Polizei aus der Wohnung des 35-Jährigen in Düsseldorf. Der Junge war zuvor vermisst gemeldet. Drei Verhandlungstage sind angesetzt. Dem Angeklagten droht eine hohe Haftstrafe.
Was ist „Cyber Grooming“? Beim sogenannten „Cyber Grooming“machen sich Erwachsene im Internet mit sexuellen Absichten an Kinder und Jugendliche heran. Der Begriff „grooming“bedeutet im Deutschen „anbahnen“oder „vorbereiten“. Die Täter geben sich in sozialen Netzwerken und Chat-Foren oft jünger aus als sie sind, bauen mit Schmeicheleien Vertrauen auf und belästigen ihre Opfer dann sexuell. Sie sprechen über Liebe und Sex und überreden ihre Opfer oft, ihnen intime Informationen oder Fotos zu schicken. Dann machen die Pädophilen mit der Drohung Druck, die Bilder im Umfeld des Betroffenen zu verbreiten und stellen weitere Forderungen. Oft versuchen sie, das Opfer zu einem persönlichen Treffen zu zwingen, bei dem sie es dann sexuell missbrauchen. Die strafrechtlichen Folgen regelt Paragraf 176 des Strafgesetzbuches.
Was hat es mit „Minecraft“auf sich und wie konnte der Verdächtige es für seine Zwecke nutzen? „Minecraft“gehört mit mehr als 100 Millionen verkauften Exemplaren zu den erfolgreichsten Videospielen weltweit. Das Prinzip ist relativ einfach: In einer 3-D-Welt aus würfelförmigen Blöcken können sich die Spieler frei bewegen. Mit Werkzeugen und Rohstoffen schmieden sie neue Blöcke, die sie dann auf der Karte platzieren können. Das kreative Erstellen von Gebäuden oder Landschaften steht dabei im Vordergrund. In einem großen Projekt baute eine Gruppe beispielsweise die Welt der Serie „Game of Thrones“nach. Aufgrund seines recht simplen Prinzips und der gleichzeitig großen Freiheiten ist das Spiel vor allem bei Jugendlichen beliebt. Dabei dient das Spiel auch als Chat-Plattform. Im Mehrspieler-Modus können sich die Spieler über Server virtuell treffen, miteinander kommunizieren und an Projekten arbeiten. Jeder kann so einen Server betreiben und Freunde dorthin einladen. Der Verdächtige bot dem Jungen als Administrator Vergünstigungen an und kam im Chat mit ihm ins Gespräch.
Was können Kinder und ihre Eltern tun, um sich gegen „Cyber Grooming“zu wehren? Kinder können sich vor Übergriffen im Netz schützen, indem sie Unbekannten keine persönlichen Daten und Informationen preisgeben. Zudem sollten sie Fantasienamen verwenden und keine Geheimnisse über sich verraten. Kommt ihnen etwas seltsam vor, brechen sie den Kontakt am besten ab. Eltern sollten mit ihren Kindern im Gespräch bleiben und klare Regeln für Computerspiele festlegen. Sie sollten wissen, wo ihr Kind sich im Netz bewegt und den Nachwuchs auch über die Gefahren aufklären, die im Netz lauern.