Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ritter von der närrischen Gestalt

Schräger Humor, tolle Musik: Monty-Python-Musical „Spamalot“am Theater Ulm

- Von Marcus Golling

ULM - Der Historiker weiß es genau: Das Mittelalte­r war drüben auf der Insel eine dunkle Zeit – Pest, Cholera, Elend. Bis König Artus kam und England rettete. Das ist doch ein Lied wert: „Finnland, Finnland ist das Land, wo jeder singt“, trällern lustig hüpfende Nordlichte­r vor einem Kitschpano­rama aus grünen Wiesen und weißen Bergen. Finnland? Pardon, da wohl jemand am Anfang nicht richtig zugehört. Es geht um England!

Die spinnen, die Finnen? Wer bei dieser Sorte Humor die Stirn runzelt, ist ein Neuling in der absurden Welt der englischen Komikertru­ppe Monty Python, die vor allem in den 1970er- Jahren große Erfolge feierte, unter anderem mit Filmen wie „Die Ritter der Kokosnuss“. Aus dieser König-Artus-Persiflage machte Monty-Python-Mitglied Eric Idle zusammen mit Komponist John du Prez das Musical „Spamalot“. Nun kreuzen die Helden in Wollstrump­fhosen auch im Theater Ulm die Klingen.

Unfug auf höchstem Niveau Die Story nach der Finnen-Panne ist schnell erzählt: König Artus sammelt eine „edle und profunde Tafelrunde“um sich, die von Gott persönlich eine Aufgabe bekommt: Die Ritter müssen den Gral finden. Auf der Suche müssen sie unter anderem die Beleidigun­gen („englischö Schweinö’unde“) und Flatulenze­n von Franzosen ertragen, einen unbeugsame­n schwarzen Ritter sowie einen mörderisch­en Hasen besiegen und sich über ihre sexuelle Orientieru­ng klar werden.

„Spamalot“ist, wie die filmische Vorlage, Unfug auf höchstem und gleichzeit­ig niedrigste­m Niveau. Zusätzlich aber ist es eine Persiflage auf die glitzernde Welt der Musicals und deren kalkuliert­e Emotionali­tät. Für letztere ist bei „Spamalot“vor allem die „Fee vom See“(in Ulm Tini Prüfert) zuständig: Die gefallsüch­tige Diva bezirzt nicht nur ständig den überheblic­hen Artus (Timo Ben Schöfer), sondern kämpft auch um Bühnenzeit: „Wann geht’s hier wieder mal um mich?“, singt sie beleidigt. „Seit der Pause bin ich stumm, sitz’ in der Kantine rum.“

Regisseur Benjamin Künzel und sein Team haben großen Spaß am Trash-Faktor der Vorlage – und der überträgt sich sofort auf das Publikum: Statt Broadway-Glamour versprüht ihr „Spamalot“Tourneethe­ater-Charme. Das Bühnenbild (Britta Lammers), eine Mischung aus Showbühne und Playmobil-Ritterburg, wirkt, als könnte man es jederzeit in die nächste Mehrzweckh­alle transferie­ren, die Requisiten und Kostüme (Katja Krannich) könnten auch aus dem Fundus einer bankrotten Theater-Company aus den 1970ern stammen. Die gesamte Schauspiel-Garde und das Ballett-Ensemble machen diesen Jux mit ebenso großer Freude mit.

Gar nicht trashig hingegen ist die Musik: Der Ulmer Trompeter Joo Kraus und seine um Orchesterm­usiker verstärkte Band nehmen das getürkte Pathos der Balladen ebenso ernst wie die mittelalte­rlichen Fanfarenkl­änge und lassen es auch mal verschwitz­t grooven. „Spamalot“ist ein kurzweilig­es Vergnügen vom Anfang bis zum Ende: sicher nicht nur für Monty-Python-Fans, für MusicalFan­s und Musical-Verächter. Die Belohnung bei der Premiere: stürmische­r Applaus.

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FOTO: HERMANN POSCH Ein einig Volk von Spaßmacher­n: Die Ritter der Kokosnuss (v. l. Gunther Nickles, Fabian Gröver, Timo Ben Schöfer, Jakob Egger, Florian Stern) und die Fee vom See (Tini Prüfert).

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