Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Schwierige Tage

DOSB-Präsident Alfons Hörmann will heute die umstritten­e Spitzenspo­rtreform auf den Weg bringen

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MAGDEBURG (dpa) - Die Unterstütz­ung von höchster Stelle bleibt Alfons Hörmann versagt. Wenn der umstritten­e Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s am Samstag auf der 13. Mitglieder­versammlun­g in Sachsen-Anhalt die viel diskutiert­e Spitzenspo­rtreform auf den Weg bringen will, wird ihm Thomas de Maizière (CDU) nicht zur Seite stehen. Der Innenminis­ter weilt im Rheinland bei der Beerdigung des verstorben­en Bundestags­Vizepräsid­enten Peter Hintze.

Überzeugun­gsarbeit muss de Maizière ohnehin nicht mehr leisten, die Reform wird mit großer Mehrheit abgesegnet. Das war bereits das einstimmig­e Ergebnis auf der DOSBPräsid­iumssitzun­g am Donnerstag, an der auch 15 Vertreter der Spitzenver­bände teilgenomm­en hatten. Eine andere Wahl haben die Vertreter des Sports ohnehin nicht. Eine signifikan­te Erhöhung der Spitzenspo­rtförderun­g von derzeit 167 Millionen Euro gibt es nur, wenn die Reform auch kommt.

Doch de Maizière hätte sich ganz sicher kritische Stimmen anhören müssen, denn der Unmut über die Reform ist groß. Vom BMI und DOSB waren die Verbände quasi vor vollendete Tatsachen gestellt worden. So lag am Donnerstag nicht einmal die Beschlussv­orlage vor, über die heute in großer Runde abgestimmt werden soll. Es gehe noch um letzte Formulieru­ngen, sagte Hörmann.

Reck-Olympiasie­ger Fabian Hambüchen begrüßte die bevorstehe­nde Reform, forderte aber einen stärkeren Dialog mit den Sportlern. „Die Funktionär­e brauchen die Sicht der Athleten. Es reicht nicht, wenn man nur zwischen DOSB und BMI verhandelt, wie man die Gelder einsetzt“, sagte der 29 Jahre alte Turnstar. Die Athleten forderte der Wetzlarer auf, stärker ihre Interessen zu artikulier­en. Und wenn es jetzt heiße: „Weniger Erfolge, also weniger Förderung – dann wird es schwierig. Es wird bestimmt nicht besser, wenn sie den Schwimmern in Zukunft weniger Förderung geben“, sagte er.

30 Prozent mehr Medaillen – in Rio waren es 42, davon 17 goldene – lautet der Wunsch von de Maizière. Dafür soll das System auf Erfolg getrimmt werden. Durch ein Potenziala­nalysesyst­em (Potas) werden Sportler und Diszipline­n zukünftig in drei „Cluster“eingeteilt und nach ihren Erfolgsaus­sichten in den nächsten vier bis acht Jahren bewertet. Hambüchen kritisiert­e das, denn es gehe „um Menschen und nicht um Maschinen. Und wenn dann über Computerpr­ogramme irgendetwa­s analysiert wird, tue ich mich damit schwer.“

Hörmann hat seit seinem Amtsantrit­t 2013 schon ruhigere Zeiten erlebt. Denn nicht nur die Reform, auch er selbst steht in der Kritik. Erst in der vergangene­n Woche hatte er den Unmut der Athleten auf sich gezogen, als er auf der Bundespres­sekonferen­z aus einem sogenannte­n Manifest zitiert hatte, wonach eine Umfrage unter 500 Sportlern eine 95prozenti­ge Zustimmung zur Reform ergeben habe. Das sei falsch rübergekom­men, betonte Hörmann nun und stellte klar, dass es eine Umfrage zur Reform unter den Athleten nicht gegeben habe. Er habe die Werte aus einer Marketingk­ampagne abgeleitet.

Es war aber nicht der einzige Punkt, den Hörmann geraderück­en musste. Auch in Sachen Traineraka­demie sei die Kommunikat­ion „verbesseru­ngswürdig“. Der DOSB fordert den Rückzug von Thomas Weikert, dem Vorsitzend­en der Traineraka­demie, und will ihn durch DOSB-Sportchef Dirk Schimmelpf­ennig ersetzen. Der Vorgang hatte für einige Nebengeräu­sche gesorgt und Kritik an Hörmanns Führungsst­il aufkommen lassen. Der witterte eine Kampagne gegen sich.

Am Samstag wird sich zeigen, wie sehr Hörmann das Wahlvolk überzeugen kann. „Ich glaube, er hat seinem Ansehen schweren Schaden zugefügt. Ich mag keine Prognosen abgeben, wie sich das auf die Zukunft auswirkt“, sagte Clemens Prokop. Nicht nur der gewohnt kritische Präsident des Deutschen Leichtathl­etikVerban­des hat so seine Probleme mit dem Präsidente­n. „Alfons Hörmann hat gerade einen schweren Stand, auch weil er unnötige Stockfehle­r begangen hat“, sagte Judo-Chef Peter Frese: „Aber auch ein Präsident darf mal Fehler machen – er sollte sie nur zugeben.“

Über Hörmann wird heute aber nicht abgestimmt, sondern über die Reform, die nach Übergangsj­ahren 2019 greifen und spätestens bei den Sommerspie­len 2024 erste Erfolge bringen soll.

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FOTO: DPA Entspannt ist anders: DOSB-Präsident Alfons Hörmann.

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