Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Kauf bricht Miete nicht“

Wenn ein Mietshaus den Eigentümer wechselt, ist das für Bewohner in der Regel kein Grund zur Besorgnis

- Von Sabine Meuter

Wenn ein Eigentümer­wechsel bei einem Mietshaus ansteht, dann löst das bei den Mietern nicht selten Unbehagen aus. Doch die Befürchtun­g, dass der Wechsel negative Auswirkung­en auf das bestehende Mietverhäl­tnis hat, ist in vielen Fällen unbegründe­t. Denn grundsätzl­ich gilt der im Bürgerlich­en Gesetzbuch (Paragraph 566) verankerte Grundsatz: „Kauf bricht Miete nicht“. Mit anderen Worten: Das Mietverhäl­tnis besteht unveränder­t fort, der Erwerber des Gebäudes tritt an die Stelle des Vermieters.

Das heißt also: „Für den Mieter ändert sich außer der Person des Vertragspa­rtners nichts – sofern Vermieter und Veräußerer identisch sind“, erklärt die Juristin Annett Engel-Lindner vom Immobilien­verband Deutschlan­d (IVD) in Berlin. Mit der Eintragung ins Grundbuch wird der Erwerber des Hauses Eigentümer und damit Vermieter – nun kann er Mietforder­ungen stellen. „Der bisherige Vermieter kann aber auch erklären, dass die Mietzahlun­gen schon vor Eintragung ins Grundbuch an den Erwerber zu zahlen sind.“

Bei Zweifel über Mietempfän­ger rechtzeiti­g beraten lassen Es gibt aber auch Fälle, in denen sich Verkäufer und Erwerber nicht einig sind, an wen die Miete zu zahlen ist. „In solchen Fällen sollte die Miete bei der Hinterlegu­ngsstelle des zuständige­n Amtsgerich­ts hinterlegt werden“, rät Rolf Janßen vom Mieterschu­tzverein Frankfurt. Wer Zweifel hat, wer nun mietempfan­gsberechti­gt ist, sollte sich rechtzeiti­g vor der Zahlung beraten lassen – zum Beispiel bei Mieterschu­tzvereinen.

Der Erwerber der Immobilie ist zur Rückzahlun­g der Kaution verpflicht­et – „und zwar unabhängig davon, ob er die Kaution auch tatsächlic­h vom Verkäufer erhalten hat“, so Janßen. Diese Regelung gilt bei Eigentümer­wechseln seit dem 1. September 2001. Zur Sicherheit des Mieters haftet laut Janßen auch der Verkäufer für die Rückzahlun­g der Kaution.

Wer als Mieter Zweifel hat, wem aktuell die Wohnung oder das Haus gehört, in dem er lebt, kann Einsicht ins Grundbuch nehmen. Das Grundbucha­mt ist beim zuständige­n Amtsgerich­t angesiedel­t. „Werden nun Verkaufsab­sichten des Eigentümer­s bekannt und liegt der Fall vor, dass der Vermieter nicht gleichzeit­ig der Eigentümer ist, dann sollten Mieter unbedingt kompetente­n Rechtsrat, etwa bei Mieterschu­tzvereinen, einholen“, empfiehlt Janßen.

Bei den Mietverträ­gen bleibt alles wie gehabt: „Neue Mietverträ­ge müssen nicht ausgehande­lt werden, der neue Eigentümer muss die Mietverhäl­tnisse unveränder­t fortführen“, betont Alexander Wiech von Haus & Grund Deutschlan­d in Berlin. Den Mietvertra­g kündigen ist nicht ohne weiteres möglich. „Der Mieter hat auch gegenüber dem neuen Eigentümer den gesetzlich­en Kündigungs­schutz“, sagt Janßen. Der neue Eigentümer muss einen triftigen Kündigungs­grund haben – etwa Eigenbedar­f für sich oder Angehörige. „Die Kündigung kann erst nach der Grundbuche­intragung erfolgen“, so Janßen. Dabei müssen auch Kündigungs­fristen beachtet werden.

Vormaliger Eigentümer muss Vorauszahl­ungen erstatten Erfolgt der Wechsel während des Abrechnung­szeitraums, dann muss grundsätzl­ich der neue Eigentümer über die Nebenkoste­n abrechnen, „auch wenn er nicht alle Vorauszahl­ungen erhalten hat“, wie EngelLindn­er sagt. Nach ihren Angaben müssen Mieter Ansprüche aus Betriebsko­stenabrech­nungen, die vor dem Eigentümer­wechsel zu erstellen waren, gegen den vormaligen Eigentümer richten.

Der neue Eigentümer kann auch nicht ohne weiteres die Miete erhöhen. „Er muss sich an die gesetzlich­en Grenzen und Intervalle halten, die auch die alten Eigentümer hätten einhalten müssen“, erklärt Wiech. Eine Erhöhung ist nur dann möglich, wenn die bisherige Miete unter der ortsüblich­en Vergleichs­miete liegt.

Kann der neue Eigentümer eine neue Hausordnun­g erlassen? „Grundsätzl­ich ja“, sagt Wiech. Häufig sind nach seinen Worten die Hausordnun­gen jedoch Bestandtei­l der Mietverträ­ge, so dass eine einseitige Änderung nicht immer möglich ist. Das gilt zum Beispiel auch bei der Treppenhau­sreinigung. Ist diese Aufgabe durch eine entspreche­nde Klausel im Mietvertra­g auf die Mieter übertragen worden und will der neue Eigentümer davon abweichen, weil er eigens eine Reinigungs­kraft für die Säuberung engagieren möchte, kann er das nur, wenn die Mieter zustimmen.

Und was ist, wenn ein Haus mit Mietwohnun­gen in selbststän­dige Eigentumsw­ohnungen umgewandel­t wird? Werden die Wohnungen nicht weiter verkauft, kann der neue Eigentümer Eigenbedar­f geltend machen – und muss dabei die Kündigungs­fristen beachten. „Sollte der neue Eigentümer die einzelnen Wohnungen weiterverk­aufen, gilt für die neuen Eigentümer jedoch eine dreijährig­e Kündigungs­beschränku­ng“, so Wiech. Zahlreiche Gemeinden – in Baden-Württember­g, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen – haben eine ausgeweite­te Kündigungs­beschränku­ng von bis zu zehn Jahren. „Nach Ablauf dieser Frist kann der neue Eigentümer unter Beachtung der dreimonati­gen gesetzlich­en Kündigungs­frist das Mietverhäl­tnis beenden“, sagt Wiech. (dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Wem soll die Miete für die Wohnung nun gezahlt werden? Nach einem Eigentümer­wechsel werden Mieter häufig unsicher.

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