Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Das letzte Abenteuer der Menschheit
Endlich Schluss mit dem Klischee Weihnachtsfeier: „Office Christmas Party“
pätestens seit dem durchschlagenden Erfolg von „Hangover“hat Hollywood den Vollsuff als eigenes Filmgenre entdeckt. Die Komödie „Office Christmas Party“mit Jennifer Aniston verlegt das Thema nun aber an einen Ort, der viel vertrauter wirkt als Las Vegas: die Weihnachtsfeier im Büro.
Das Klischee von der Weihnachtsfeier geht so: reichlich Alkohol lässt die Hemmungen schwinden, die Etikette wird über Bord geworfen, der Chef angepöbelt und auf dem Schreibtisch im Nebenzimmer fallen Kollegen in sexueller Begierde übereinander her. In der Realität sieht es meistens anders aus, vor allem braver. Dennoch eignet sich das Klischee als perfekte Vorlage. In der Komödie mit Jennifer Aniston und Jason Bateman in den Hauptrollen reitet am Ende sogar ein Mann in einem Jesus-Kostüm durch die volltrunkene und weitestgehend entkleidete Belegschaft.
„Office Christmas Party“ist zu 70 Prozent ein Eskalationsfilm. Beim Rest handelt es sich, passend zur Jahreszeit, um einen Weihnachtsfilm. Wenn man so will, spielt Aniston eine Abwandlung des legendär kaltherzigen Geschäftemachers Ebenezer Scrooge aus „A Christmas Carol“von Charles Dickens. Als Geschäftsführerin der IT-Firma Zanotek ist sie gewillt, eine Filiale des Unternehmens dichtzumachen. Dass die Angestellten davon kurz vor Weihnachten erfahren, schert sie kein bisschen.
Ihr Bruder Clay (T. J. Miller), der die Filiale leitet, will das Aus verhindern. Sein Plan ist, mit einer legendären Weihnachtsfeier den potenziellen Kunden Walter (Courtney B. Vance) derart von der Firma zu überzeugen, dass dieser ihr den Zuschlag für einen großen Auftrag gibt. Damit wäre die Filiale gerettet.
Was folgt, ist die Umsetzung jedes irren Gedankens, den man rund um eine Weihnachtsfeier haben kann. Echte Rentiere werden herangeschafft, ebenso ein echtes Baby für das Krippenspiel. Aus den Wasserspendern sprudeln Tequila, Wodka und Gin. Der Filialleiter trägt eine Weste aus Dollarnoten, um jedem etwas zustecken zu können.
Es wäre falsch, in „Office Christmas Party“mehr hineinlesen zu wollen, als es ist. Auch wenn sich Regisseur Josh Gordon mit dem Satz zitieren lässt, dass der Film das Klassensystem auseinandernehme. Als Ausgangspunkt für eine Komödie taugt die Idee allemal. Zumal erfahrene Komiker dabei sind, etwa Kate McKinnon als deutschstämmige Chefin der Personalabteilung. An ihrem Charakter Mary wird zugleich deutlich, dass der Film manchmal nicht ganz weiß, wo die Reise hingehen soll. Mary soll von Regeln besessen sein – wie gesagt ist sie deutschstämmig. Gleichzeitig ist die Figur vollkommen überladen mit skurrilen Charakterzügen. Auch auf die Geschichte des Films wird schließlich noch ein vermeintlich sinnstiftendes Ende gepackt. Dabei sind die besten Szenen die sinnfreien: die von der Party. (dpa)
Office Christmas Party. Regie: Josh Gordon. Mit Jennifer Aniston, Will Speck, Jason Bateman, T. J. Miller, Kate McKinnon. USA 2016. 105 Minuten. FSK ab 12.