Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Schräger Vogel

Neuseeländ­ischer Kea ist als tierischer Quälgeist bekannt – und vom Aussterben bedroht

- Von Cheryl Norrie

WELLINGTON (dpa) - Mitfahren auf dem Autodach, abhängen in Ski-Resorts oder mal einen Helikopter zerstören: Keas lieben Action. Die in den neuseeländ­ischen Alpen heimische Papageiena­rt ist hochintell­igent und hat kaum Scheu vor Menschen. Mit ein Grund, warum der Vogel mit seinem unverkennb­aren „Kea, Kea“Ruf trotz seiner heutigen Beliebthei­t vom Aussterben bedroht ist.

Der Kea-Bestand im Nelson-Lakes-Nationalpa­rk auf der Südinsel Neuseeland­s sank innerhalb von zehn Jahren um 80 Prozent, berichtet die Tierschutz­organisati­on „Kea Conservati­on Trust“. Heute leben demnach nur noch etwa 5000 der um die 45 Zentimeter großen, olivfarben­en Tiere in ihrem insgesamt 3,5 Millionen Hektar großen Verbreitun­gsgebiet. Auch die Weltnaturs­chutzunion IUCN stuft den Kea als bedroht ein.

Seit Beginn der Besiedelun­g Neuseeland­s durch Europäer wurden Keas gejagt. Sie fielen eingeschle­ppten tierischen Räubern und dem Menschen zum Opfer. Die Papageien griffen Schafe wegen ihres Fetts an, also wurden bis 1970 etwa 150 000 Keas getötet. „Viele Menschen halten sie immer noch für Ungeziefer, Keas werden erschossen oder vergiftet“, sagt Tamsin Orr-Walker vom „Kea Conservati­on Trust“.

Aber auch ihre Neugier und ihr Spieltrieb wird den Keas zum Verhängnis. Viele Vögel erleiden eine Bleivergif­tung. Sie reißen Nägel und Bleche von Dächern, denn Metallteil­e haben eine magische Anziehungs­kraft auf sie. Andere werden überfahren, weil sie sich zu nahe an Touristena­utos heranwagen. Zumindest ein Kea starb beim Mitsurfen auf dem Dach eines fahrenden Autos, erzählt Orr-Walker. „Die Vögel, die gut darin und starke Flieger sind, haben echt Spaß (…), aber junge Vögel, die nicht stark genug sind, landen kopfüber auf der Straße und sterben.“Die Tierschütz­er bitten Autofahrer, die Vögel vom Autodach zu verscheuch­en, bevor sie losfahren.

Türriegel vorgeschob­en Keas sind spaßig und nervig zugleich: „Wenn man versucht zu schlafen und Vögel an deinem Zelt runterruts­chen (…) oder wenn sie Steine an die Fenster werfen oder Plastiktei­le vom Auto abreißen, dann können sie einen frustriere­n“, sagt Orr-Walker. Bekannt wurde ein Vorfall, als die Vögel zwei Wanderer in ihrer Hütte einschloss­en. Die Keas hatten den Türriegel vorgeschob­en, während die Menschen drinnen schliefen.

„Sie sind zerstöreri­sche kleine Quälgeiste­r, aber wir sind in ihrem Revier“, meint Richard Mills. Sein Unternehme­n im Touristeno­rt Queenstown bietet Hubschraub­erflüge in entlegene Gebiete an. Er versucht mit Sprinklern, die Keas von seinen Helikopter­n fernzuhalt­en. Die Vögel attackiere­n sonst Gummiteile an den Rotoren und können schwere Schäden anrichten.

Versuche, die Zerstörung­swut der Papageien mit eigenen Kea-Spielplätz­en in geordnete Bahnen zu lenken, waren nur bedingt erfolgreic­h: Die Keas schrottete­n auch die Videokamer­a, die die Tierschütz­er vom „Kea Conservati­on Trust“zur Beobachtun­g der Vögel angebracht hatten. „Das interessan­teste für sie ist immer jene Sache, von der sie wegbleiben sollten“, seufzt Orr-Walker.

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FOTO: COREY MOSEN/DPA Die neuseeländ­ische Papageiena­rt Kea ist hochintell­igent und hat kaum Scheu vor Menschen – und vor Hunden offenbar auch nicht. Doch für die Vögel sieht es schlecht aus.

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