Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Brugger kritisiert von der Leyens Reise
BERLIN/RIAD (dpa) - Die Opposition hat die geplante Offiziersausbildung saudischer Soldaten in Deutschland scharf kritisiert. Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger hatte zuvor gesagt, Schritte zu einer engeren militärischen Kooperation mit Saudi-Arabien seien genau das falsche Signal. „Es kann nicht sein, dass das brutale Regime immer weiter hofiert wird“, sagte die Ravensburgerin. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) befindet sich seit Mittwoch zu einem mehrtägigen Besuch in der saudischen Hauptstadt Riad.
Was will eine deutsche Verteidigungsministerin eigentlich in Saudi-Arabien? Die militärische Zusammenarbeit hält sich in sehr engen Grenzen. Das Land führt im Jemen einen Krieg, mit dem man nichts zu tun haben will. Und für das ohnehin unangenehme Thema Rüstungsexporte ist der Wirtschaftsminister zuständig.
Dass Ursula von der Leyen sich jetzt trotzdem für einen Tag und zwei Nächte in der saudischen Hauptstadt Riad aufhält, hat mit ihrem Fachgebiet als Ministerin zunächst einmal nichts zu tun. Das Königshaus hat sie eingeladen, um ihr das wirtschaftliche Reformprogramm „Vision 2030“vorzustellen.
Von der Leyen wird deswegen zuerst in das Wirtschaftsministerium gelotst. Dort sitzen ihr drei Männer und zwei Frauen gegenüber, die sich alle Mühe geben, Saudi-Arabien als einen progressiven Staat zu präsentieren. Für ein Land, in dem Frauen sogar das Autofahren verboten ist, ist das keine schlechte Quote.
Wenig später sitzt von der Leyen mit jungen Unternehmern und Unternehmerinnen an einem Tisch. Es reden vor allem die Frauen – alle in perfektem Englisch. Die meisten haben zumindest einen Teil ihrer Ausbildung in den USA absolviert. Sie berichten, dass die Chancengleichheit gerade im öffentlichen Sektor große Fortschritte gemacht habe. „Der Wandel findet statt“, sagt eine.
Zwei Gesichter Das ist aber nur eine Seite Saudi-Arabiens, die der Ministerin demonstrativ vorgeführt wird. Es gibt auch eine andere, über die man in Riad bei solchen Besuchen nicht so gerne spricht. Alleine im vergangenen Jahr zählte Amnesty International mehr als 150 Hinrichtungen, es gibt öffentliche Auspeitschungen. Parteien oder Gewerkschaften gibt es nicht. Blogger werden verfolgt und Demonstrationen sind verboten.
Daran kommt man als deutsches Regierungsmitglied nicht vorbei, wenn man Saudi-Arabien besucht. Von der Leyen kündigt bereits zu Beginn an, die Menschenrechtslage ansprechen zu wollen. Es gibt aber noch andere schwierige Themen.
Saudi-Arabien rüstet massiv auf. Der Wüstenstaat ist der größte Waffenimporteur nach Indien und Deutschland ist die Nummer fünf unter den Lieferanten. Trotz der prekären Menschenrechtslage und der saudischen Bombardements mit vielen getöteten Zivilisten im Jemen werden immer noch deutsche Waffen in den Wüstenstaat exportiert.
2015 wurden 17 Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Kriegswaffen mit einem Auftragsvolumen von 23,8 Millionen Euro erteilt. Erst kürzlich genehmigte der Bundessicherheitsrat, dem von der Leyen angehört, den Export von 41 644 Artilleriezündern.
Für die Opposition ist eine solche Zusammenarbeit schon viel zu viel. „Es kann nicht sein, dass das brutale Regime immer weiter hofiert wird, deutsche Waffen geliefert bekommt und dann auch noch die Verteidigungsministerin den roten Teppich entlangspaziert, ohne deutliche Worte zu finden“, sagt die GrünenAbgeordnete Agnieszka Brugger.