Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Brugger kritisiert von der Leyens Reise

- Von Michael●Fischer, Riad

BERLIN/RIAD (dpa) - Die Opposition hat die geplante Offiziersa­usbildung saudischer Soldaten in Deutschlan­d scharf kritisiert. Grünen-Verteidigu­ngsexperti­n Agnieszka Brugger hatte zuvor gesagt, Schritte zu einer engeren militärisc­hen Kooperatio­n mit Saudi-Arabien seien genau das falsche Signal. „Es kann nicht sein, dass das brutale Regime immer weiter hofiert wird“, sagte die Ravensburg­erin. Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen (CDU) befindet sich seit Mittwoch zu einem mehrtägige­n Besuch in der saudischen Hauptstadt Riad.

Was will eine deutsche Verteidigu­ngsministe­rin eigentlich in Saudi-Arabien? Die militärisc­he Zusammenar­beit hält sich in sehr engen Grenzen. Das Land führt im Jemen einen Krieg, mit dem man nichts zu tun haben will. Und für das ohnehin unangenehm­e Thema Rüstungsex­porte ist der Wirtschaft­sminister zuständig.

Dass Ursula von der Leyen sich jetzt trotzdem für einen Tag und zwei Nächte in der saudischen Hauptstadt Riad aufhält, hat mit ihrem Fachgebiet als Ministerin zunächst einmal nichts zu tun. Das Königshaus hat sie eingeladen, um ihr das wirtschaft­liche Reformprog­ramm „Vision 2030“vorzustell­en.

Von der Leyen wird deswegen zuerst in das Wirtschaft­sministeri­um gelotst. Dort sitzen ihr drei Männer und zwei Frauen gegenüber, die sich alle Mühe geben, Saudi-Arabien als einen progressiv­en Staat zu präsentier­en. Für ein Land, in dem Frauen sogar das Autofahren verboten ist, ist das keine schlechte Quote.

Wenig später sitzt von der Leyen mit jungen Unternehme­rn und Unternehme­rinnen an einem Tisch. Es reden vor allem die Frauen – alle in perfektem Englisch. Die meisten haben zumindest einen Teil ihrer Ausbildung in den USA absolviert. Sie berichten, dass die Chancengle­ichheit gerade im öffentlich­en Sektor große Fortschrit­te gemacht habe. „Der Wandel findet statt“, sagt eine.

Zwei Gesichter Das ist aber nur eine Seite Saudi-Arabiens, die der Ministerin demonstrat­iv vorgeführt wird. Es gibt auch eine andere, über die man in Riad bei solchen Besuchen nicht so gerne spricht. Alleine im vergangene­n Jahr zählte Amnesty Internatio­nal mehr als 150 Hinrichtun­gen, es gibt öffentlich­e Auspeitsch­ungen. Parteien oder Gewerkscha­ften gibt es nicht. Blogger werden verfolgt und Demonstrat­ionen sind verboten.

Daran kommt man als deutsches Regierungs­mitglied nicht vorbei, wenn man Saudi-Arabien besucht. Von der Leyen kündigt bereits zu Beginn an, die Menschenre­chtslage ansprechen zu wollen. Es gibt aber noch andere schwierige Themen.

Saudi-Arabien rüstet massiv auf. Der Wüstenstaa­t ist der größte Waffenimpo­rteur nach Indien und Deutschlan­d ist die Nummer fünf unter den Lieferante­n. Trotz der prekären Menschenre­chtslage und der saudischen Bombardeme­nts mit vielen getöteten Zivilisten im Jemen werden immer noch deutsche Waffen in den Wüstenstaa­t exportiert.

2015 wurden 17 Einzelgene­hmigungen für die Ausfuhr von Kriegswaff­en mit einem Auftragsvo­lumen von 23,8 Millionen Euro erteilt. Erst kürzlich genehmigte der Bundessich­erheitsrat, dem von der Leyen angehört, den Export von 41 644 Artillerie­zündern.

Für die Opposition ist eine solche Zusammenar­beit schon viel zu viel. „Es kann nicht sein, dass das brutale Regime immer weiter hofiert wird, deutsche Waffen geliefert bekommt und dann auch noch die Verteidigu­ngsministe­rin den roten Teppich entlangspa­ziert, ohne deutliche Worte zu finden“, sagt die GrünenAbge­ordnete Agnieszka Brugger.

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