Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zebrastreifen und Tempo 30 sind in weiter Ferne
Stadtverwaltung und Bürger diskutieren Entschärfung von gefährlicher Kreuzung im Weingartener Norden
WEINGARTEN - Es sind zwei Welten aufeinandergeprallt, als am Mittwochabend im Weingartener Rathaus die Stadtverwaltung mit Anwohnern aus dem Neubaugebiet Baienfurter Ösch über die teils gefährliche Verkehrssituation in die Diskussion einstieg. Auf der einen Seite Oberbürgermeister Markus Ewald und Mitarbeiter von Bauamt und Ordnungsamt – auf der anderen Seite Bürger, die sich über Raser ärgern und Angst um ihre Kinder haben. Auf der einen Seite trockene Vorschriften aus Straßenverkehrsordnung – auf der anderen Seite teils emotionale Argumente und auch pragmatische Vorschläge.
Die Essenz: Die Anwohner wollen Tempo 30 im Bereich der Kreuzung von Mochenwanger Straße, Baienfurter Straße, Bahnhofstraße und Tobelstraße sowie einen Zebrastreifen, damit vor allem Kinder und Senioren sicher über die Straße kommen. Außerdem ist für die Bewohner der direkt angrenzende Spielplatz ein Gefahrenpunkt, schließlich seien von dort schon oft spielende Kinder ihren Bällen hinterher direkt auf die Straße gelaufen. Tempo 30 und Zebrastreifen musste die Stadtverwaltung zumindest vorläufig abblocken – wegen zu hoher bürokratischer Hürden. Dafür gibt es nun bald eine Querungshilfe über die Baienfurter Straße, die dafür obendrein etwas verengt wird und auf voller Länge nur noch mit Tempo 30 befahren werden darf. Und auch eine Erhöhung des Zauns am Spielplatz wird geprüft.
„Das nächste Kind, das in Weingarten überfahren wird und stirbt, kommt an dieser Kreuzung um“, ärgerte sich ein Anwohner bei der Bürgerdiskussion im Sitzungssaal des Amtshauses. Mehrfach habe er schon beobachtet, wie beim Kicken auf dem direkt angrenzenden Spielplatz der Ball über den Zaun geflogen ist und die Kinder – ohne zu schauen – dem Spielgerät hinterher auf die Mochenwanger Straße gerannt seien. „Ein Wunder, dass da noch nicht mehr passiert ist“, sagte der Anwohner. Ein Bewohner der Bahnhofstraße zeigte den Rathausvertretern Fotos von Verkehrsunfällen im Umfeld der Kreuzung. „Dort wird rücksichtslos gerast“, sagte der Mann. „Nachts manchmal mit 120 oder schneller.“
Dreh- und Angelpunkt der Diskussion war vor allem die Gefahr für Passanten beim Überqueren der Straßen. Vor allem Kinder, die aus dem Neubaugebiet Baienfurter Ösch zur Schule gehen, und Bürger, die zur Bushaltestelle Bahnhofstraße oder weiter in die Innenstadt wollen, müssen zwangsläufig irgendwie über diese Kreuzung. Für die Anwohner ist klar: Mit Tempo 30 soll der Verkehr eingebremst werden, ein Zebrastreifen soll die Überquerung entschärfen.
Wichtige Hauptverkehrsstraßen Nun treffen an dieser Kreuzung allerdings Weingartener Hauptverkehrsstraßen aufeinander: Durch die Bahnhofstraße und Baienfurter Straße verkehrt die wichtige Buslinie 1, und die Achse Bahnhofstraße-Mochenwanger Straße ist eine wichtige Umfahrung der oft überlasteten Kreuzung zwischen Waldseer Straße und Schussenstraße. Das bedeutet zwar viel Verkehr, aber auch hohe Hürden, wenn man diesen Verkehr verlangsamen will. „Auf Hauptverkehrsstraßen können wir nicht ohne weiteres Tempo 30 einführen“, erklärte Ordnungsamtsleiter Kai-Joachim Ginser in der Diskussion. Und für einen Zebrastreifen reiche das Verkehrsaufkommen wiederum nicht aus. Denn Zebrastreifen genehmigt das Regierungspräsidium als obere Straßenverkehrsbehörde nur dann, wenn an der betreffenden Stelle genug Autos und genug Fußgänger unterwegs sind. Diese Zahlen sind laut Stadt an der Kreuzung allerdings nicht erreicht – trotz der Hauptverkehrsachsen. Vollkommen unmöglich sei ein Zebrastreifen in der Mochenwanger Straße, denn dort befinden sich in unmittelbarer Nähe auch Einfahrten eines Unternehmens, wo schwere LKW ein- und ausfahren müssen. Folglich drehte sich die Diskussion um eine gefahrlose Überquerung der Baienfurter Straße in unmittelbarer Nähe zur Kreuzung. Der Vorschlag der Stadt: Wenn schon kein Zebrastreifen erlaubt ist, dann soll wenigstens der Gehweg auf der Westseite um eine Ausbuchtung in die Straße hinein verbreitert werden, um eine Querungshilfe zu schaffen. „Damit können Autofahrer Passanten und die Passanten den Verkehr besser sehen“, sagte Stadplaner Jens Herbst. Das soll schon im Frühjahr erledigt werden. Danach will die Stadt den Verkehr erneut messen.
Denn die Zählungen des Fußgängerverkehrs sind zwar aktuell, aber die Straßenverkehrszählung stammt aus dem Jahr 2009 – damals gab es das Neubaugebiet noch nicht. Kai-Joachim Ginser machte den Anwohnern Hoffnung: Wenn sich bei den Zählungen neue Werte ergeben, könnte auch ein Zebrastreifen in der Baienfurter Straße wieder ein Thema werden. Eine weitere Situation soll schnell entschärft werden: Der Zaun am Spielplatz kann laut Stadtverwaltung erhöht werden, damit hoch fliegende Fußbälle abgefangen werden.
Wie die Verkehrssituation an der gefährlichen Kreuzung aussieht, sehen Sie im Video unter www.schwaebische.de/kreuzung-wgt