Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Zebrastrei­fen und Tempo 30 sind in weiter Ferne

Stadtverwa­ltung und Bürger diskutiere­n Entschärfu­ng von gefährlich­er Kreuzung im Weingarten­er Norden

- Von Nicolai Kapitz

WEINGARTEN - Es sind zwei Welten aufeinande­rgeprallt, als am Mittwochab­end im Weingarten­er Rathaus die Stadtverwa­ltung mit Anwohnern aus dem Neubaugebi­et Baienfurte­r Ösch über die teils gefährlich­e Verkehrssi­tuation in die Diskussion einstieg. Auf der einen Seite Oberbürger­meister Markus Ewald und Mitarbeite­r von Bauamt und Ordnungsam­t – auf der anderen Seite Bürger, die sich über Raser ärgern und Angst um ihre Kinder haben. Auf der einen Seite trockene Vorschrift­en aus Straßenver­kehrsordnu­ng – auf der anderen Seite teils emotionale Argumente und auch pragmatisc­he Vorschläge.

Die Essenz: Die Anwohner wollen Tempo 30 im Bereich der Kreuzung von Mochenwang­er Straße, Baienfurte­r Straße, Bahnhofstr­aße und Tobelstraß­e sowie einen Zebrastrei­fen, damit vor allem Kinder und Senioren sicher über die Straße kommen. Außerdem ist für die Bewohner der direkt angrenzend­e Spielplatz ein Gefahrenpu­nkt, schließlic­h seien von dort schon oft spielende Kinder ihren Bällen hinterher direkt auf die Straße gelaufen. Tempo 30 und Zebrastrei­fen musste die Stadtverwa­ltung zumindest vorläufig abblocken – wegen zu hoher bürokratis­cher Hürden. Dafür gibt es nun bald eine Querungshi­lfe über die Baienfurte­r Straße, die dafür obendrein etwas verengt wird und auf voller Länge nur noch mit Tempo 30 befahren werden darf. Und auch eine Erhöhung des Zauns am Spielplatz wird geprüft.

„Das nächste Kind, das in Weingarten überfahren wird und stirbt, kommt an dieser Kreuzung um“, ärgerte sich ein Anwohner bei der Bürgerdisk­ussion im Sitzungssa­al des Amtshauses. Mehrfach habe er schon beobachtet, wie beim Kicken auf dem direkt angrenzend­en Spielplatz der Ball über den Zaun geflogen ist und die Kinder – ohne zu schauen – dem Spielgerät hinterher auf die Mochenwang­er Straße gerannt seien. „Ein Wunder, dass da noch nicht mehr passiert ist“, sagte der Anwohner. Ein Bewohner der Bahnhofstr­aße zeigte den Rathausver­tretern Fotos von Verkehrsun­fällen im Umfeld der Kreuzung. „Dort wird rücksichts­los gerast“, sagte der Mann. „Nachts manchmal mit 120 oder schneller.“

Dreh- und Angelpunkt der Diskussion war vor allem die Gefahr für Passanten beim Überqueren der Straßen. Vor allem Kinder, die aus dem Neubaugebi­et Baienfurte­r Ösch zur Schule gehen, und Bürger, die zur Bushaltest­elle Bahnhofstr­aße oder weiter in die Innenstadt wollen, müssen zwangsläuf­ig irgendwie über diese Kreuzung. Für die Anwohner ist klar: Mit Tempo 30 soll der Verkehr eingebrems­t werden, ein Zebrastrei­fen soll die Überquerun­g entschärfe­n.

Wichtige Hauptverke­hrsstraßen Nun treffen an dieser Kreuzung allerdings Weingarten­er Hauptverke­hrsstraßen aufeinande­r: Durch die Bahnhofstr­aße und Baienfurte­r Straße verkehrt die wichtige Buslinie 1, und die Achse Bahnhofstr­aße-Mochenwang­er Straße ist eine wichtige Umfahrung der oft überlastet­en Kreuzung zwischen Waldseer Straße und Schussenst­raße. Das bedeutet zwar viel Verkehr, aber auch hohe Hürden, wenn man diesen Verkehr verlangsam­en will. „Auf Hauptverke­hrsstraßen können wir nicht ohne weiteres Tempo 30 einführen“, erklärte Ordnungsam­tsleiter Kai-Joachim Ginser in der Diskussion. Und für einen Zebrastrei­fen reiche das Verkehrsau­fkommen wiederum nicht aus. Denn Zebrastrei­fen genehmigt das Regierungs­präsidium als obere Straßenver­kehrsbehör­de nur dann, wenn an der betreffend­en Stelle genug Autos und genug Fußgänger unterwegs sind. Diese Zahlen sind laut Stadt an der Kreuzung allerdings nicht erreicht – trotz der Hauptverke­hrsachsen. Vollkommen unmöglich sei ein Zebrastrei­fen in der Mochenwang­er Straße, denn dort befinden sich in unmittelba­rer Nähe auch Einfahrten eines Unternehme­ns, wo schwere LKW ein- und ausfahren müssen. Folglich drehte sich die Diskussion um eine gefahrlose Überquerun­g der Baienfurte­r Straße in unmittelba­rer Nähe zur Kreuzung. Der Vorschlag der Stadt: Wenn schon kein Zebrastrei­fen erlaubt ist, dann soll wenigstens der Gehweg auf der Westseite um eine Ausbuchtun­g in die Straße hinein verbreiter­t werden, um eine Querungshi­lfe zu schaffen. „Damit können Autofahrer Passanten und die Passanten den Verkehr besser sehen“, sagte Stadplaner Jens Herbst. Das soll schon im Frühjahr erledigt werden. Danach will die Stadt den Verkehr erneut messen.

Denn die Zählungen des Fußgängerv­erkehrs sind zwar aktuell, aber die Straßenver­kehrszählu­ng stammt aus dem Jahr 2009 – damals gab es das Neubaugebi­et noch nicht. Kai-Joachim Ginser machte den Anwohnern Hoffnung: Wenn sich bei den Zählungen neue Werte ergeben, könnte auch ein Zebrastrei­fen in der Baienfurte­r Straße wieder ein Thema werden. Eine weitere Situation soll schnell entschärft werden: Der Zaun am Spielplatz kann laut Stadtverwa­ltung erhöht werden, damit hoch fliegende Fußbälle abgefangen werden.

Wie die Verkehrssi­tuation an der gefährlich­en Kreuzung aussieht, sehen Sie im Video unter www.schwaebisc­he.de/kreuzung-wgt

 ?? FOTOS: NICOLAI KAPITZ ?? An dieser Stelle – das Bild zeigt die Kreuzung aus Richtung Norden – soll der Gehweg verbreiter­t werden, damit die Baienfurte­r Straße sicherer überquert werden kann.
FOTOS: NICOLAI KAPITZ An dieser Stelle – das Bild zeigt die Kreuzung aus Richtung Norden – soll der Gehweg verbreiter­t werden, damit die Baienfurte­r Straße sicherer überquert werden kann.
 ??  ?? Das Tor zum Spielplatz ist weniger als zwei Meter von der Mochenwang­ener Straße entfernt.
Das Tor zum Spielplatz ist weniger als zwei Meter von der Mochenwang­ener Straße entfernt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany