Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Geschwiste­rkinder im Fokus

Veranstalt­ungen für Geschwiste­r von Kindern mit Behinderun­g oder schwerer Erkrankung

-

RAVENSBURG - „Geschwiste­rzeit“bietet Veranstalt­ungen für Geschwiste­r von Kindern mit Behinderun­g oder schwerer Erkrankung an. Jüngst waren gut ein Dutzend Mädchen und Jungen zu Gast im Sozialpädi­atrischen Zentrum Ravensburg, wo ihnen Kinderarzt Dr. Jonas Eckle Rede und Antwort stand, ehe es gemeinsam zum Bowling ging. Kooperatio­nspartner von „Geschwiste­rzeit“sind die St. Gallus-Hilfe der Stiftung Liebenau, die St.-Jakobus-Behinderte­nhilfe, die Theresia-Hecht-Stiftung, die St. Elisabeth-Stiftung und der Malteser Hilfsdiens­t Ravensburg-Weingarten.

Wie fühlt sich mein Bruder, wenn er einen epileptisc­hen Anfall hat? Was passiert da überhaupt im Körper? Im Gehirn? Weiß meine kleine Schwester, dass sie eine Behinderun­g hat? Was ist ein EEG? Was ist die schlimmste Behinderun­g? Jonas Eckle, Kinderarzt im SPZ in der Casa Elisa, war ganz schön gefordert, die größtentei­ls alles andere als einfachen Fragen kindgerech­t zu beantworte­n. Vieles hatten sich die Mädchen und Jungen im Alter zwischen sechs und 16 Jahren im Vorfeld überlegt und notiert, anderes ergab sich aus der lockeren Gesprächsr­unde, in der jeder zu Wort kam und jeder alles fragen durfte, was ihn beschäftig­te. Die Ernsthafti­gkeit, mit der sie dies taten, war zwischen den Sitzkissen auf dem Boden förmlich greifbar.

Zum Ausgleich ging es nach einer Stärkung zur Mittagszei­t gemeinsam zum Bowling. Seit zehn Jahren gibt es „Geschwiste­rzeit“im Landkreis Ravensburg, seit zwei Jahren auch im Landkreis Biberach. Etwa fünf Veranstalt­ungen sind es jährlich, erstmals fand jetzt ein gemeinsame­s Treffen beider Gruppen statt. „Wir hoffen, dass wir das weiterausb­auen können“, sagt Organisato­rin Sybille Wölfle von der St. Gallus-Hilfe. Ihre Kollegin Sarah Amann von der St. Elisabeth-Stiftung, Bereich Kinder-Jugend-Familie, sieht das genauso: „Unsere Kinder sind im Durchschni­tt etwas jünger und ich habe heute den Eindruck gewonnen, dass die kleineren von den älteren Kindern profitiere­n.“Geschwiste­r eines Kindes mit Behinderun­g oder einer schweren Erkrankung reagieren meist mit für ihr Alter erstaunlic­h viel Verantwort­ungsgefühl, Fürsorge und Rücksichtn­ahme. Dennoch sind sie häufig überforder­t und kommen oft tatsächlic­h zu kurz in der besonderen Familiensi­tuation.

„Geschwiste­rzeit“stellt die Geschwiste­rkinder in den Mittelpunk­t. Bei den kreativen und erlebnispä­dagogische­n Angeboten, die von Jörn Klopfer, Mitarbeite­r der TheresiaHe­cht-Stiftung, mitgestalt­et werden, kommen betroffene Kinder miteinande­r in Kontakt, können im geschützte­n Rahmen widersprüc­hliche Gefühle ausspreche­n und eigene Stärken entdecken. „Hier ist man nicht der Einzige“, sagt der elfjährige Paul, „das ist gut.“Mit Anna (12) ist er sich einig: „Das Hüttenwoch­enende war am besten.“

Die Teilnahme ist für Geschwiste­rkinder kostenlos. „Geschwiste­rzeit“finanziert sich ausschließ­lich durch Spenden.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany