Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Russisches Sumpfgebie­t

Der zweite McLaren-Bericht über Staatsdopi­ng ruft heftige Reaktionen hervor

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LONDON (dpa/sz) - Nach neuen massiven Dopingvorw­ürfen stehen dicke Fragezeich­en hinter Russlands Rückkehr in die internatio­nale Sportfamil­ie. Angesichts erdrückend­er Indizien im zweiten McLaren-Bericht droht der stolzen Sportnatio­n der komplette Bann von den Olympische­n Winterspie­len 2018 in Pyeongchan­g. Mehr als 1000 russische Sportler sind nach Ermittlung­en der Welt-Anti-DopingAgen­tur zwischen 2011 und 2015 Teil einer großangele­gten staatliche­n Dopingpoli­tik gewesen. Dies teilte Chefermitt­ler Richard McLaren bei der Vorstellun­g seines zweiten Berichts in der britischen Hauptstadt mit.

Deutsche Sportfunkt­ionäre forderten bereits den Ausschluss russischer Sportler von internatio­nalen Wettbewerb­en. „Die Vorwürfe aus dem ersten Bericht im Sommer waren heftig, aber das heute ist der Hammer“, kommentier­te DOSB-Vorstandsc­hef Michael Vesper. „Die neuen Fakten des Abschlussb­erichtes machen uns sprachlos“, sagte Andrea Gotzmann, Vorstandsc­hefin der deutschen Anti-Doping-Agentur NADA.

„Das russische Team hat die Spiele von London in einer Weise korrumpier­t, die nie dagewesen ist. Das ganze Ausmaß dessen wird wohl nie bekannt werden“, sagte McLaren im St. Pancras Renaissanc­e Hotel. Namen von Athleten wurden in dem Bericht nicht genannt. Die Manipulati­onen betreffen die Olympische­n Spiele 2012 in London, die Universiad­e und die Leichtathl­etik-WM 2013 sowie die Olympische­n Winterspie­le 2014 in Sotschi. „Das Austausche­n von Dopingprob­en hat nicht mit der Schlussfei­er der Olympische­n Winterspie­le in Sotschi aufgehört“, sagte der Rechtsprof­essor aus Kanada.

Die Athleten sollen entweder selbst gedopt haben oder von „der systematis­chen und zentralisi­erten Vertuschun­g und Manipulati­on des Dopingkont­rollprozes­ses profitiert“haben. Auf Seite eins des 95-seitigen Berichts wurde von einer „institutio­nellen Verschwöru­ng“gesprochen, sowohl im Sommer- und Winterspor­t als auch unter behinderte­n Athleten. Die Sportler hätten mit russischen Offizielle­n im Sportminis­terium und dessen Behörden wie der Nationalen Anti-Doping-Agentur Rusada, mit dem Moskauer Kontrollla­bor und dem Inlandsgeh­eimdienst FSB gemeinsame Sache gemacht, um Dopingtest­s zu manipulier­en.

Russland weist Vorwürfe zurück Das russische Sportminis­terium wies die Vorwürfe zurück: „Wir werden weiter mit null Toleranz gegen Doping kämpfen.“Es sei „immer sehr einfach, Schuldige und Unschuldig­e in einen Topf zu werfen“, sagte die neue Aufsichtsr­atsvorsitz­ende der Rusada, Jelena Issinbajew­a. „Ich bezweifle, dass uns konkrete Beweise für eine Schuld gezeigt werden können“, sagte die Stabhochsp­rung-Olympiasie­gerin.

Das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) will alle 254 Urinproben russischer Athleten von den Winterspie­len 2014 erneut analysiere­n. Die WADA-Ermittler hätten dafür nicht das Mandat gehabt, teilte das IOC am Freitagabe­nd mit. „Die detaillier­ten Ergebnisse machen deutlich, dass es einen fundamenta­len Angriff auf die Integrität der Olympische­n Spiele und auf den Sport im Allgemeine­n gegeben hat“, heißt es in dem IOC-Statement.

IOC-Präsident Thomas Bach hat mehrfach betont, die Verantwort­lichen eines Dopingsyst­ems müssten gezielt bestraft werden. „Ich möchte so eine Person niemals wieder bei Olympische­n Spielen sehen“, hatte der deutsche IOC-Chef zuletzt gesagt und

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FOTO: DPA Unappetitl­iche Recherchen: Professor Richard McLaren.

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