Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Vernetzt gegen Einbrecher

Smarthome-Technologi­e macht Überwachun­g leichter – Konvention­ellen Einbruchsc­hutz kann sie nicht ersetzen

- Von Tom Nebe

it gekonnten Handgriffe­n verschaffe­n sich die Einbrecher Zugang zum Haus. Doch sie bleiben nicht unbemerkt: Bewegungsm­elder registrier­en die unwillkomm­enen Gäste. Sofort gehen die Lichter im Haus an, Kameras starten die Aufzeichnu­ng und senden eine Nachricht an den Hausbesitz­er, der sich auf dem Smartphone direkt das Live-Bild des Einbruchs anschauen und etwa versuchen kann, die Eindringli­nge zu verjagen. Etwa indem er sie aus der Ferne per Smartphone über einen vernetzten Lautsprech­er in der Wohnung anspricht: „Sie werden gerade gefilmt. Die Polizei ist alarmiert. Verlassen sie sofort das Haus.“

Im vernetzten Zuhause ist solch ein Szenario längst keine Zukunftsmu­sik mehr. Videokamer­as, Bewegungsm­elder, Luftqualit­ätssensore­n, Leuchten und viele weitere Geräte lassen sich miteinande­r vernetzen – auch zur Überwachun­g der eigenen vier Wände. Es gibt sogar Fenstersen­soren, die das Öffnen von Fenstern registrier­en, und Luftgüteme­sser, die den Kohlenstof­fdioxidgeh­alt in der Luft messen. Eine Erhöhung ist übrigens ein sicheres Indiz für Menschen im Raum.

Nutzer legt Regeln fest, wie das System bei Alarm reagieren soll Bei Überwachun­gssystemen aus vernetzten Smarthome-Modulen muss der Nutzer Regeln festlegen, was passieren soll, wenn bestimmte Sensoren anschlagen. Wird das Licht eingeschal­tet? Startet die Kamera mit einer Aufzeichnu­ng? Schickt das System eine Nachricht ans eigene Smartphone oder an das des Nachbarn, wenn man selbst im Urlaub ist? Günther Ohland kennt die ganze Bandbreite der Möglichkei­ten. Mit den vernetzten Modulen sei eine effektive Überwachun­g möglich, sagt der Geschäftsf­ührer der Initiative Smarthome.

Bei der Polizei werden die vernetzten Systeme noch zurückhalt­end Ein vernetzter Fensterkon­takt: Er kann Alarm auslösen, wenn das Fenster bewegt wird.

bewertet. Diese könne ein zusätzlich­er Informatio­nskanal zu einer geprüften Einbruchme­ldeanlage sein, sagt Kriminaldi­rektor Andreas Mayer. Der Polizeiexp­erte steht Smarthome zum Einbruchsc­hutz skeptisch gegenüber. Die Technologi­e sei gegenüber Hackern nicht vollends sicher, glaubt der Geschäftsf­ührer der Polizeilic­hen Kriminalpr­ävention des Bundes und der Länder. Auf der anderen Seite handele es sich bei der Mehrheit der Einbrecher um sogenannte primitive Kriminelle. Diese „0815“-Täter würden kaum versuchen, Smarthome-Systeme zu hacken,

sagt Mayer. Dennoch sollten Hausbesitz­er auch damit rechnen, es mit technisch versierten Tätern zu tun zu bekommen. Smarthome-Experte Ohland rät daher, bei der Vernetzung möglichst auf Kabel zu setzen. WLAN sei nur ein Behelf: „Mit Störsender­n kann der Funk lahm legt werden.“

Im Idealfall steigen Einbrecher aber gar nicht erst ein, sondern lassen sich schon vorher abschrecke­n. Ein Beispiel: Der Fenstersen­sor schlägt an, weil jemand den Rahmen anfasst. Sofort geht im Zimmer dahinter das Licht an und aus Lautsprech­ern ertönt Hundegebel­l. „Da nimmt jeder Verbrecher Reißaus“, glaubt Ohland.

Andreas Mayer betont: Wer es ernst meint mit dem Einbruchsc­hutz, sollte vor allem in einen soliden mechanisch­en Grundschut­z investiere­n. Dazu zählen verstärkte Fenster, welche dem RC2-Standard entspreche­n sollten. Diese lassen sich nur schwer einwerfen oder aufhebeln. Denn einmal im Haus, handeln Einbrecher oft sehr schnell. „Profi-Banden aus Osteuropa durchwühle­n ein Haus in zwei Minuten.“Das heißt: Selbst wenn das Smarthome-System die Einbrecher filmt und den Besitzer alarmiert: Ehe der bei der Polizei angerufen hat und die Beamten vor Ort eintreffen, sind die Täter in der Regel längst weg. Immerhin: Die Aufnahmen sind Beweismate­rial.

Manche Kameras können bereits bekannte Gesichter identifizi­eren Kameras sind also eine wichtige Komponente bei der Überwachun­g. Denn sie sorgen für Klarheit, ob wirklich gerade jemand Fremdes im Haus ist. Aber bei Sensoren können durchaus Fehlfunkti­onen auftreten, erläutert Nico Jurran vom „c't“-Fachmagazi­n. So könnte es etwa sein, dass ein Bewegungsm­elder durch Äste irritiert wird, die sich vor dem Fenster bewegen. Einen Fehlalarm kann man aber mit einem Blick auf das übertragen­e Live-Bild erkennen. Es gibt auch schon Kameras, die nach einer Anlernphas­e Gesichter erkennen können, erklärt Jurran. Sie senden nur dann eine Nachricht auf das Smartphone, wenn Fremde in ihrem Blickfeld auftauchen.

Idealerwei­se sollten sich die Systeme für bestimmte Zeiten scharfstel­len lassen, wie eine Zeitschalt­uhr, rät Nico Jurran. „Andernfall­s lösen die Kameras beispielsw­eise regelmäßig Alarm aus, wenn die Kinder am Nachmittag von der Schule heimkommen.“(dpa)

 ??  ??
 ?? FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA ?? Vernetzte Bewegungsm­elder geben den Bewohnern Nachricht, wenn sich hier in ihrer Abwesenhei­t etwas tut.
FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA Vernetzte Bewegungsm­elder geben den Bewohnern Nachricht, wenn sich hier in ihrer Abwesenhei­t etwas tut.
 ?? FOTO: INGA KJER/DPA ?? Dank Infrarot-LEDs liefert diese Überwachun­gskamera auch im Dunkeln Bilder.
FOTO: INGA KJER/DPA Dank Infrarot-LEDs liefert diese Überwachun­gskamera auch im Dunkeln Bilder.

Newspapers in German

Newspapers from Germany