Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Steuerzahlerbund wirft Grün-Schwarz Trickserei vor
Verband fordert Landesregierung zur Schuldentilgung auf – Finanzministerin verteidigt Etatpläne
STUTTGART (dpa) - Der Bund der Steuerzahler hat der grün-schwarzen Landesregierung eine unseriöse Haushaltspolitik vorgeworfen. Sie betreibe Trickserei, um den Schuldenabbau zu verhindern, sagte Steuerzahler-Chef Wilfried Krahwinkel in Stuttgart. Das Finanzministerium und die Koalitionsfraktionen hingegen verweisen auf die langfristigen Effekte ihrer Pläne.
Die Kreditmarktschulden BadenWürttembergs belaufen sich den Angaben zufolge auf rund 47 Milliarden Euro. Grün-Schwarz will aber nicht mit dem Abbau starten, da Kredite wegen niedriger Zinsen derzeit sehr günstig sind. Mehreinnahmen aus Steuern sollen stattdessen in die Sanierung von Straßen, Schienen und Gebäuden gesteckt werden. Dafür will die Regierung Vorgaben zum Landeshaushalt ändern. Diese sehen folgendes vor: Nimmt das Land mehr ein, als es ausgibt, müssen diese ab einer bestimmten Größe dazu genutzt werden, Schulden zurückzuzahlen. Der Landtag will sich am Mittwoch mit dem Haushalt für 2017 befassen.
Das Finanzministerium verteidigt seine Pläne. Die Regeln zur Tilgung von Krediten würden deshalb erweitert, um sogenannte verdeckte Schulden mitzuberücksichtigen. So bezeichnet das Land den Wertverfall von Straßen oder Gebäuden, die nicht modernisiert werden. „Wir pflegen das Vermögen des Landes, wenn wir marode Straßen und Gebäude sanieren. Je besser unsere Straßen, Brücken und Gebäude bis 2020 in Schuss sind, desto souveräner werden wir die Schuldenbremse einhalten können“, sagte Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne). Das sei sinnvoll und rechne sich in der derzeitigen Niedrigzinsphase auch wirtschaftlich. Die Schuldenbremse verbietet den Ländern ab 2020, neue Schulden zu machen.
An Kinder und Enkel denken Der Chef des Steuerzahlerbundes Krahwinkel sagte hingegen, in der Haushaltpolitik gehe die Landesregierung keinen konsequenten Weg. Wenn im kommenden Jahr 300 Millionen Euro an Schulden getilgt würden, wäre das ein Signal. Das sei man der nachfolgenden Generation schuldig. „Die Bayern bauen bereits Schulden ab. Wenn man sich mit dem Land im Wettbewerb sieht, sollte man diesem guten Beispiel folgen.“
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke unterstützte die Kritik: Dass die Regierung keine Schulden abbauen wolle, sei „nicht nur grob fahrlässig, sondern geht zulasten der kommenden Generationen“. „Es gibt genügend finanziellen Spielraum, um zu sanieren und zu tilgen“, meinte auch SPD-Finanzexperte Peter Hofelich.
CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart widersprach: Es sei sinnvoll, Versäumtes jetzt nachzuholen. „Jede Investition in die Infrastruktur ist eine Investition, die allen Bürgern nutzt“, sagte er. Die Pläne seien das genaue Gegenteil von unseriös. Jedoch bleibe der Schuldenabbau eine wichtige Zukunftsaufgabe.
Krahwinkel sagte, positiv sei, dass keine neuen Schulden gemacht würden und die Grunderwerbsteuer nicht erhöht werde. Die Landesregierung komme ohne neue Schulden aus, weil sie die Ministerien zu Einsparungen verdonnert habe und den Kommunen in die Tasche greife. Außerdem fallen die Kosten für die Flüchtlinge geringer aus als erwartet.