Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Trump greift Geheimdienste an
Der Streit um eine mögliche Beeinflussung der US-Wahl durch Russland eskaliert
WASHINGTON - Eine seit Monaten schwelende Kontroverse zwischen Donald Trump und den US-Nachrichtendiensten hat sich in einem Schlagabtausch entladen. Während die CIA zu dem Schluss kommt, dass Hacker im Auftrag der russischen Regierung die Wahl am 8. November beeinflussten, um Trump zum Sieg zu verhelfen, macht sich der designierte Präsident über die Geheimdienstler lustig.
„Das sind dieselben Leute, die gesagt haben, Saddam Hussein besitze Massenvernichtungswaffen“, ließ er am Sonntag in einer Erklärung wissen. Er glaube nicht, dass sich der Kreml eingemischt habe, hatte Trump zuvor in einem Interview gesagt. Hinter den Hackern könnte Russland stehen, aber auch China, „oder es könnte irgendein Bursche gewesen sein, der in seinem Haus in New Jersey hockte“.
Jedenfalls hat es Seltenheitswert, dass sich der künftige US-Präsident wenige Wochen vor seiner Vereidigung derart ruppig mit seinen Geheimdiensten anlegt. Ob sich das offene Misstrauen zu einem Konflikt auswächst, der womöglich Trumps gesamte Amtszeit prägen wird, gehört zu den Fragen, die das politische Washington derzeit beschäftigen.
Einflussnahme aus Moskau Nach Einschätzung der CIA, berichteten US-Zeitungen, hat Russland in den Wahlkampf eingegriffen, um Trump Vorteile zu verschaffen. Erst nach dem Votum habe die CIA ihre Bewertung der Cyberattacken geändert. Sie glaube, dass die Regierung Wladimir Putins Trump zu begünstigen versuchte. Zuvor war davon die Rede gewesen, dass Moskau das Vertrauen der US-Wähler in ihre Demokratie untergraben wolle. Die CIA, lautet im Nachhinein die Begründung, wollte in der Hitze des Wahlgefechts nicht den Eindruck erwecken, als ergreife sie Partei für Hillary Clinton. Daher habe sie zunächst eine vage Formulierung gewählt.
Wie die Medien berichten, sollen russische Hacker nicht nur die EMails des DNC, des Nationalkomitees der Demokratischen Partei, erbeutet haben, sondern auch jene des republikanischen Parteiapparats. Die Causa DNC hatte im Juli für Wirbel gesorgt, zeigte der Mail-Fundus doch, wie Clintons Rivale Bernie Sanders von Funktionären, die sich als Teil des Hillary-Teams verstanden, benachteiligt wurde. Auch die digitale Korrespondenz John Podestas, des Kampagnenstrategen von Hillary, ist der Enthüllungsplattform Wikileaks zugespielt worden. Die Attacke gegen das Nationalkomitee der Republikaner dagegen führte zu keiner Veröffentlichung. Es ist ein Punkt, der die Gemüter der Demokraten in Wallung bringt. Der Fall dürfte also noch Kreise ziehen.
Am Freitag hatte der scheidende US-Präsident Barack Obama eine Untersuchung der Hackerattacken angeordnet. Ihre Ergebnisse sollen vorliegen, bevor er am 20. Januar das Oval Office verlässt. Chuck Schumer, ab Januar Fraktionschef der Demokraten im Senat, fordert seinerseits parlamentarische Ermittlungen – ein Zeichen dafür, dass die Partei ihre Schockstarre nach dem Wahldebakel allmählich überwindet. „Allein schon der Verdacht, dass sich eine fremde Macht in unsere Wahlen einmischt, sollte beide Parteien bis ins Mark erschüttern“, sagt Schumer.