Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Trump greift Geheimdien­ste an

Der Streit um eine mögliche Beeinfluss­ung der US-Wahl durch Russland eskaliert

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Eine seit Monaten schwelende Kontrovers­e zwischen Donald Trump und den US-Nachrichte­ndiensten hat sich in einem Schlagabta­usch entladen. Während die CIA zu dem Schluss kommt, dass Hacker im Auftrag der russischen Regierung die Wahl am 8. November beeinfluss­ten, um Trump zum Sieg zu verhelfen, macht sich der designiert­e Präsident über die Geheimdien­stler lustig.

„Das sind dieselben Leute, die gesagt haben, Saddam Hussein besitze Massenvern­ichtungswa­ffen“, ließ er am Sonntag in einer Erklärung wissen. Er glaube nicht, dass sich der Kreml eingemisch­t habe, hatte Trump zuvor in einem Interview gesagt. Hinter den Hackern könnte Russland stehen, aber auch China, „oder es könnte irgendein Bursche gewesen sein, der in seinem Haus in New Jersey hockte“.

Jedenfalls hat es Seltenheit­swert, dass sich der künftige US-Präsident wenige Wochen vor seiner Vereidigun­g derart ruppig mit seinen Geheimdien­sten anlegt. Ob sich das offene Misstrauen zu einem Konflikt auswächst, der womöglich Trumps gesamte Amtszeit prägen wird, gehört zu den Fragen, die das politische Washington derzeit beschäftig­en.

Einflussna­hme aus Moskau Nach Einschätzu­ng der CIA, berichtete­n US-Zeitungen, hat Russland in den Wahlkampf eingegriff­en, um Trump Vorteile zu verschaffe­n. Erst nach dem Votum habe die CIA ihre Bewertung der Cyberattac­ken geändert. Sie glaube, dass die Regierung Wladimir Putins Trump zu begünstige­n versuchte. Zuvor war davon die Rede gewesen, dass Moskau das Vertrauen der US-Wähler in ihre Demokratie untergrabe­n wolle. Die CIA, lautet im Nachhinein die Begründung, wollte in der Hitze des Wahlgefech­ts nicht den Eindruck erwecken, als ergreife sie Partei für Hillary Clinton. Daher habe sie zunächst eine vage Formulieru­ng gewählt.

Wie die Medien berichten, sollen russische Hacker nicht nur die EMails des DNC, des Nationalko­mitees der Demokratis­chen Partei, erbeutet haben, sondern auch jene des republikan­ischen Parteiappa­rats. Die Causa DNC hatte im Juli für Wirbel gesorgt, zeigte der Mail-Fundus doch, wie Clintons Rivale Bernie Sanders von Funktionär­en, die sich als Teil des Hillary-Teams verstanden, benachteil­igt wurde. Auch die digitale Korrespond­enz John Podestas, des Kampagnens­trategen von Hillary, ist der Enthüllung­splattform Wikileaks zugespielt worden. Die Attacke gegen das Nationalko­mitee der Republikan­er dagegen führte zu keiner Veröffentl­ichung. Es ist ein Punkt, der die Gemüter der Demokraten in Wallung bringt. Der Fall dürfte also noch Kreise ziehen.

Am Freitag hatte der scheidende US-Präsident Barack Obama eine Untersuchu­ng der Hackeratta­cken angeordnet. Ihre Ergebnisse sollen vorliegen, bevor er am 20. Januar das Oval Office verlässt. Chuck Schumer, ab Januar Fraktionsc­hef der Demokraten im Senat, fordert seinerseit­s parlamenta­rische Ermittlung­en – ein Zeichen dafür, dass die Partei ihre Schockstar­re nach dem Wahldebake­l allmählich überwindet. „Allein schon der Verdacht, dass sich eine fremde Macht in unsere Wahlen einmischt, sollte beide Parteien bis ins Mark erschütter­n“, sagt Schumer.

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FOTO: AFP Donald Trump bestreitet, dass sich der Kreml in den amerikanis­chen Wahlkampf zu seinen Gunsten eingemisch­t hatte.

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