Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Atomkonzer­ne wollen etliche Klagen fallen lassen

Eon, RWE, EnBW, Vattenfall und Stadtwerke München verzichten auf Schadeners­atz – Atomgegner: PR-Maßnahme

- Von Tobias Schmidt

BERLIN - Die Ankündigun­g mehrerer deutscher Energiekon­zerne, eine Reihe von Klagen gegen die Bundesrepu­blik zurückzuzi­ehen, wenn das Gesetz zum Atomaussti­eg in Kraft getreten ist, ist von den Grünen scharf kritisiert worden. Dass ein erstes Bündel an Klagen zurückgezo­gen werde, sei zwar „ein erster wichtiger Schritt“, sagte Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter am Sonntag im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Das darf aber nicht darüber hinwegtäus­chen, dass viele Klagen noch nicht zurückgezo­gen wurden.“Hofreiter bezeichnet­e es als „unsittlich“, dass die Konzerne „einerseits über den Verbleib des Atommülls verhandeln wollen und gleichzeit­ig den Staat verklagen.“Der GrünenFrak­tionschef forderte Eon, RWE, Vattenfall und EnBW auf, „auch die verblieben­en Streitigke­iten mit Bezug zur Atomenergi­e auf nationaler Ebene und auf Ebene internatio­naler Schiedsger­ichte zu beenden“.

Die Konzerne hatten am Freitag angekündig­t, ein Bündel an Klagen fallen zu lassen. Nach Angaben der Anti-Atom-Organisati­on ausgestrah­lt handelt es sich dabei nur um die Spitze des Eisbergs. Bei den nun fallen gelassenen Klagen – unter anderem die Widersprüc­he gegen Vorausleis­tungsund Abschlagsb­escheide für das Atomendlag­er Konrad, Widersprüc­he gegen Zahlungen für das Atommüllla­ger Gorleben sowie Verfassung­sbeschwerd­en gegen Vorgaben zur Zwischenla­gerung von strahlende­n Abfällen – gehe es lediglich um ein Volumen von maximal 800 Millionen Euro, erklärte die Organisati­on am Wochenende. Die ausstehend­en Klagen könnten den Staat aber noch bis zu elf Milliarden Euro kosten. Allein der schwedisch­e Konzern Vattenfall versucht, vor einem internatio­nalen Schiedsger­icht 4,7 Milliarden Euro Schadenser­satz einzuklage­n, wie Hofreiter kritisiert­e.

Hintergrun­d der teilweisen Klagerückn­ahmen ist ein Gesetzespa­ket zur Finanzieru­ng des Atomaussti­egs. Es sieht vor, dass sich die vier Konzerne gegen Zahlung von insgesamt 23,55 Milliarden Euro bis zum Jahr 2022 vom Haftungsri­siko „freikaufen“, das dann an den Steuerzahl­er übergeht. Das Gesetzespa­ket zur Regelung der milliarden­schweren Zwischenun­d Endlagerun­g soll am Donnerstag vom Bundestag verabschie­det werden.

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FOTO: RASEMANN Kernkraftw­erk Gundremmin­gen.

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