Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gemeinderäte sehen Euro-Ticket gelassen
Stadtbus-Vorschlag von Ravensburgs OB wird weitestgehend positiv aufgenommen
WEINGARTEN - Eine Busfahrt für einen Euro. Um die angespannte Parksituation in Ravensburg zu entlasten, will der Ravensburger Oberbürgermeister Daniel Rapp das Busfahren samstags deutlich günstiger (eigentlich 2,10 Euro pro Fahrt) anbieten. Für Weingarten könnte das ein erhöhtes Verkehrsaufkommen, aber auch den Abzug von Kaufkraft bedeuten. Doch von solchen negativen Gedankenspielen sind Stadtverwaltung und Gemeinderat weit entfernt. Sie sehen Rapps Vorstoß gelassen. Während manch ein Stadtrat sich das gar als dauerhafte Lösung vorstellen könnte, fordern andere die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs.
Als Signal der interkommunalen Zusammenarbeit will Weingartens Oberbürgermeister Markus Ewald dieses Entgegenkommen verstanden wissen. Er habe seinem Amtskollegen bereits Verständnis für den Vorschlag signalisiert. „Wichtig ist uns dabei die zeitliche Befristung des Angebots mit Hinblick auf den Sanierungszeitraum der Marienplatztiefgarage“, sagt Ewald. Geplant ist, dass die Marienplatztiefgarage ab Mai für eineinhalb beziehungsweise teilweise sogar fast zweieinhalb Jahre saniert und damit nicht genutzt werden kann. Der Tarif soll daher ab April gelten. Darüber hinaus hebt Ewald hervor, dass die Stadt Ravensburg die entstehenden Zusatzkosten übernehmen wird. Schließlich hält auch Weingarten 2,4 Prozent der Anteile der Stadtbus Ravensburg Weingarten GmbH.
Auch sieht Ewald kein Risiko für die Innenstadt, dass die Kaufkraft nach Ravensburg abfließt. „Ich gehe nicht davon aus, dass der Fahrpreis von einem Euro das Einkaufsverhalten der Bürger verändern wird. Zumal dieses Angebot bis vor einigen Jahren fester Bestandteil des Busfahrens im Schussental war“, sagt er. Bis zum Jahr 2004 hatte es das Ein-EuroTicket am Samstag schon gegeben.
Das sieht auch Claus Keßel, Fraktionsvorsitzender der Grünen & Unabhängigen, ähnlich. Wer die Intention habe, nach Ravensburg zum Einkaufen zu gehen, lasse sich von solch einem Angebot nicht beeinflussen und „der ein oder andere wird sicher auch mal hier bleiben“, sieht Keßel das Ganze sogar als Chance. Auch, weil nun getestet werden könnte, wie das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sei. Gerade das Umsteigen könne künftig vielleicht besser bewertet werden. Daher schließt Keßel, trotz möglicher finanzieller Mehrbelastungen, das Ein-Euro-Ticket als Dauerlösung nicht aus: „Ich bin grundsätzlich dafür, dass der ÖPNV günstig ist und der Privatverkehr reduziert wird.“
Mit dieser Einstellung rennt er bei Doris Spieß von der SPD offene Türen ein. Schon lange fordert sie die Verbesserung der ÖPNV-Infrastruktur, will mehr Bushaltestellen, allen voran eine an der Hähnlehofstraße. „Wir wollen das Ganze im Paket. Es ist wichtig, dass mehr Bushaltestellen angebunden werden“, sagt sie. Es helfe nicht, wenn man mit dem Auto an die Bushaltestelle fahren müsse, um dann Bus fahren zu können. Daher will Spieß mit ihrer Fraktion in der kommenden Gemeinderatssitzung auch einen erneuten Antrag stellen.
Bonus an der falschen Stelle? Im Gegensatz zu Ewald und Keßel hat sie aber auch gewisse Bedenken bezüglich des Konsumverhaltens der Bürger. Schon bis 2004 habe es durch das Ticket die Tendenz gegeben, dass noch mehr Leute in Ravensburg und nicht in Weingarten eingekauft haben. „Den Effekt gab es und gibt es. Das wird wieder verstärkt und ist nicht im Sinne des Stadtmarketings“, sagt Spieß und spricht von einem Bonus an der falschen Stelle. „Das ist ein Ticket, dass nur auf das Einkaufsverhalten ausgerichtet ist.“
Die Sorge, dass Weingarten zu einem Ravensburger Parkplatz werden könnte, teilt Horst Wiest von den Freien Wählern nur bedingt. Er glaubt nicht, dass die Aktion Voroder Nachteile für Weingarten bringt. „Solange hier keine Kosten für Weingarten entstehen, sehe ich das relativ gelassen“, sagt Wiest, der sich das Ein-Euro-Ticket nicht dauerhaft vorstellen kann. „Wenn es unseren Haushalt belastet, halte ich das nicht für sinnvoll.“
Zustimmung bei diesem Aspekt kommt vonseiten der CDU. Fraktionsvorsitzender Axel Müller bezweifelt die Wirtschaftlichkeit, kann sich das Ganze daher nicht auf Dauer vorstellen – auch wenn er die Idee beziehungsweise das Angebot grundsätzlich sehr gut findet. „Ich habe das selber genutzt. Das ist eine sehr attraktive Sache, um das Auto stehen zu lassen“, erinnert sich Müller an die Zeit bis 2004.
Für Egon Girmes, Fraktionsvorsitzender der Bürger für Weingarten, ist das kaum interessant. „Ich halte mich samstags wenig in Ravensburg auf“, sagt er lachend. Man müsse schauen, ob sich das rechne. Dann könne er sich das Ein-Euro-Ticket auch langfristig vorstellen. Mit Blick auf die klamme Stadtkasse müsse man auf jeden Cent schauen, doch ist sich Girmes sicher: „Ich denke, wir haben dringendere Sorgen als diese Busgeschichte.“