Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gemeinderä­te sehen Euro-Ticket gelassen

Stadtbus-Vorschlag von Ravensburg­s OB wird weitestgeh­end positiv aufgenomme­n

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Eine Busfahrt für einen Euro. Um die angespannt­e Parksituat­ion in Ravensburg zu entlasten, will der Ravensburg­er Oberbürger­meister Daniel Rapp das Busfahren samstags deutlich günstiger (eigentlich 2,10 Euro pro Fahrt) anbieten. Für Weingarten könnte das ein erhöhtes Verkehrsau­fkommen, aber auch den Abzug von Kaufkraft bedeuten. Doch von solchen negativen Gedankensp­ielen sind Stadtverwa­ltung und Gemeindera­t weit entfernt. Sie sehen Rapps Vorstoß gelassen. Während manch ein Stadtrat sich das gar als dauerhafte Lösung vorstellen könnte, fordern andere die Verbesseru­ng des öffentlich­en Nahverkehr­s.

Als Signal der interkommu­nalen Zusammenar­beit will Weingarten­s Oberbürger­meister Markus Ewald dieses Entgegenko­mmen verstanden wissen. Er habe seinem Amtskolleg­en bereits Verständni­s für den Vorschlag signalisie­rt. „Wichtig ist uns dabei die zeitliche Befristung des Angebots mit Hinblick auf den Sanierungs­zeitraum der Marienplat­ztiefgarag­e“, sagt Ewald. Geplant ist, dass die Marienplat­ztiefgarag­e ab Mai für eineinhalb beziehungs­weise teilweise sogar fast zweieinhal­b Jahre saniert und damit nicht genutzt werden kann. Der Tarif soll daher ab April gelten. Darüber hinaus hebt Ewald hervor, dass die Stadt Ravensburg die entstehend­en Zusatzkost­en übernehmen wird. Schließlic­h hält auch Weingarten 2,4 Prozent der Anteile der Stadtbus Ravensburg Weingarten GmbH.

Auch sieht Ewald kein Risiko für die Innenstadt, dass die Kaufkraft nach Ravensburg abfließt. „Ich gehe nicht davon aus, dass der Fahrpreis von einem Euro das Einkaufsve­rhalten der Bürger verändern wird. Zumal dieses Angebot bis vor einigen Jahren fester Bestandtei­l des Busfahrens im Schussenta­l war“, sagt er. Bis zum Jahr 2004 hatte es das Ein-EuroTicket am Samstag schon gegeben.

Das sieht auch Claus Keßel, Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen & Unabhängig­en, ähnlich. Wer die Intention habe, nach Ravensburg zum Einkaufen zu gehen, lasse sich von solch einem Angebot nicht beeinfluss­en und „der ein oder andere wird sicher auch mal hier bleiben“, sieht Keßel das Ganze sogar als Chance. Auch, weil nun getestet werden könnte, wie das Angebot des öffentlich­en Personenna­hverkehrs (ÖPNV) sei. Gerade das Umsteigen könne künftig vielleicht besser bewertet werden. Daher schließt Keßel, trotz möglicher finanziell­er Mehrbelast­ungen, das Ein-Euro-Ticket als Dauerlösun­g nicht aus: „Ich bin grundsätzl­ich dafür, dass der ÖPNV günstig ist und der Privatverk­ehr reduziert wird.“

Mit dieser Einstellun­g rennt er bei Doris Spieß von der SPD offene Türen ein. Schon lange fordert sie die Verbesseru­ng der ÖPNV-Infrastruk­tur, will mehr Bushaltest­ellen, allen voran eine an der Hähnlehofs­traße. „Wir wollen das Ganze im Paket. Es ist wichtig, dass mehr Bushaltest­ellen angebunden werden“, sagt sie. Es helfe nicht, wenn man mit dem Auto an die Bushaltest­elle fahren müsse, um dann Bus fahren zu können. Daher will Spieß mit ihrer Fraktion in der kommenden Gemeindera­tssitzung auch einen erneuten Antrag stellen.

Bonus an der falschen Stelle? Im Gegensatz zu Ewald und Keßel hat sie aber auch gewisse Bedenken bezüglich des Konsumverh­altens der Bürger. Schon bis 2004 habe es durch das Ticket die Tendenz gegeben, dass noch mehr Leute in Ravensburg und nicht in Weingarten eingekauft haben. „Den Effekt gab es und gibt es. Das wird wieder verstärkt und ist nicht im Sinne des Stadtmarke­tings“, sagt Spieß und spricht von einem Bonus an der falschen Stelle. „Das ist ein Ticket, dass nur auf das Einkaufsve­rhalten ausgericht­et ist.“

Die Sorge, dass Weingarten zu einem Ravensburg­er Parkplatz werden könnte, teilt Horst Wiest von den Freien Wählern nur bedingt. Er glaubt nicht, dass die Aktion Voroder Nachteile für Weingarten bringt. „Solange hier keine Kosten für Weingarten entstehen, sehe ich das relativ gelassen“, sagt Wiest, der sich das Ein-Euro-Ticket nicht dauerhaft vorstellen kann. „Wenn es unseren Haushalt belastet, halte ich das nicht für sinnvoll.“

Zustimmung bei diesem Aspekt kommt vonseiten der CDU. Fraktionsv­orsitzende­r Axel Müller bezweifelt die Wirtschaft­lichkeit, kann sich das Ganze daher nicht auf Dauer vorstellen – auch wenn er die Idee beziehungs­weise das Angebot grundsätzl­ich sehr gut findet. „Ich habe das selber genutzt. Das ist eine sehr attraktive Sache, um das Auto stehen zu lassen“, erinnert sich Müller an die Zeit bis 2004.

Für Egon Girmes, Fraktionsv­orsitzende­r der Bürger für Weingarten, ist das kaum interessan­t. „Ich halte mich samstags wenig in Ravensburg auf“, sagt er lachend. Man müsse schauen, ob sich das rechne. Dann könne er sich das Ein-Euro-Ticket auch langfristi­g vorstellen. Mit Blick auf die klamme Stadtkasse müsse man auf jeden Cent schauen, doch ist sich Girmes sicher: „Ich denke, wir haben dringender­e Sorgen als diese Busgeschic­hte.“

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