Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wohnanlage soll als Vorbild dienen
Bau- und Sparverein baute in Weingarten 30 neue Mietwohnungen – Sozialminister Lucha war unter den Gästen
WEINGARTEN – Es war eine schwere Geburt – doch sie fand ein glückliches Ende. Vor genau vier Jahren begann der Bau- und Sparverein Ravensburg mit konkreten Planungen für ein Mehrgenerationenhaus in der Haasstraße 2 in Weingarten.
Obwohl alle Fraktionen des Gemeinderats dem Projekt zustimmten, regte sich Widerstand in der Nachbarschaft, sogar der Petitionsausschuss des Landtags wurde angerufen. Vergeblich. Aber es gab Nachbesserungen. Und diese Woche – nach einer Bauzeit von 13 Monaten – ist die Wohnanlage im Beisein einiger Prominenz eingeweiht worden. Es sind 25 neue Mietwohnungen und eine Seniorenwohngemeinschaft entstanden, insgesamt 30 Wohnungen. Der Kostenrahmen sei eingehalten worden: 4,4 Millionen Euro.
Zu allererst begrüßte Mark Ullrich, Vorstandsvorsitzender der Genossenschaft, die „lieben Nachbarn und Bewohner“der neuen Wohnanlage. Hernach bedankte er sich vor allem beim Weingartener Oberbürgermeister Markus Ewald. Die Kooperation mit der Stadt habe super geklappt, und auch im Verhältnis mit den Nachbarn hätten sich die Wogen geglättet.
Wie der fürs Bauen zuständige BSV-Vorstand Lothar Reger berichtete, umfasst der viergeschossige Bau drei Drei-Zimmer-Wohnungen, 13 Zwei-Zimmer-Wohnungen, neun Ein-Zimmer-Wohnungen sowie eine Seniorengemeinschaft mit vier Zwei-Zimmer-Wohnungen, einer Ein-Zimmer-Wohnung und Gemeinschaftsräume von 70 Quadratmetern Größe. Zusammen also 30 Wohnungen. Zudem gibt es einen KinderSpielplatz mit – etwas ziemlich Neues – Seniorenfitness-Geräten. Alle Wohnungen sind schon vermietet und zum größten Teil bezogen.
Viel war bei der Feier von einem Modell-Objekt die Rede. Es handle sich, so Lothar Reger, um ein Gebäude in Holzhybrid-Bauweise und um ein Nullenergiehaus, man biete zudem kostengünstigen Mieterstrom an. Die Holzhybridbauweise: Die Decken zwischen den Geschossen bestehen aus 10 Zentimetern Massivholz, darüber wurde eine Massivdecke verschraubt. Man habe 350 Kubikmeter Holz verbaut, was 50 ausgewachsenen Bäumen entspreche, sagte Reger. Der BSV ist beteiligt am Projekt „Plant for the Planet“. Dafür wird weltweit Schokolade verkauft. Für fünf Tafeln – 250 Tafeln hat die Genossenschaft erworben – wird ein Baum gepflanzt.
Nullenergiehaus: Die Solaranlage auf dem Dach stellt so viel Energie her, wie das Haus für Warmwasser und Heizung braucht. Das Haus besitzt zudem eine Sole-Wasser-Gasbrennwert-Pumpe (basierend auf drei Erdsonden) und ein Gasbrennwertgerät zur Deckung des Spitzenverbrauchs. Mieterstrom: Mit den Technischen Werken Schussental hat der BSV das erste große Mieterstrom-Modell an den Start gebracht. Der auf dem Dach produzierte Strom wird direkt ins Haus eingespeist. Das sei für die Mieter wesentlich günstiger als der Strom vom Netz. Das Ganze, so Reger, funktioniere aber nur dank eines ausgeklügelten Mess- und Verteilsystems. Lothar Reger dankte vor allem dem planenden Architekten Jürgen Kneer für die enge Zusammenarbeit.
OB Ewald sprach von einem Projekt der Zukunft. Mietwohnungsbau werde immer seltener. Er hoffe, dass sich am BSV-Objekt auch andere Bauträger ein Beispiel nehmen. Einmal mehr lobte der OB das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum. Es sei ein Baustein zur Lösung des Wohnungsproblems.
Bauen wird immer teurer Dieses Haus hat Vorbild-Charakter, stellte Sigrid Feßler, Direktorin des Verbands der Wohnungsbauunternehmen, fest. Sie beklagte, dass Bauen immer anspruchsvoller und teurer werde. So seien die reinen Wohnungsbaukosten seit dem Jahr 2000 um 49 Prozent gestiegen. Das Land solle dringend Hürden abbauen. Man benötige schnellere Bebauungsplanund Genehmigungsverfahren.
Prominentester Gast der Feier war der in Ravensburg beheimatete Landessozial- und Integrationsminister Manfred Lucha. Das Modell Wohnen mit sozialen Hilfen, wie es der BSV anbiete, sei die Zukunft, fand der Grünen-Politiker und fügte hinzu: „Wir sind die Rollator-Benützer der Zukunft“. Das Land werde vorbildliche Projekte wie das des BSV in der Haasstraße in Zukunft fördern und begleiten. Lucha war Berichterstatter im Petitionsausschuss des Landtags, als es um das BSV-Projekt ging.
BSV-Aufsichtsratschef Hans Gerstlauer schließlich pries einmal mehr den Genossenschafts-Gedanken. „Wir ziehen kein Geld heraus aus unseren Projekten“. Vielleicht, so Gerstlauer, werde sich der Bauund Sparverein auch auf dem Schuler-Areal engagieren.