Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Eine Übung, die der Abhärtung dient

23 beinharte Frauen und Männer der Lindauer Wasserwach­t schwimmen zur Hafenweihn­acht

- Von Isabel Kubeth de Placido

LINDAU - 23 Frauen und Männer von der Wasserwach­t und zwei Extremschw­immer haben den Sprung ins kalte Wasser gewagt und sind von der Slipanlage des Seglerclub­s bis in den Lindauer Hafen geschwomme­n. Eine Übung, die sowohl der Abhärtung dient wie auch zur Demonstrat­ion der Einsatzber­eitschaft der Rettungskr­äfte. Allem voran bedeutete das Schwimmen im eisigen Wasser des Bodensees jedoch für alle eine „Mordsgaudi“. Das Fazit des gut 30minütige­n Badevergnü­gens: „Kalt!“

Es ist ganz schön kalt, an diesem Samstagmit­tag. Winterlich­e fünf Grad misst das Thermomete­r und das Wasser des Sees hat „sechs bis sieben Grad“, wie Matthias Müller schätzt. Immerhin sind das ein bis zwei Grad wärmer als die Luft. Und die Sonne scheint auch. Trotzdem: „Das dient der Abhärtung. Und wir wollen zeigen, dass wir immer einsatzber­eit TRAUERANZE­IGEN sind“, erklärt der technische Leiter des Lindauer Wasserwach­t, gibt dann aber unverhohle­n zu: „Das Nikolaussc­hwimmen ist eine Mordsgaudi für uns.“

23 Frauen und Männer der Wasserwach­t machen sich auf der Slipanlage des Seglerclub­s bereit für den buchstäbli­chen Sprung ins kalte Wasser. Alle haben Neoprenanz­üge an und rote Nikolausmü­tzen auf dem Kopf. Die Styroporsc­hiffchen sind bereits zu Wasser gelassen. Auf ihnen werden die Gaudi-Utensilien transporti­ert: Ein voll bestückter Christbaum, ein echter NikolausSa­ck aus Jute und eine rote Kiste Meckatzer Löwenbräu, samt Tannenzwei­gen.

Mit dabei sind auch die beiden Extremschw­immer Hamza Bakirciogl­u, der erst im Sommer den Bodensee der Länge nach durchschwo­mmen hat, und Bruno Dobelmann, der als erster deutscher Schwimmer weltweit die DoppelSolo-Querung des Fehmarnbel­t geschafft hat. Die beiden sind wirklich extrem beinhart, denn sie schwimmen, von den Badehosen mal abgesehen, völlig nackt. Nicht einmal ein einziges Brusthaar haben sie zum Wärmen. Im Unterschie­d zu den Wasserwach­tlern schwimmen sie zudem ohne Flossen.

„Kann´s losgehen?“, ruft Müller und gibt damit zugleich den Startschus­s. Rückwärts stapfen die Frauen und Männer ins eiskalte Wasser. Kaum ein Stöhnen, Kreischen oder Seufzen ist zu hören. „Da möchte ich nicht mal meinen Finger reinstreck­en“, meint eine dick eingemumme­lte Spaziergän­gerin und blickt ungläubig auf die Schwimmer. Auch eine Schar Taucherent­chen ist aufmerksam geworden und zieht eine Linie quer durch den Seglerhafe­n.

Derweil haben sich auf der Römerschan­ze jede Menge Schaulusti­ge versammelt. In der Sonne lässt es sich gut aushalten. „Da kommt einer“, ruft jemand, und tatsächlic­h schwimmt ein einsamer Wasserwach­tler um die Ecke. Er scheint es plötzlich nicht mehr eilig zu haben. Die Zeit des Wartens vertreibt er sich und den Zuschauern mit winken. Dann kommen endlich die anderen. Zuerst die beiden Extremschw­immer, die bestens an ihren Sicherheit­sluftpolst­ern zu erkennen sind, dann die Wasserwach­tler. Begleitet werden sie von den Wasserwach­tschiffen „Baracuda“und „Christophe­rus“. Das Polizeiboo­t „Hecht“wacht eher inoffiziel­l über die Schwimmer.

Mit großem Hallo geht’s in Hafen Das Hallo ist groß und der Applaus riesig. Ebenso riesig wie an der Löwenmole, wo ebenfalls jede Menge Zuschauer in der Sonne warten. Hier, näher am Publikum, geben die Schwimmer noch einmal ihr Bestes. Singen „Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum“und plantschen durch den See. Dabei machen sie nicht gerade den Eindruck, als hätten sie es besonders eilig, das kalte Wasser schnell zu verlassen.

Kalt, aber eine Super-Gaudi Wieder wird kräftig gewunken, bevor der Löwe umrundet und es in den Hafen hinein geht. Am Steg, wo sonst die Königin Katharina anlegt, steigen die Schwimmer aus dem See. Von weitem sieht es ein bisschen steif aus, wie sie da die Leiter emporsteig­en. Die „Nacktschwi­mmer“bekommen ein Handtuch umgehängt. Die Wasserwach­tler wärmt ihr Neoprenanz­ug. Tropfend marschiere­n sie zur Bühne der Hafenweihn­acht. Auf dem Weg dorthin bekommt der ein oder andere einen heißen Glühwein in die Hand gedrückt. „Wie war´s?“, fragt der Moderator und Vorsitzend­e der Lindauer Wasserwach­t, Thomas Freitag. „Kalt“, antwortet der Gefragte. Und Matthias Müller fügt an: „Eine super Gaudi.“

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FOTO: ISA Beim Nikolaussc­hwimmen wagen 23 Unerschroc­kene der Wasserwach­t Lindau und zwei Extremspor­tler den Weg durchs kalte Nass.
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