Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Eine Übung, die der Abhärtung dient
23 beinharte Frauen und Männer der Lindauer Wasserwacht schwimmen zur Hafenweihnacht
LINDAU - 23 Frauen und Männer von der Wasserwacht und zwei Extremschwimmer haben den Sprung ins kalte Wasser gewagt und sind von der Slipanlage des Seglerclubs bis in den Lindauer Hafen geschwommen. Eine Übung, die sowohl der Abhärtung dient wie auch zur Demonstration der Einsatzbereitschaft der Rettungskräfte. Allem voran bedeutete das Schwimmen im eisigen Wasser des Bodensees jedoch für alle eine „Mordsgaudi“. Das Fazit des gut 30minütigen Badevergnügens: „Kalt!“
Es ist ganz schön kalt, an diesem Samstagmittag. Winterliche fünf Grad misst das Thermometer und das Wasser des Sees hat „sechs bis sieben Grad“, wie Matthias Müller schätzt. Immerhin sind das ein bis zwei Grad wärmer als die Luft. Und die Sonne scheint auch. Trotzdem: „Das dient der Abhärtung. Und wir wollen zeigen, dass wir immer einsatzbereit TRAUERANZEIGEN sind“, erklärt der technische Leiter des Lindauer Wasserwacht, gibt dann aber unverhohlen zu: „Das Nikolausschwimmen ist eine Mordsgaudi für uns.“
23 Frauen und Männer der Wasserwacht machen sich auf der Slipanlage des Seglerclubs bereit für den buchstäblichen Sprung ins kalte Wasser. Alle haben Neoprenanzüge an und rote Nikolausmützen auf dem Kopf. Die Styroporschiffchen sind bereits zu Wasser gelassen. Auf ihnen werden die Gaudi-Utensilien transportiert: Ein voll bestückter Christbaum, ein echter NikolausSack aus Jute und eine rote Kiste Meckatzer Löwenbräu, samt Tannenzweigen.
Mit dabei sind auch die beiden Extremschwimmer Hamza Bakircioglu, der erst im Sommer den Bodensee der Länge nach durchschwommen hat, und Bruno Dobelmann, der als erster deutscher Schwimmer weltweit die DoppelSolo-Querung des Fehmarnbelt geschafft hat. Die beiden sind wirklich extrem beinhart, denn sie schwimmen, von den Badehosen mal abgesehen, völlig nackt. Nicht einmal ein einziges Brusthaar haben sie zum Wärmen. Im Unterschied zu den Wasserwachtlern schwimmen sie zudem ohne Flossen.
„Kann´s losgehen?“, ruft Müller und gibt damit zugleich den Startschuss. Rückwärts stapfen die Frauen und Männer ins eiskalte Wasser. Kaum ein Stöhnen, Kreischen oder Seufzen ist zu hören. „Da möchte ich nicht mal meinen Finger reinstrecken“, meint eine dick eingemummelte Spaziergängerin und blickt ungläubig auf die Schwimmer. Auch eine Schar Taucherentchen ist aufmerksam geworden und zieht eine Linie quer durch den Seglerhafen.
Derweil haben sich auf der Römerschanze jede Menge Schaulustige versammelt. In der Sonne lässt es sich gut aushalten. „Da kommt einer“, ruft jemand, und tatsächlich schwimmt ein einsamer Wasserwachtler um die Ecke. Er scheint es plötzlich nicht mehr eilig zu haben. Die Zeit des Wartens vertreibt er sich und den Zuschauern mit winken. Dann kommen endlich die anderen. Zuerst die beiden Extremschwimmer, die bestens an ihren Sicherheitsluftpolstern zu erkennen sind, dann die Wasserwachtler. Begleitet werden sie von den Wasserwachtschiffen „Baracuda“und „Christopherus“. Das Polizeiboot „Hecht“wacht eher inoffiziell über die Schwimmer.
Mit großem Hallo geht’s in Hafen Das Hallo ist groß und der Applaus riesig. Ebenso riesig wie an der Löwenmole, wo ebenfalls jede Menge Zuschauer in der Sonne warten. Hier, näher am Publikum, geben die Schwimmer noch einmal ihr Bestes. Singen „Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum“und plantschen durch den See. Dabei machen sie nicht gerade den Eindruck, als hätten sie es besonders eilig, das kalte Wasser schnell zu verlassen.
Kalt, aber eine Super-Gaudi Wieder wird kräftig gewunken, bevor der Löwe umrundet und es in den Hafen hinein geht. Am Steg, wo sonst die Königin Katharina anlegt, steigen die Schwimmer aus dem See. Von weitem sieht es ein bisschen steif aus, wie sie da die Leiter emporsteigen. Die „Nacktschwimmer“bekommen ein Handtuch umgehängt. Die Wasserwachtler wärmt ihr Neoprenanzug. Tropfend marschieren sie zur Bühne der Hafenweihnacht. Auf dem Weg dorthin bekommt der ein oder andere einen heißen Glühwein in die Hand gedrückt. „Wie war´s?“, fragt der Moderator und Vorsitzende der Lindauer Wasserwacht, Thomas Freitag. „Kalt“, antwortet der Gefragte. Und Matthias Müller fügt an: „Eine super Gaudi.“