Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Thyssen-Krupp arbeitet in Rottweil am Aufzug ohne Seile
Testturm nimmt Betrieb auf – Geplante Aussichtsplattform wird erst später eröffnet
ROTTWEIL - Für Rottweil, die älteste Stadt Baden-Württembergs, beginnt ein neues Zeitalter. Ziemlich genau zwei Jahre nach der Grundsteinlegung hat der Essener Konzern Thyssen-Krupp am Montag seinen 246 Meter hohen Testturm offiziell in Betrieb genommen. Er löst den Stuttgarter Fernsehturm (216 Meter) als höchstes Gebäude im Land ab.
Hier sollen völlig neuartige Aufzüge entwickelt werden. „Wir treten eine Revolution los“, sagt Markus Jetter, Leiter der Entwicklungsabteilung.
Gerade mal knapp vier Jahre dauerte es von der Planung über die Genehmigung bis zur Fertigstellung des 40-Millionen-Euro-Projekts. „Wir liegen voll im Zeit- und Kostenplan“, konstatierte Andreas Schierenbeck, Vorstandsvorsitzender der Aufzugssparte von Thyssen-Krupp.
Nicht im Zeitplan liegt allerdings die Außenhülle. Sie sollte längst montiert sein, doch bisher haben die Arbeiten wegen technischer Probleme noch nicht einmal begonnen. Das bedeutet, dass die für kommenden Mai vorgesehene Eröffnung der mit 232 Metern höchsten Aussichtsplattform Deutschlands verschoben wird. Der Vorstandsvorsitzende rechnet vage mit „Mitte des kommenden Jahres“. Das wäre der Optimalfall, wenn man bedenkt, dass die reine Montage fünf Monate in Anspruch nimmt und bei Kälte nicht gearbeitet werden kann. Für Thyssen-Krupp ist das „sehr ärgerlich“, aber zweitrangig. Im Zentrum steht „die Entwicklung bahnbrechender Innovationen“, wie Schierenbeck betont, und da vor allem ein völlig neuer Aufzugstypus namens Multi. Er kommt ohne die herkömmlichen Seile aus, funktioniert nach den Gesetzen der Magnetschwebetechnik und kann sich sowohl vertikal als auch horizontal bewegen. „Weltweit einmalig“, sagt Schierenbeck. Drei der zwölf Schächte im Testturm sind für dieses neue Mehrkabinen-Aufzugssystem bereitgestellt. Sie waren bei der Besichtigung am Montag verhüllt, um etwaigen Spionen keinerlei Rückschlüsse zu bieten.
„An den physikalischen Grenzen“Die ersten Ingenieure nehmen in diesen Tagen ihre Arbeit in Rottweil auf. Insgesamt sind im Turm künftig 30 Thyssen-Krupp-Mitarbeiter beschäftigt.
„Wir bewegen uns an den physikalischen Grenzen“, sagte ein Techniker von Thyssen-Krupp. Der Konzern reagiert mit dem Bau in Rottweil auf die weltweite Entwicklung. „Der Trend geht überall in die Höhe“, sagt Markus Jetter. „Es wird bald Gebäude von mehr als Tausend Metern Höhe geben“, erklärt er und spricht von „vertikalen Städten“. Heißt: Die Stadtbewohner der Zukunft werden in luftigen Höhen angesiedelt.