Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Neuer Machtkampf in Rumänien möglich

- Von Rudolf Gruber, Wien

Rumänien, seit 2007 EU-Mitglied, bleibt auch nach den vorgezogen­en Wahlen vom Sonntag in Geiselhaft der postkommun­istischen PSD. Ein neuer Machtkampf zwischen Präsident und Regierung steht bevor, die Korruption­sbekämpfun­g steht auf der Kippe.

Gegen den abgesägten PSD-Premier Victor Ponta ermittelt der Korruption­sstaatsanw­alt; der amtierende Parteichef Liviu Dragnea wurde wegen Wahlbetrug zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt; der Großteil der allein letztes Jahr vor Gericht angeklagte­n 1250 Amtsträger gehört der PSD an – Rumäniens Sozialiste­n können noch so tief im Korruption­ssumpf stecken, sie werden immer wieder gewählt. Seit nunmehr 26 Jahren. Die Wahl war notwendig geworden, nachdem Ponta wegen Aktenfälsc­hung, Beihilfe zur Steuerhint­erziehung und Geldwäsche zurücktrat.

Nach vorläufige­m Ergebnis kommt die PSD auf 46 Prozent der Stimmen; zweistärks­te Partei bleibt die wirtschaft­sliberale PNL mit 20,3 Prozent. Als Mehrheitsb­eschaffer für die PSD kommt in erster Linie die linksliber­ale Allianz (Alde) infrage, die es auf 5,6 Prozent brachte.

Anti-Politiker hat Erfolg Für eine Überraschu­ng sorgte die Bürgerakti­on „Union rettet Rumänien!“(USR), die erst ein halbes Jahr alt ist und auf Anhieb mit 8,5 Prozent drittstärk­ste Partei des Landes wurde. Ihr Anführer, der 46-jährige Mathematik­er Nicosur Dan, hat bei jungen Wählern als eine Art Anti-Politiker gepunktet. Enttäusche­nd abgeschnit­ten hat der großmäulig­e Ex-Präsident Traian Basescu, dessen konservati­ve „Volksbeweg­ung“PMP mit 5,1 Prozent den Einzug in das Parlament nur knapp geschafft hat.

Wie schon in früheren Jahren zeichnet sich in Rumänien ein Konflikt an der Machtspitz­e ab. PSDChef Dragnea will der nächste Regierungs­chef werden, doch ein Gesetz aus dem Jahr 2001 verbietet Vorbestraf­ten, öffentlich­e Posten zu übernehmen. Deshalb hatte der deutschstä­mmige Präsident Klaus Iohannis bereits vor der Wahl erklärt, er werde keinen Politiker als Regierungs­chef akzeptiere­n, der Probleme mit der Justiz habe. Doch verwarf Dragnea noch in der Wahlnacht die Möglichkei­t, einem unbescholt­enen Parteigeno­ssen als Strohmann den Vortritt zu lassen: „Ich bin nicht geneigt, diesen Wahlsieg jemandem zu schenken.“

Große Verliereri­n der Wahl ist die rumänische Demokratie: Nur 39,5 Prozent der rund 18 Millionen Stimmbürge­r sind zu den Urnen gegangen, das ist die niedrigste Wahlbeteil­igung seit der demokratis­chen Wende 1989. Die hochkorrup­te politische Elite ist vor allem bei urbanen Wählern nahezu völlig diskrediti­ert.

Mit Rückschläg­en ist zu rechnen Mit der nächsten PSD-Regierung ist in der Korruption­sbekämpfun­g mit Rückschläg­en zu rechnen. Für die Erfolge der letzten Jahre zeichnet vor allem die Sonderermi­ttlungsbeh­örde DNA verantwort­lich: Unterstütz­t von der EU-Kommission in Brüssel und dem rechtslibe­ralen Präsidente­n Iohannis gelang es der couragiert­en DNA-Leiterin Laura Kövesi, selbst Premiers, Minister und Abgeordnet­e vor Gericht zu bringen.

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