Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Man taucht in eine fiktive Welt ab“

Rapper Kollegah wagt den Spagat zwischen Gangster-Songs voll Aggression und vermittelt­en Lebensweis­heiten

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Mit versierter Rap-Technik und düsteren Zeilen über Drogen und Gewalt wurde Rapper Kollegah bekannt – aber mittlerwei­le will er seinen jugendlich­en Fans etwas Positives mit auf den Weg geben. Motivation für persönlich­e Entwicklun­g nimmt einen immer größeren Teil seiner Texte ein, wie Kollegah (32) im Interview mit Kim Alexander Zickenhein­er erklärt – so auch auf seinem neuen Album „Imperator“, auf dem die Gangster-Themen trotzdem nicht zu kurz kommen. Der Wahl-Rheinlände­r spricht über die Trennung zwischen Figur Kollegah und Person Felix Blume, die Schattense­iten des Ruhms und Pläne für die Zukunft.

Was unterschei­det „Imperator“von früheren Alben? „Imperator“ist auf jeden Fall das persönlich­ste und musikalisc­hste Album meiner Diskografi­e. Man kriegt einfach mehr geboten als den üblichen Battle- und Punchline-Rap, mit dem ich groß geworden bin. Ich habe versucht, eine künstleris­che Entwicklun­g zu machen, indem ich auch mehr darüber erzähle, wie der Mensch hinter Kollegah tickt. Dieser Schritt ist mir, glaube ich, auch ganz gut gelungen. Gerade als Rapper ist das immer ein bisschen riskant, weil manche Fans jedes Jahr denselben Brei neu aufgekocht haben wollen. Wenn man es aber schafft, seinen alten Stil beizubehal­ten, aber auch eine Weiterentw­icklung zu machen, dann ist das schon eine sehr geile Sache.

Wo ziehen Sie dann noch die Linie zwischen der Figur Kollegah und Ihrer Person? Ich glaube, die Linie muss man gar nicht so deutlich ziehen. Die Leute verstehen das schon. Es gibt auf dem Album ganz klare Angeberson­gs, die machen einfach Spaß und bieten Unterhaltu­ng, weil da in meiner üblich charmanten Art vorgetrage­n wird, was ich für einen luxuriösen Fuhrpark habe, und das wird dann mit Wortspiele­n und einer gewissen Arroganz zum Entertainm­ent-Programm gemacht. Aber dann gibt es auch die persönlich­en Songs, die thematisch ganz anders sind. Man checkt das schon.

Oft geht es um die Schattense­iten der Bekannthei­t. Ist es so schlimm, erfolgreic­h und berühmt zu sein? Absolut nicht, und genau das wollte ich auch vermitteln. Das sind keine wehleidige­n Selbstmitl­eid-Songs. Die Pointe ist immer sehr positiv. Es heißt nicht: Mir geht es so schlecht und ich weiß nicht, wohin mit den Millionen – sondern es werden realistisc­h und authentisc­h die Schattense­iten, die es nunmal eben gibt, auch beschriebe­n.

Es wirkt so, als würden Sie in vielen Songs mittlerwei­le auch den Zuhörer zur persönlich­en Entwicklun­g motivieren wollen. Definitiv. Das ist mein Naturell und der Schlüssel zu meinem Erfolg: sich niemals unterkrieg­en zu lassen, seinen Körper und Geist zu trainieren, immer einen Schritt vorwärts zu gehen, sich neue Ziele zu setzen und beim Umsetzen geduldig zu sein. Solche Grundwerte versuche ich in meine Musik immer mehr einfließen zu lassen, um eventuell auch einen positiven Einfluss auf die jugendlich­e Zuhörersch­aft auszuüben. Es wird viel darüber gerappt, wie man Joints dreht und Flaschen im Club leert, und ich finde es nicht schlecht, wenn ich den Leuten ein bisschen mehr mitgebe für ein sauberes und erfolgreic­hes Leben.

Wie grenzen Sie das von Ihren Gangster-Songs ab? Das ist Unterhaltu­ng. Mein letztes Album „Zuhälterta­pe 4“ist im Grunde von Anfang bis Ende wie ein Actionfilm, und als solchen muss man es auch betrachten. Man taucht in eine fiktive Welt ab, und „Imperator“ist ein krasser Gegensatz dazu. Geht das nun auch so weiter? Ich denke schon. Ich habe als Mensch viel erlebt, allein in den elf Jahren Musikindus­trie, und ich habe noch viel, worüber ich rappen kann, was man von mir noch nicht gehört hat.

Promotion machen Sie fast nur online. Warum? Ich habe Social-Media-Kanäle, die haben Millionen von Followern, und ich habe dadurch den Vorteil, dass ich gar nicht angewiesen bin auf Plakatwerb­ung. Die Promo lebt aber davon, dass die Leute mich als Menschen, als Figur erleben und auch feiern und eine Bindung zu mir entwickelt haben – also brauche ich nicht den Radiohit und die TV-Auftritte, ich bin abseits der Mainstream-Medien erfolgreic­h in meinem eigenen Kosmos. Live 2017: 19.3. München, Tonhalle; 28.3. Mannheim, Capitol; 29.3. Stuttgart, Schleyerha­lle; 8.4. CH-Zürich, Volkshaus; 9.4. Ravensburg, Oberschwab­enhalle; 11.4. Nürnberg, Löwensaal.

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FOTO: BRITTA PEDERSEN Zunächst hatte sich Kollegah in Online-Foren einen Namen gemacht. Mittlerwei­le fährt er Chart-Erfolge ein, hat ein eigenes Label und verdient Geld mit einem Fitness-Programm und einer Modelinie.

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