Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Betrüger zieht Frauen Geld aus der Tasche
Amtsgericht Lindau verurteilt 29-Jährigen zu einer Haftstrafe – Weingartenerin unter den Opfern
LINDAU/WEINGARTEN - „Wie kann die Damenwelt nur so blöd sein?“– Diese Frage hat Anwalt Gerd Prokop an den Anfang seines Plädoyers für den Angeklagten gestellt. Richter Klaus Harter formulierte es zwar nicht ganz so krass. Doch auch er machte deutlich, dass er das Verhalten dreier Frauen aus Lindau und Weingarten nicht ganz nachvollziehen könne. Denn sie hatten sich vom Angeklagten immer wieder Geld aus der Tasche ziehen lassen. Für seine Betrügereien verurteilte das Amtsgericht Lindau den 29-Jährigen zu einem Jahr und zwei Monaten Haft.
Eine Bewährungsstrafe war für den Mann allerdings nicht mehr drin – da waren sich am Ende der Verhandlung Staatsanwaltschaft, Richter Harter und sogar Verteidiger Pokrop einig. „Weder die Androhung einer Haftstrafe, noch die Haftstrafe selbst scheint Sie abzuschrecken“, sagte Harter. Schließlich hatte der Angeklagte die vergangenen sieben Jahre großteils entweder vor Gericht, auf Bewährung oder im Gefängnis verbracht. Richter Harter hielt dem Angeklagten lediglich zugute, dass er zum einen gestanden hatte – und damit den betrogenen Frauen eine unangenehme Aussage erspart hatte – und zum anderen offensichtlich spielsüchtig war. Er habe das Geld der Frauen gebraucht, um seine Spielschulden zu begleichen, erklärte der 29-Jährige zu Beginn der Verhandlung.
Begonnen hatte alles im Juli 2015. Damals hatte der Angeklagte eine Frau in der Lindauer Fußgängerzone angesprochen und sie gebeten, ihm 2400 Euro zu leihen. Das Geld habe er angeblich gebraucht, um einer Haftstrafe zu entgehen. In Wirklichkeit gab er es aber für Sportwetten aus. Kurze Zeit später borgte sich der 29-Jährige bei derselben Frau erneut knapp 1000 Euro – die er ebenfalls direkt wieder verzockte.
Um seine Schulden zu begleichen, legte der Mann seinem Opfer daraufhin einen Darlehensvertrag über 6500 Euro vor. Angeblich, weil er aus Dankbarkeit mehr zurückzahlen wollte, als er bekommen hatte. Erst nachdem die gutgläubige Lindauerin den Vertrag unterschrieben hatte, merkte sie, dass dort nicht der Angeklagte, sondern sie selbst als Darlehensgeberin eingetragen war. Nur einen Tag später schloss der Angeklagte dann mit ihren Daten sowie den Daten einer weiteren Lindauerin zwei Handyverträge ab. Die beiden Mobiltelefone, die er zu den Verträgen bekam, behielt er für sich.
Kontakt über Partnerbörse Danach war erst einmal Schluss mit den Betrügereien. Allerdings nur deswegen, weil der Angeklagte wegen anderer Betrugsdelikte im Gefängnis saß. Schon kurze Zeit nach seiner Entlassung im April 2016 suchte er sich ein neues Opfer: wieder eine gutgläubige Frau. Die Weingartenerin lernte er bei einer Partnerschaftsbörse im Internet kennen, wo er sich als „Ricki“aus Lindenberg ausgab.
Betrug in fünf Fällen Als sich die beiden trafen, lieh sich der Angeklagte von seinem „Date“erst einmal 300 Euro. Später bat er sie dann um ihre Geldkarte inklusive Ausweis – angeblich, um ihr vom Wettbüro einen Gewinn auf ihr Konto einzahlen zu lassen. In Wirklichkeit hob er damit knapp tausend Euro von ihrem Konto ab. Richter Harter verurteilte den Angeklagten schließlich wegen Betrugs in fünf Fällen, davon einmal in Tateinheit mit Datenfälschung.
„Sie sind jetzt langsam in einem Alter, in dem es dramatisch wird. Man kann mit seinem Leben auch etwas anderes machen, als im Gefängnis zu sitzen“, mahnte der Richter den Angeklagten am Ende der Verhandlung – und nahm sich daraufhin auch die Opfer noch einmal zur Brust. „Ich kann nicht nachvollziehen, wie man darauf reinfällt“, sagte er. Gutgläubigkeit sei zwar eine schöne menschliche Eigenschaft, die Damen hätten aber definitiv zu viel davon gezeigt.