Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Nachbarn beschweren sich über Tierfreunde
Die Rede ist von „illegalem Betrieb eines Tierheims“– Verein hat Gebäude in Kressbronn gekauft
KRESSBRONN - Katzen, Meerschweinchen, Kaninchen, Igel oder Wildvögel – die Tierfreunde Bodenseekreis sind zur Stelle, wenn ein Tier in Not ist oder einen Unterschlupf braucht oder aufgepäppelt werden muss. Das Problem: Es gab in den vergangenen Monaten kein Gebäude, das allen zu betreuenden Tieren Platz bot – zuletzt hatten sich der Technische Ausschuss sowie der Gemeinderat in Kressbronn im vergangenen Jahr gegen ein geplantes Vorhaben in Gießen ausgesprochen. Doch Anwohner berichten nun, dass das Objekt im Kressbronner Weiler Gießen umgebaut und bereits samt zahlreichen Tieren bezogen worden ist – trotz Widerspruch.
„Bereits im Sommer sind hier die ersten Katzen eingezogen“, schildert Wilfried Hötzinger aus Gießen, direkter Anwohner der ehemaligen Hofstelle, die die Tierfreunde erworben haben. Seitdem beobachte er, wie immer mehr Tiere dort einquartiert würden, „als wäre nichts gewesen“, sagt er mit Blick auf die Entscheidungen in Technischem ANZEIGEN Ausschuss und Gemeinderat. „Es gibt einfach keine offizielle Genehmigung, dass an dieser Stelle ein Tierheim betrieben werden darf“, fasst er den für ihn wichtigsten Punkt zusammen.
Ratsbeschluss ignoriert Zwar hätten die Tierfreunde in den vergangenen Monaten über eine Unterschriftenliste für Zustimmung unter den 13 Anwohnern geworben, doch fast alle von ihnen wohnten in größerem Abstand zu der Anlage, als es Wilfried Hötzinger und Werner Heine tun. Vor allem „die massive Energie“, mit der die Mitglieder das Vorhaben trotz der negativen Beschlüsse vorantrieben, störe ihn – so liege beispielsweise schon das Material für die Außenanlagen bereit. „Wir akzeptieren diese Situation nicht. Das ist ein illegaler Betrieb eines Tierheims. Dabei muss man doch die demokratischen Entscheidungen aus dem Gemeinderat akzeptieren – auch wenn ich mich für einen guten Zweck einsetze“, sagt Hötzinger kopfschüttelnd.
Die Situation in Gießen ist nicht einfach: Zunächst lehnte im vergangenen Jahr der Technische Ausschuss die entsprechende Bauvoranfrage ab, schließlich verweigerte auch der Gemeinderat seine Zustimmung. Hintergrund ist, dass es sich bei dem Gelände um einen Außenbereich handelt, „weshalb für die baurechtliche Beurteilung Paragraf 35 des Baugesetzbuches maßgeblich ist“, wie Manfred Ammann, Leiter des Amtes für Gemeindeentwicklung und Bauwesen, seinerzeit erläuterte. Danach ist eine Bebauung – oder Umnutzung – nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen zugelassen. Privilegiert sind unter anderem landwirtschaftliche Nutzungen – oder aber auch Tierheime, wenn ein entsprechender Bedarf bestehe.
Geld fließt nach Friedrichshafen Der Bedarf in Kressbronn wird jedoch seit Jahren durch den Tierschutzverein beziehungsweise das Häfler Tierheim abgedeckt, hierher fließt auch die jährliche Fundtierpauschale von knapp 5400 Euro. Der Tenor des Gemeinderats im vergangenen Jahr: Die Zusammenarbeit mit dem Häfler Tierheim klappe seit langer Zeit problemlos, weshalb man diese Kooperation nicht kündigen wolle – denn sollte die Fundtierpauschale aus Kressbronn wegfallen, wäre das keine leichte Situation für den Tierschutzverein, wie Häfler Vertreter in der Sitzung schilderten.
Und was sagt die Kressbronner Gemeindeverwaltung zu der neuen Situation in Gießen? „Uns ist von „Seit 20 Jahren steht der Verein Tierfreunde-Bodenseekreis als gemeinnütziger und besonders förderungswürdiger Tierschutzverein im Dienst für notleidende Tiere aus der Region. Wir helfen im Rahmen unserer Möglichkeiten und nehmen öffentliche Aufgaben für den Bodenseekreis wahr. Darunter fallen beispielsweise Prävention an Schulen, Öffentlichkeitsarbeit bei Infoständen, Fundtieraufnahme aus Langenargen, Aufnahme von Abgabetieren, Betreuung hilfebedürftiger Igel, der Bauaufsichtsbehörde bislang nichts vorgelegt worden“, versichert Bürgermeister Daniel Enzensperger und verweist auf das zuständige Baurechtsamt in Langenargen-Oberdorf. Denn sollte die Gemeindeverwaltung einen Anhaltspunkt erhalten, dass „hier etwas Unrechtmäßiges“entstehe, würde die Bauaufsichtsbehörde eingeschaltet. zahlreiche gewünschte KatzenKastrationsaktionen, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Veterinäramt und dem Umweltschutzamt. Wir sind kein Freizeitverein. Es war zwingend, einen zentralen Platz zu finden. Mit dem Erwerb eines Gebäudes mit Freifläche in Gießen wurde der Notwendigkeit Rechnung getragen. Wegen Eigenbedarf wurden uns die vorherigen Räumlichkeiten gekündigt. Bitte haben Sie Verständnis, dass aufgrund laufender Verhandlungen keine Stellungnahme erfolgt.“(sz)