Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bündnis für bezahlbare Wohnungen
Haushaltsdebatte drehte sich aber zum Großteil um das Wohnraum-Bündnis
Oberbürgermeister aus Ravensburg und Weingarten holen Partner ins Boot.
RAVENSBURG - Eine Debatte ist eigentlich ein Streitgespräch, das der Vorbereitung einer Abstimmung dient. In Ravensburg bestehen die Haushaltsdebatten traditionell aus dem Ablesen oder im besten Fall freien Vortrag der Reden der Fraktionsvorsitzenden zur allgemeinen kommunalpolitischen Lage. Eine echte Diskussion kam auch am Montagabend bei der Beratung des Etats für das kommende Jahr nicht auf.
Obwohl es nicht direkt mit den städtischen Finanzen zu tun hat, nahm das „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“einen großen Raum bei fast allen Rednern ein. CDU und FDP bekräftigten noch einmal ihre Bedenken gegen die Regelung in ihrer jetzigen Form, wenngleich sie grundsätzlich für die Schaffung neuer Sozialwohnungen seien. „Wir meinen, die Stadt wird den Wohungsbau für die Unterbringung von Flüchtlingen und Menschen mit besonders niedrigem oder gar keinem Einkommen selbst in die Hand nehmen müssen“, sagte Oliver Schneider (FDP).
Maria Weithmann (Grüne) empfand die in den vergangenen Wochen geäußerte Kritik als undemokratisch. „Wer sich nun zum Sprachrohr von vermeintlichen Investoreninteressen macht, missachtet demokratische Entscheidungen und die wichtige Errungenschaft, dass der Gemeinderat die Hoheit im Bau- und Planungsrecht der Stadt innehat.“Frank Walser (SPD) kritisierte indirekt die Bauträger, die sich über die vermeintliche Rückwirkung der Regelung aufregen, die vorsieht, bei Bauvorhaben mit mindestens zehn Wohneinheiten 20 Prozent der Wohnfläche 15 Jahre lang 14 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete anzubieten: „Wenn jemand ein Gewerbegrundstück kauft in der Hoffnung, dass die Stadt es in ein Wohngebiet verwandelt, dann hat er zunächst mal spekuliert.“Wilfried Krauss (Freie Wähler) ging sogar noch deutlich weiter: „Wir haben eine bis in das Feld der Politik stark verankerte Bau- und Immobilienlobby, die jede Gestaltung in Richtung soziale Wohnungsversorgung torpediert.“
Einverstanden waren die meisten Redner mit der Direktive, im kommenden Jahr keine weiteren Großprojekte zu starten. Für die CDUFraktion hat laut August Schuler die Sanierung der Marienplatzgarage absolute Priorität, weil die Erreichbarkeit für eine Handelsstadt wie Ravensburg enorm wichtig sei. „Es können nicht alle Planungen und Vorhaben gleichzeitig umgesetzt werden“, sagte Schuler. Er begrüßte ausdrücklich die von der Verwaltung in Aussicht gestellte Prioritätenliste, die im ersten Quartal nächsten Jahres verabschiedet werden soll.
Einige Redner beklagten, dass die Stadt trotz guter Konjunktur bis 2020 mit 21 Millionen Euro neuen Schulden plane. Teile der Freien Wähler lehnten die Finanzplanung deshalb ab. Deren Fraktionsvorsitzende Margot Arnegger beklagte, dass der Etatentwurf nur mit Ach und Krach vom Regierungspräsidium Tübingen genehmigt worden sei.
Michael Lopez-Diaz (Unabhängige Liste) hielt es für gefährlich, in der jetzigen Lage neue Schulden aufzunehmen und zudem auf eine höhere Gewerbesteuer und steigende Einnahmen aus Grundstücksverkäufen zu hoffen. „Was machen wir, wenn diese erhoffte Einkommenssteigerung gar nicht oder nicht in dieser Menge eintreffen sollte?“